1 Allgemeines

1.1 Systematische Stellung und Inhalt der Vorschrift

 

Rz. 1

Die Steueranrechnung gem. § 26 KStG stellt die zentrale Vorschrift zur Verhinderung von rechtlichen Doppelbesteuerungen im unilateralen (und ggf. auch bilateralen Fall) dar.[1] Aufgrund des Welteinkommensprinzips[2] gem. § 1 Abs. 2 KStG[3], nach dem sämtliche Einkünfte einer in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft der Besteuerung mit KSt unterliegen, ist eine Regelung notwendig, welche die zwei- oder mehrfache Besteuerung ein und desselben Steuergegenstands bei ein und demselben Stpfl. mildert oder unterbindet. Eine solche Doppel- oder auch Mehrfachbesteuerung kann sich ergeben, wenn Einkünfte der Körperschaft, die ausl. Staaten entstammen, sowohl im Quellenstaat als auch in Deutschland einer Besteuerung unterliegen (sog. Kollision von Besteuerungsrechten). Im Quellenstaat wird die Körperschaft typischerweise der beschränkten Steuerpflicht unterfallen, ggf. selbst dann, wenn es sich um ein Direktgeschäft handelt.[4] Im Inland unterliegen im Ausland besteuerte Einkünfte grundsätzlich ebenfalls der Steuerpflicht, sofern nicht ein DBA besteht, welches die Freistellungsmethode vorsieht. Aufgrund zahlreicher Vorbehalte zur Anwendung der Freistellungsmethode (z. B. Aktivitätsklauseln, Korrespondenzprinzip), verliert die Anwendung der Freistellungsmethode in der Praxis zunehmend an Relevanz.[5]

 

Rz. 2

Zur Vermeidung dieser potenziellen Doppelbesteuerung haben sich international die Anrechnungs- und die Freistellungsmethode durchgesetzt. Die Anrechnungsmethode dient im Wesentlichen der Umsetzung der sog. Kapitalexportneutralität,[6] d. h., die Rendite auf das eingesetzte Kapital der Unternehmen soll unabhängig davon besteuert werden, ob dieses im In- oder Ausland investiert wird. Gleichwohl kann die Kapitalexportneutralität vollumfänglich nur dann erreicht werden, wenn es zur vollständigen Anrechnung der in dem ausl. Staat entrichteten Steuer kommt.

 

Rz. 3

Als unilaterale Regelung bestimmt § 26 KStG in diesem Zusammenhang, in welchen Fällen eine Steueranrechnung dem Grunde nach (ob überhaupt eine Anrechnung erfolgen kann) sowie der Höhe nach zu erfolgen hat.

 

Rz. 4

Als bilaterale Regelung stellt § 26 KStG insbesondere die Ausformung des Anrechnungsbefehls entsprechender DBA dar. Obgleich die Freistellungsmethode in deutschen DBA vorherrschend ist, ist in zahlreichen DBA auch die Anrechnungsmethode kodifiziert, sei es als Grundregel, wie etwa in Art. 23 Abs. 1 DBA-Argentinien[7], sei es aufgrund spezifischer Voraussetzungen für die Freistellungsmethode, die im individuellen Fall nicht erfüllt werden, bzw. Rückausnahmen von der Freistellung greifen (z. B. subject-to-tax-Klauseln, Switch-Over-Klauseln). Zahlreiche DBA verweisen auf die Vorschriften des deutschen innerstaatlichen Rechts, allerdings ist § 26 KStG auch dann anzuwenden, wenn ein entsprechender Hinweis fehlt. Dies ergibt sich bereits aus der Besteuerungssystematik, nach der DBA grundsätzlich nur eine Allokationswirkung (Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse der Vertragsstaaten) zukommt, die Besteuerungsbefugnisse jedoch durch entsprechend nationale Normen auszufüllen sind.

 

Rz. 5

§ 26 KStG kodifiziert die Steueranrechnung nur für Zwecke der KSt. Eine Anwendung im Rahmen der GewSt ergibt sich – zumindest für Zwecke der Steueranrechnung – nicht.[8]

 

Rz. 6

Steuersystematisch kommen § 26 KStG mehrerlei Funktionen zu:

  1. Grundtatbestand ist die Kodifizierung der Anrechnung ausl. Steuern auf die deutsche KSt in Abs. 1 für unbeschränkt Stpfl. durch Verweis auf § 34c EStG und beschränkt Stpfl. durch Verweis auf § 50 Abs. 3 EStG. Dies gilt sowohl für den Fall, dass mit dem Quellenstaat kein DBA besteht (Verweis auf § 34c Abs. 1 bis 3 EStG) sowie für den Fall, dass ein DBA mit dem Quellenstaat abgeschlossen worden ist (Verweis auf § 34c Abs. 6 EStG).
  2. Für beschränkt steuerpflichtige Körperschaften, die an einer Personengesellschaft beteiligt sind, auf die § 50d Abs. 10 EStG anzuwenden ist (Erfassung von Sondervergütungen als Unternehmensgewinne bei Bestehen eines DBA durch treaty-override), wird ebenfalls die Anrechnung ausl. Steuern geregelt, da die deutsche Regelung typischerweise zu Qualifikationskonflikten führt, welche in Doppelbesteuerungen resultieren dürften.
  3. Berücksichtigung von Besonderheiten bei der Steueranrechnung aufgrund der Anwendung des KSt-Rechts in Abs. 2 S. 1, insbesondere die abweichende Berechnung des Anrechnungsbetrags.
  4. Neben der Vermeidung der Doppelbesteuerung werden durch Verweise auf § 34c Abs. 3, 5 auch die Regelungen zur Förderung von Auslandsaktivitäten in Form der pauschalierten Steueranrechnung bzw. der Gewährung des Steuerabzugs in bestimmten Fällen für anwendbar erklärt, in denen die Voraussetzungen der Steueranrechnung nicht erfüllt sind.
  5. Schließlich wird in Abs. 2 S. 3 der Vorschrift der Anwendungsbereich auf Fälle erweitert, in denen EU-Richtlinien die Steuerbefreiung von Einkünften vorschreiben (insbesondere die Zins- und Lizenzgebühren-Richtlinie).
 

Rz. 7

Im Grundfall der Steueranrechnung bleibt die körperschaftsteuerli...

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