2.1 Vorbemerkung

 

Rz. 19

In § 29 Abs. 1 KStG wird die fiktive Kapitalherabsetzung der übertragenden Kapitalgesellschaft und in den Fällen einer Abwärtsverschmelzung (Downstream-Merger) sowie bei der Auf- oder Abspaltung auch der übernehmenden Kapitalgesellschaft normiert. Damit gilt die Regelung sowohl für den Fall einer Verschmelzung als auch für den Fall einer Abspaltung oder einer Aufspaltung. Die fiktive Kapitalherabsetzung ist nur für Zwecke des Steuerrechts durchzuführen, handelsrechtlich besteht keine Pflicht zur Vornahme einer Kapitalherabsetzung. Würde für Zwecke des Handelsrechts eine Kapitalherabsetzung durchgeführt, wäre insoweit § 28 KStG und nicht § 29 KStG anzuwenden. Dies würde auch dann gelten, wenn Kapitalherabsetzung und Umwandlungsmaßnahme zusammenfallen. Die Kapitalherabsetzung ist der erste Schritt für Zwecke der Systematik der Fortentwicklung des steuerlichen Einlagekontos in Umwandlungsfällen.

 

Rz. 19a

Personengesellschaften, welche gem. § 1a KStG zur Besteuerung mit Körperschaftsteuer optiert haben, verfügen über kein Nennkapital. Vielmehr sind die Einlagen der Gesellschafter in voller Höhe als solche außerhalb des Nennkapitals gem. § 27 KStG festzustellen. Die Regelung der fiktiven Kapitalherabsetzung gem. § 29 Abs. 1 KStG ist entsprechend nicht anzuwenden bzw. läuft ins Leere.[1]

Wenn eine solche Personengesellschaft allerdings als Überträgerin fungiert, sind bereits sämtliche Einlagen im steuerlichen Einlagekonto des § 27 KStG erfasst und werden – sofern keine Kürzung gem. § 29 Abs. 2 S. 2 bzw. Abs. 3 S. 3 KStG erfolgt – der Übernehmerin zugerechnet.

[1] Link, GmbHR 2023, 1177, 1185.

2.2 Voraussetzungen

2.2.1 Sitz im Inland

 

Rz. 20

Voraussetzung der Anwendung der Regelung ist zunächst, dass eine Umwandlung i. S. d. § 1 UmwG vorliegt. Das setzt voraus, dass sich der Sitz des umzuwandelnden Rechtsträgers im Inland befindet. Wie bereits dargelegt,[1] ist die Regelung m. E. aber analog auf Fälle anzuwenden, in denen zwar nicht der Sitz, wohl aber der Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist und daher eine unbeschränkte Stpfl. in Deutschland besteht.

Zunächst bleibt festzuhalten, dass sich die Voraussetzung des Sitzes im Inland gem. § 1 UmwG nach der h. M. allein auf den statutorischen Sitz (d. h. satzungsmäßigen Sitz) und nicht den Verwaltungssitz (Ort der Geschäftsleitung) bezieht.[2]

Als der Gesetzgeber § 1 UmwG normiert hat, war aufgrund der umfassenden Anwendung der Sitztheorie allein auf den statutarischen Sitz abzustellen. Mit Einführung der Fusionsrichtlinie[3] in der Europäischen Union sowie der EuGH-Rechtsprechung zur Geltung der Grundfreiheiten in grenzüberschreitenden Umwandlungsfällen,[4] entstand die Notwendigkeit der "Internationalisierung" des UmwG. Die Fusionsrichtlinie wurde in §§ 122a ff. UmwG umgesetzt. Demnach gelten die Vorschriften des UmwG entsprechend für grenzüberschreitende Verschmelzungen i. S. d. § 122a UmwG, an der Gesellschaften beteiligt sind, die dem Recht eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes unterliegen. Eine solche Regelungserweiterung wäre aber nicht notwendig, wenn § 1 UmwG auf den Verwaltungssitz abstellen würde. Würde die Regelung des § 1 UmwG auf den Verwaltungssitz (oder neben dem statutarischen auch auf den Verwaltungssitz) abstellen, hätte die Regelung lauten müssen, dass eine grenzüberschreitende Umwandlung vorliegt, an der Rechtsträger beteiligt sind, die ihren Verwaltungssitz (und ggf. statutarischen Sitz) außerhalb der Rechtsordnung des UmwG haben. Unter systematischen Aspekten ist mithin eindeutig geregelt, dass sich die Regelung des § 1 UmwG allein auf den statutarischen Sitz bezieht.

 

Rz. 21

Steuerrechtlich erfolgt indessen eine eigene Begriffsbildung. § 29 Abs. 1 KStG stellt demnach auf Umwandlungen "i. S. d. § 1 UmwG" und nicht auf Umwandlungen "gem. § 1 UmwG" ab. Insoweit lässt die Regelung eine Erweiterung des Anwendungsbereichs bewusst zu. Hierfür spricht auch die Regelungserweiterung des § 29 Abs. 6 UmwStG. Insgesamt sprechen m. E. systematische Gründe dafür, dass die Regelung des § 29 KStG auf Umwandlungen anzuwenden ist, die unter § 1 UmwG oder vergleichbare Regelungen fallen. Dies bedeutet, dass auch Gesellschaften, die nach dem Gesellschaftsrecht eines ausländischen Staates gegründet worden sind, im Inland jedoch der unbeschränkten Stpfl. unterliegen und für die folglich ein Einlagekonto festzustellen ist, dem Anwendungsbereich des § 29 KStG unterfallen.[5]

[1] Rz. 10.
[2] Heckschen, in Widmann/Mayr, UmwG/UmwStG, § 1 UmwG Rz. 103ff.
[3] ABl. EG v. 20.8.1990, Nr. L 225, 1 und ABl. EU v. 17.2.2005, Nr. L 58, 19, nunmehr RL 2009/133/EG, ABl. EU v. 25.11.2009, Nr. L 310, 34.
[4] Z. B. EuGH v. 27.9.1988, Rs. 81/87, Daily Mail, Slg. 1988, 5483; EuGH v. 9.3.1999, C-212/97, Centros, Haufe-Index 92310; EuGH v. 5.11.2002, C-209/00, Überseering, Slg. 2002, I-9919; EuGH v. 30.9.2003, C-167/01, Inspire Art, Slg. 2003, I-10155.
[5] Gl. A. Bauschatz, in Gosch, KStG, 3. Aufl. 2015, § 29 Rz. 24; a. A. Dötsch, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § ...

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