Rz. 258

Eine wichtige klarstellende Erweiterung enthält Abs. 7 für Betriebe gewerblicher Art gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG. Betriebe gewerblicher Art sind wirtschaftliche Geschäftsbetriebe juristischer Personen des öffentlichen Rechts, die insbes. im Bereich der Versorgung (Bereitstellung von Energie, Gas, Wasser etc.) sowie in Form von Betrieben von Hafenanlagen anzutreffen sind. Betriebe gewerblicher Art werden von den Trägern typischerweise mit (Dotations-)Kapital ausgestattet, für das ein entsprechendes Einlagekonto zu führen ist.[1]

 

Rz. 259

§ 20 Abs. 1 Nr. 10 KStG unterscheidet zwischen Betrieben gewerblicher Art mit und ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Bei Betrieben gewerblicher Art mit eigener Rechtspersönlichkeit besteht grundsätzlich Steuerpflicht der Anteilseigner für bezogene Leistungen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a) EStG. Bei Betrieben gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit besteht Steuerpflicht der Trägerkörperschaft für bezogene Leistungen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b) EStG hingegen nur dann, wenn der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt wird oder der Umsatz einschließlich steuerfreien Umsätze, ausgenommen Umsätze nach § 4 Nrn. 8 – 10 UStG, von mehr als 350.000 EUR im Kj. oder ein Gewinn von mehr als 30.000 EUR im Wirtschaftsjahr erzielt wird. Die Steuerpflicht der Bezüge ist indessen nicht für § 27 KStG maßgeblich: Eine Verpflichtung zur Führung eines steuerlichen Einlagekontos besteht unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b) EStG erfüllt sind.[2]

 

Rz. 259a

Bevor durch den BFH festgelegt wurde, dass die Verpflichtung zur Führung eines steuerlichen Einlagekontos für Betriebe gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit generell besteht, herrschte die sog. konkrete Betrachtungsweise vor, bei der davon ausgegangen wurde, das steuerliche Einlagekonto sei nur dann zu führen, sofern § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b) EStG auch die Anwendung des Betriebsvermögensvergleichs vorschrieb.[3]

Nach Ergehen des BFH-Urteils hierzu und der Klarstellung zur generellen Führung des steuerlichen Einlagekontos[4] hat die Finanzverwaltung diese Anwendung übernommen, sodass ggf. eine Neufeststellung von Einlagekonten in den Fällen zu erfolgen hat, in denen bisher unter Berufung auf die konkrete Betrachtungsweise keine Feststellungsbescheide für die Betriebe gewerblicher Art ergangen sind.[5]

Wurde bereits bisher eine durchgängige Festschreibung des steuerlichen Einlagekontos vorgenommen, ergibt sich die Fortschreibung gem. § 27 Abs. 1 und 7 KStG. Ist eine solche Festschreibung hingegen unterblieben, ist in dem letzten vor oder am 31.12.2022 endenden Wirtschaftsjahr eine Feststellungserklärung abzugeben, in der die entsprechenden Einlagen einzutragen sind (sog. Erstjahr).

 

Rz. 260

Erfolgte bisher keine Feststellung des steuerlichen Einlagekontos gewährt die Finanzverwaltung eine Vereinfachungsregelung. Der Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos kann sich in diesen Fällen einerseits aus der Höhe des vorhandenen Eigenkapitals des Betriebs gewerblicher Art im Erstjahr (2022), welches das Nennkapital oder eine vergleichbare Größe übersteigt, ergeben. Andererseits sind dem steuerlichen Einlagekonto aber auch die seit Einführung des Halbeinkünfteverfahrens (d. h. ab dem 1.1.2001) geleisteten Verlustausgleichseinlagen hinzuzurechnen.[6]

Die Vereinfachungsregelung soll überdies auch für Betriebe gewerblicher Art gelten, bei denen nicht durchgängig eine Feststellungserklärung des steuerlichen Einlagekontos erfolgte und keine Feststellung in dem Vorjahr des letzten Wirtschaftsjahres, welches in 2022 endet, vorgenommen wurde. In diesem Fall steht es den Betrieben gewerblicher Art frei, eine (zusammenfassende) Erklärung für das in 2022 endende Wirtschaftsjahr oder für sämtliche vorangegangene Jahre, in denen bisher keine Feststellung erfolgt ist, einzureichen. Dabei wird an den letzten Feststellungsbescheid anzuknüpfen sein, der erlassen wurde. Sollte dieser fehlerhaft sein, könnte die Ermittlung mittels der vereinfachten Methode durch Einreichung einer einzigen Feststellungserklärung im Erstjahr sinnvoll sein.[7]

 

Rz. 261

Zugänge zum steuerlichen Einlagekonto ergeben sich mithin aus Verlustausgleichseinlagen. Sofern verdeckte Gewinnausschüttungen festzustellen waren, haben diese die zu leistenden Verlustausgleichseinlagen gemindert, sodass entsprechende Beträge nicht als Zugang auf dem steuerlichen Einlagekonto erfasst werden können. Bei Vorliegen derartiger Sachverhalte empfiehlt sich mithin eine Abgabe von Erklärungen zur Feststellung des steuerlichen Einlagekontos für jedes Jahr einzeln.[8] Ebenfalls zu Zugängen führen Gewinne, die in Jahren erzielt werden, in denen keine Pflicht zur Führung eines Betriebsvermögensvergleichs gem. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b) EStG besteht und die stehen gelassen werden.[9] Das "stehen lassen" ist entsprechend zu dokumentieren. Nicht zu Zugängen auf dem steuerlichen Einlagekonto, sondern zur Erhöhung eines ausschüttbaren Gewinns f...

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