2.1 Umwandlung von Rücklagen in Nennkapital

 

Rz. 9

§ 28 Abs. 1 S. 1 KStG findet Anwendung, sofern das Nennkapital durch Umwandlung von Rücklagen erhöht wird. Die Vorschrift regelt damit die steuerlichen Folgen der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, bei der es nicht zu einer Zuführung von Eigenmitteln durch die Gesellschafter kommt. Vielmehr werden bislang als Gewinn- oder Kapitalrücklage ausgewiesene Beträge in Nennkapital umgewandelt.[1] Handelsrechtlich kann bei Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung in gewissem Rahmen frei bestimmt werden, ob Kapital- oder Gewinnrücklagen für die Kapitalerhöhung verwendet werden sollen. Gem. § 208 Abs. 1 und 2 AktG gilt dies für die Kapitalrücklage und die gesetzliche Rücklage bei Aktiengesellschaften nur, sofern diese zusammen den zehnten oder einen in der Satzung bestimmten höheren Teil des Grundkapitals übersteigen. Ebenso können zweckgebundene Gewinnrücklagen von Aktiengesellschaften und gem. § 57d Abs. 3 GmbHG auch von Gesellschaften mit beschränkter Haftung nicht für eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet werden. Schließlich können für eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nur tatsächlich vorhandene Gewinnrücklagen verwendet werden. Dadurch können, sofern ein Ausschüttungsbeschluss besteht oder sofern in der Bilanz ein Bilanzverlust oder ein Verlustvortrag besteht, die hiervon betroffenen Gewinnrücklagen ebenfalls nicht für Zwecke einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet werden.

 

Rz. 9a

Für Zwecke des Steuerrechts ergeben sich unterschiedliche Rechtsfolgen, je nachdem, ob die Rücklagen aus Einlagen der Gesellschafter oder aus versteuerten Gewinnen gebildet worden sind. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und der Verfahrensökonomik hat der Gesetzgeber für das steuerliche Einlagekonto gem. § 27 KStG eine Verwendungsreihenfolge festgelegt, welche die steuerlichen Rechtsfolgen unabhängig von der handelsrechtlichen Regelung regelt. Ebenso bestimmt auch § 28 KStG eine von der handelsrechtlichen Regelung unabhängige obligatorische Verwendungsreihenfolge bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Das steuerrechtliche System zur Erfassung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen ist mithin unabhängig von der handelsrechtlichen Einteilung der Eigenkapitalbestandteile. Es besteht insoweit keine Kongruenz. Für Zwecke des Steuerrechts muss daher entschieden, festgehalten und fortgeschrieben werden, ob und in welchem Umfang das aus einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln entstandene Nennkapital aus Einlagen (steuerliches Einlagekonto) oder aus Gewinnrücklagen stammt. Handelsrechtlich ist eine solche Dokumentation nicht erforderlich.

 

Rz. 10

Dieses Verfahren passt zudem von der vom Gesetzgeber gewählten vereinfachenden Betrachtungsweise. Demnach wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass das Nennkapital einer Körperschaft aus Einlagen der Gesellschafter gespeist ist. Bestehen weitere Einlagen der Gesellschafter, die nicht im Nennkapital erfasst sind, ist auf dem steuerlichen Einlagekonto ein positiver Bestand auszuweisen. Wurden hingegen weniger Einlagen geleistet, als der Betrag des Nennkapitals vermuten lassen würde, ist die Differenz als Sonderausweis festzustellen.

[1] Singhoff, in Schulze-Osterloh/Hennrichs/Wüstemann, Handbuch des Jahresabschlusses, 2015, Abt. III/2, Rz. 84.

2.2 Verwendung des steuerlichen Einlagekontos

 

Rz. 11

§ 28 Abs. 1 S. 1 KStG bestimmt, dass für eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (Umwandlung von Rücklagen in Nennkapital) zunächst der auf dem steuerlichen Einlagekonto nach § 27 KStG ausgewiesene Betrag als verwendet gilt (Verwendungsreihenfolge). Handelsrechtlich kann es sich hierbei um Beträge handeln, die in die Kapitalrücklagen eingestellt worden sind; bei verdeckten Einlagen oder Ertragszuschüssen kann es sich aber auch um Beträge aus Gewinnrücklagen handeln.[1] Maßgebend ist daher nicht der Bestand der handelsrechtlichen Kapitalrücklagen, sondern der des steuerlichen Einlagekontos.

Gem. § 28 Abs. 1 S. 1 KStG ist der positive Bestand des steuerlichen Einlagekontos (also die Einlagen der Anteilseigner) vor allen anderen Rücklagen für eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln zu verwenden.[2] Erst nach vollständiger Verwendung der Beträge des steuerlichen Einlagekontos können andere Rücklagen, d. h. also Gewinnrücklagen, verwendet werden. Dabei wird der ausschüttbare Gewinn entsprechend gekürzt und als Sonderausweis gesondert festgestellt. Es ergibt sich mithin eine zwingende Verwendungsreihenfolge, bei der erst die aus Einlagen, dann die aus Gewinnen stammenden Rücklagen in Nennkapital umgewandelt werden. Sinn dieser Regelung ist es, einen steuerlichen Sonderausweis,[3] in dem die aus Gewinnen stammenden Teile des Nennkapitals zu erfassen sind, möglichst gering zu halten und die grundlegende Systematik der Erfassung von Einlagen der Gesellschafter[4] nicht zu durchbrechen.

Die Beträge, die auf dem steuerlichen Einlagekonto erfasst werden, sind grds. aus Einlagen der Anteilseigner entstanden.[5] In erster Linie sind also für die Kapitalerhöhung aus Gesell...

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