Rz. 352

Da die Steuerbefreiungen des § 5 Abs. 1 KStG ihren Grund darin haben, dass die begünstigten Tätigkeiten auch im öffentlichen Interesse liegen, gelten sie nicht für beschränkt Stpfl. im Inland. Es besteht kein Interesse, ausl. Körperschaften, die im Inland weder Sitz noch Geschäftsleitung haben, zu fördern, auch wenn sie eine begünstigte Tätigkeit ausüben. Dieser Ausschluss von beschränkt Stpfl. verstößt nicht gegen das in den DBA enthaltene Diskriminierungsverbot.[1] Eine Steuerbefreiung aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen ist aber möglich. So enthalten einige DBA die Bestimmung, dass Steuerbefreiungen, z. B. für gemeinnützige Körperschaften, auch auf beschränkt Stpfl. des anderen Staats anzuwenden sind (Rz. 303). So sind nach Art. 27 Abs. 2 DBA-USA in den USA ansässige Körperschaften in der Bundesrepublik von der KSt befreit, wenn sie ausschließlich religiöse, mildtätige, wissenschaftliche, erzieherische oder öffentliche Zwecke verfolgen, wenn und soweit sie in den USA steuerbefreit sind und hinsichtlich der genannten Einkünfte in der Bundesrepublik steuerbefreit wären, wenn sie ausschließlich in der Bundesrepublik tätig wären. Die Steuerbefreiung entspricht damit weitgehend der des Abs. 1 Nr. 9, ist aber in zweifacher Hinsicht enger. So werden nicht alle Zwecke des § 52 Abs. 2 AO gefördert, z. B. nicht die Zwecke des § 52 Abs. 2 Nrn. 2123 AO. Außerdem muss die Körperschaft nicht nur die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i. V. m. den §§ 52ff. AO erfüllen, sondern auch die Voraussetzungen der entsprechenden US-amerikanischen Normen. Ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb schadet dagegen nicht, wenn nur die Steuerbefreiung hinsichtlich der religiösen, mildtätigen, wissenschaftlichen, erzieherischen oder öffentlichen Zwecke besteht. Ein in der Bundesrepublik unterhaltener wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist aber steuerpflichtig.

 

Rz. 353

Diese Regelungen gehen § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG vor, obwohl der Einleitungssatz des Abs. 2 ausdrücklich bestimmt, dass die Einschränkung der Steuerbefreiung auch gilt, wenn die Steuerbefreiung in einem anderen Gesetz als dem KStG enthalten ist (Rz. 330). An sich würde damit der Ausschluss der Steuerbefreiung auch gelten, wenn die Steuerbefreiung in einem DBA enthalten ist, das innerstaatlich als einfaches Gesetz gilt. Die entsprechende Regelung des DBA ist aber lex specialis zu § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG, sodass der Ausschluss der Steuerbefreiung in diesen Fällen verdrängt wird.

 

Rz. 354

Die Steuerbefreiung ist nach Abs. 2 Nr. 2 nur für die in § 2 Nr. 1 KStG genannten Stpfl. ausgeschlossen, also diejenigen, die weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland haben. Für die "sonstigen" Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i. S. d. § 2 Nr. 2 KStG (d. h. die inl. juristischen Personen des öffentlichen Rechts) bleiben die Steuerbefreiungen bestehen. Die Rechtslage nach Abs. 2 Nr. 2 unterscheidet sich insoweit von der nach Abs. 2 Nr. 1; der Ausschluss der Steuerbefreiung nach Abs. 2 Nr. 1 bei Steuerabzug gilt für alle KSt-Subjekte.[2]

 

Rz. 355

Die Vorschrift kollidierte insoweit mit den Grundfreiheiten des EU-Vertrags, als die Steuerbefreiung an die Ansässigkeit im Inland anknüpfte, und damit Körperschaften im EU- und EWR-Ausland von der Steuerbefreiung ausschloss. Hierin lag ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV, die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV und die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV. Steuerbefreite Körperschaften verfolgen zumindest insoweit einen Erwerbszweck, als sie ihr Vermögen verwalten und daraus steuerpflichtige Einkünfte beziehen; Ähnliches gilt für das Unterhalten eines Zweckbetriebs. Sie können sich daher auf die (wirtschaftlichen) Grundfreiheiten berufen. Soweit die Körperschaft Vermögen verwaltet, verstieß die Versagung der Steuerbefreiung auch gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV. Der EuGH[3] hat demgemäß den Ausschluss einer italienischen gemeinnützigen Stiftung von der Steuerbefreiung der Einkünfte aus Vermögensverwaltung (im Streitfall: Vermietung und Verpachtung) als Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit eingeordnet.[4]

 

Rz. 356

Mit Gesetz v. 19.12.2008[5] ist dieser Rspr. durch Neufassung der Nr. 2 Rechnung getragen worden. Dabei ist der Grundsatz aufrechterhalten worden, dass beschränkt Stpfl. sich nicht auf die Steuerbefreiungen berufen können. Eine Ausnahme besteht nur für die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, und zwar nur für Körperschaften, die nach den Rechtsvorschriften eines EU- oder EWR-Staats (Island, Norwegen, Liechtenstein) gegründet worden sind, und deren Sitz und Geschäftsleitung sich in einem EU- oder EWR-Staat befinden. Sitz und Geschäftsleitung brauchen jedoch nicht in dem gleichen Staat belegen zu sein. Weitere Voraussetzung ist, dass mit dem Staat oder den Staaten, in denen sich Sitz und Geschäftsleitung befinden, ein Amtshilfeabkommen besteht. Für andere Steuerbefreiungsvorschriften als die des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG gilt di...

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