Rz. 176

Rechtsfähige Berufsverbände bleiben mit ihren aus der Vermögensverwaltung resultierenden Einnahmen steuerfrei. § 5 Abs. 1 Nr. 6 KStG bezweckt nun, nichtrechtsfähigen Berufsverbänden (z. B. Gewerkschaften) die gleiche Vergünstigung zu gewähren. Wegen der Probleme bei der Vermögensverwaltung durch einen nicht rechtsfähigen Verband wird das Vermögen in diesen Fällen in aller Regel auf eine rechtsfähige Körperschaft übertragen, die es für den Verband verwaltet. Diese Körperschaft bleibt steuerfrei, wenn sie eine Körperschaft oder Personenvereinigung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1–4 KStG, nicht aber eine Vermögensmasse nach Nr. 5 ist. Die Erträge dieser Körperschaft müssen im Wesentlichen aus der Vermögensverwaltung herrühren, wobei geringfügige andere Einnahmen nicht schaden.[1] Die Vorschrift enthält keine Regelung, dass ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb steuerpflichtig ist. Daraus ist m. E. zu folgern, dass Einkünfte aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nur dann nicht steuerschädlich sind, wenn sie so geringfügig sind, dass auf ihre Besteuerung verzichtet werden kann. Die wesentlichen Einkünfte müssen aus der Vermögensverwaltung stammen. Eine Steuerfreistellung in weiterem Umfang würde dem Gleichheitsgebot des Art. 3 GG widersprechen. Für die Frage, ob Geringfügigkeit vorliegt, ist auf eine relative und eine absolute Grenze abzustellen. Als relative Grenze wird in der Literatur[2] ein Anteil von 25 % an den Einnahmen vertreten. Diese Grenze ist m. E. viel zu hoch. 25 % der Einnahmen sind nicht "geringfügig" und dürfen nicht steuerfrei gelassen werden. Eine Geringfügigkeitsgrenze müsste um 5 % liegen.[3] Hinzukommen muss aber auch eine absolute Grenze[4], weil bei großen Vermögensverwaltungsgesellschaften auch 5 % der Einnahmen erhebliche Beträge ausmachen können. § 24 KStG kann entnommen werden, dass der Gesetzgeber einen Einkommensbetrag bis zu 5.000 EUR pro Jahr als so geringfügig ansieht, dass aus Vereinfachungsgründen auf seine steuerliche Erfassung verzichtet werden kann. Dieser Betrag ist daher (als Einkommen) auch als absolute Grenze heranzuziehen. Ein i. d. S. geringfügiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nimmt daher an der Steuerbefreiung teil, ein danach nicht mehr geringfügiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb schließt die Steuerbefreiung vollständig aus. Sinnvoller wäre es jedoch, durch eine Gesetzesänderung eine Steuerpflicht nur für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe einzuführen.

 

Rz. 177

Für die Steuerbefreiung der Vermögensverwaltungsgesellschaft müssen die Erträge ausschließlich dem nicht rechtsfähigen Berufsverband zufließen. Fließen sie einem anderen Begünstigten zu (z. B. politischen Parteien) oder ist der Berufsverband rechtsfähig, ist die Steuerbefreiung ausgeschlossen. Der Zufluss bei einem nichtrechtsfähigen Berufsverband braucht aber nicht sofort zu erfolgen. Es genügt, wenn es Zweck der Vermögensverwaltungsgesellschaft ist, ihre Erträge ausschließlich dem nichtrechtsfähigen Berufsverband zur Verfügung zu stellen. Die Thesaurierung bei der Vermögensverwaltungsgesellschaft ist daher nicht schädlich.[5]

 

Rz. 178

Bezieht die steuerbefreite Vermögensverwaltungsgesellschaft Gewinnausschüttungen von Kapitalgesellschaften, ist sie nach § 44a Abs. 4 S. 1 EStG von der KapESt befreit.

 

Rz. 179

Eine entsprechende Steuerbefreiung enthält § 3 Nr. 10 GewStG.

[1] Zur Abgrenzung der Vermögensverwaltung von einem schädlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb Rz. 149.
[2] Bott. in Bott/Walter, KStG, § 5 KStG Rz. 334; Alber, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 5 Abs. 1 Nr. 6 KStG Rz. 1; Alvermann, in Streck, KStG, 10. Aufl. 2022, § 5 KStG Rz. 90.
[3] Für 10 % Märtens, in Gosch, KStG, 4. Aufl. 2020, § 5 KStG Rz. 166; wohl auch Oellerich, in Mössner/Oellerich/Valta, KStG, 5. Aufl. 2021, § 5 KStG Rz. 216.
[4] A. A. aber Oellerich, in Mössner/Oellerich/Valta, KStG, 5. Aufl. 2021, § 5 KStG Rz. 216.

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