Rz. 72

Als Rechtsfolge bei Vorliegen des Tatbestands des § 32 Abs. 5 KStG ist dem Anteilseigner auf (formlosen) Antrag die einbehaltene und abgeführte KapESt zu erstatten. Zu den Voraussetzungen der Erstattung wird weiter auf § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG[1] verwiesen. Grundlage der Erstattung ist daher die Vorlage der in § 45a Abs. 2, 3 EStG geregelten Steuerbescheinigung. Erstattet wird nur die KapESt, die tatsächlich einbehalten und an die Finanzbehörde abgeführt wurde. Das hat Bedeutung für die Erstattung der KapESt auf eine verdeckte Gewinnausschüttung. Die Erstattung kann dann erst erfolgen, wenn die Finanzbehörde die verdeckte Gewinnausschüttung festgestellt und die KapESt erhoben hat. Wird die KapESt in diesen Fällen durch Haftungsbescheid gegenüber der ausschüttenden Gesellschaft geltend gemacht, ist sie "einbehalten und abgeführt" worden, wenn die Haftungssumme tatsächlich gezahlt worden ist. Hat die ausschüttende Körperschaft die KapESt zwar einbehalten, aber nicht abgeführt, ist eine Erstattung nicht möglich.

 

Rz. 73

Das Gesetz sieht nur das Erstattungsverfahren vor, nicht aber eine Freistellung vor der Ausschüttung, die es ermöglichen würde, vom Einbehalt der KapESt abzusehen. Das Freistellungsverfahren ist auch angesichts der Vielzahl der Voraussetzungen, die für eine Erstattung erfüllt sein müssen, kaum geeignet.

 

Rz. 74

Nach § 32b Abs. 5 S. 3 KStG muss der Gläubiger, der die Erstattung beantragt, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erstattung nachweisen. Das betrifft alle Tatbestandsvoraussetzungen des Abs. 5 S. 1, 2. Dieser Nachweis erfolgt insbesondere durch eine Bescheinigung der Steuerbehörde des Ansässigkeitsstaats. Diese Behörde muss bescheinigen, dass der Gläubiger in diesem Staat steuerlich ansässig ist. Daraus ergibt sich, dass er in der Bundesrepublik beschränkt steuerpflichtig ist. Aus der Bescheinigung muss sich weiter ergeben, dass der Gläubiger im Ansässigkeitsstaat der (dort geltenden) KSt unterliegt und nicht von der KSt befreit ist. Die Bescheinigung muss auch bestätigen, dass er der tatsächliche Empfänger der Ausschüttung ist, also dass die Ausschüttung nicht anderen Personen steuerlich zugerechnet wird, sowie dass die KapESt nicht angerechnet, nicht abgezogen und nicht vorgetragen werden kann und dass dies auch tatsächlich nicht erfolgt. Nicht bescheinigt werden muss dagegen, dass es sich bei dem Gesellschafter um eine Gesellschaft i. S. d. Art. 54 AEUV bzw. Art. 34 EWR-Vertrag handelt, dass die Mindestbeteiligungshöhe des § 43 Abs. 2 EStG nicht überschritten ist und dass keine Wahlmöglichkeit hinsichtlich der KSt besteht. Dies kann die erstattende Finanzbehörde selbst prüfen.

 

Rz. 75

Die Erstattung erfolgt auf der Grundlage eines Freistellungsbescheids nach § 155 Abs. 1 S. 3 AO.[2] Der Regelungsbereich des Freistellungsbescheids bezieht sich nur darauf, dass die Kapitalerträge in der Bundesrepublik nicht steuerpflichtig sind und die KapESt daher zu erstatten ist. Auf andere Einkünfte, die der Gesellschafter aus der Bundesrepublik erhalten hat, bezieht sich die Freistellung nicht. Im Freistellungsbescheid muss daher genau angegeben werden, welche Einkünfte, d. h. Ausschüttungen, in die Freistellung einbezogen werden; andernfalls ist der Freistellungsbescheid inhaltlich unbestimmt und nichtig. Wird die Erstattung abgelehnt, erfolgt dies durch Ablehnung des Erlasses des Freistellungsbescheids. Dieser Verwaltungsakt hat die Wirkung eines Steuerbescheids und ist mit dem Einspruch anfechtbar. Auf den Freistellungsbescheid bzw. die Ablehnung der Erteilung eines Freistellungsbescheids sind die Vorschriften über die Steuerfestsetzung nach den §§ 155ff. AO anwendbar. Der Freistellungsbescheid muss daher innerhalb der Festsetzungsfrist von 4 Jahren nach § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO ergehen. Die Festsetzungsfrist beginnt mit dem Ablauf desjenigen Jahrs, in dem die Gewinnausschüttung vorgenommen wird, d. h. bei der ausschüttenden Körperschaft abfließt.[3] Wird der Erstattungsantrag innerhalb dieser Festsetzungsfrist gestellt, tritt eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO ein.

 

Rz. 76

Nach § 32 Abs. 5 S. 5 KStG hat die Erstattung für alle in Betracht kommenden Gewinnausschüttungen, die der Gesellschafter im Kj. erhalten hat, gemeinsam zu erfolgen. Die Erteilung mehrerer Freistellungsbescheide für dasselbe Kj. und denselben Gläubiger ist daher ausgeschlossen. Dennoch dürfte nicht ausgeschlossen sein, ein späteres Erstattungsverfahren für einzelne Gewinnausschüttungen durchzuführen, wenn die KapESt für diese Gewinnausschüttungen zum Zeitpunkt der Stellung des Erstattungsantrags noch nicht abgeführt worden war. Das betrifft insbesondere die KapESt auf verdeckte Gewinnausschüttungen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgedeckt worden sind. In diesem Fall ist ein bereits ergangener Freistellungsbescheid zu ändern, etwa nach § 173 AO und die verdeckte Gewinnausschüttung einzubeziehen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Festsetzungsfrist für den Freistellungsbescheid noch nicht abgelaufen ist.

 

Rz. 77

B...

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