Rz. 165

Nach der Übertragung der Anteile und der Zuführung von überwiegend neuem Betriebsvermögen bis zum Vz 1996 oder vor dem 6.8.1997 muss die Gesellschaft ihren Betrieb wieder aufnehmen. Die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs ist für Vorgänge bis zu diesem Stichtag eine selbstständige dritte Voraussetzung für den Verlust der wirtschaftlichen Identität[1]; für Vorgänge nach dem 5.8.1997 hat dieses Merkmal keine wesentliche eigenständige Bedeutung, da die Wiederaufnahme bzw. die Fortführung ab dann einbezogen sind; allenfalls kann es dazu herangezogen werden, Fälle des Erwerbs der Anteile an einer Vorratsgesellschaft oder der Neugründung einer Gesellschaft aus der Regelung auszuschließen.[2]

 

Rz. 165a

Unter "Geschäftsbetrieb" ist die tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit der Kapitalgesellschaft zu verstehen. Es genügt eine selbstständige nachhaltige Tätigkeit mit dem Zweck der Einnahmeerzielungsabsicht. Nicht erforderlich ist, dass es sich um eine originär gewerbliche Tätigkeit handelt, es genügt eine Vermögensverwaltung.[3]

 

Rz. 166

Die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs ist gleichzusetzen mit der Wiederaufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit bzw. mit der Wiederteilnahme am Wirtschaftsleben. Die Kapitalgesellschaft muss zwar früher, darf aber vor der Anteilsübertragung nicht mehr werbend tätig gewesen sein[4], muss ihre werbende Tätigkeit also vollständig eingestellt haben. Das ist der Fall, wenn keine ins Gewicht fallende Tätigkeit mehr ausgeübt wird und das Unternehmen als wirtschaftlich nicht mehr aktiv erscheint.[5] Bloße Abwicklungsmaßnahmen wie die Einziehung von Forderungen und die Begleichung von Verbindlichkeiten oder die Liquidation wertloser Beteiligungen hindern die vollständige Einstellung der werbenden Tätigkeit nicht.[6] Die Verpachtung des gesamten Geschäftsbetriebs ist keine Einstellung der werbenden Tätigkeit. Damit fielen Sanierungen, bei denen einer noch tätigen Gesellschaft neue Mittel zugeführt wurden, nicht unter den Regelungsinhalt der Vorschrift.

 

Rz. 167

Nach der Einstellung der werbenden Tätigkeit muss diese wieder aufgenommen werden; insoweit gibt das Gesetz eine zeitliche Reihenfolge vor.[7] Es genügt die Wiederaufnahme irgendeiner werbenden Tätigkeit; ohne Bedeutung ist es, ob die Kapitalgesellschaft ihre Tätigkeit im gleichen oder in einem anderen Wirtschaftszweig wieder aufnimmt.[8]

 

Rz. 168

Ein Indiz für die Einstellung und Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs ist darin zu sehen, dass der Unternehmensgegenstand gewechselt wird und der Kundenstamm und das Betriebsvermögen des ursprünglichen Geschäftsbetriebs für die neue Tätigkeit nicht verwendet werden können.[9] Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt nicht zwingend zur Einstellung des Geschäftsbetriebs, da er auch während des Verfahrens zumindest für einige Zeit fortgeführt werden kann.[10]

 

Rz. 169

Insbesondere die Tatbestandsvoraussetzung der (vollständigen) Einstellung des Geschäftsbetriebs hat Möglichkeiten zur Umgehung des § 8 Abs. 4 KStG eröffnet, da diese Vorschrift nicht anwendbar war, wenn die Verlustgesellschaft einen kleinen Geschäftsbetrieb fortgeführt hat.[11] Dies hat zur Verschärfung der Vorschrift dadurch geführt, dass die "Fortführung" des Geschäftsbetriebs einbezogen wurde.[12] Der BFH[13] hat jedoch entschieden, dass die Reduzierung des Geschäftsbetriebs auf einen geringfügigen Teil der bisherigen Tätigkeit verbunden mit einer anschließenden Ausweitung auf eine völlig andersartige, sehr viel umfangreichere Tätigkeit einer Einstellung und Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs i. S. d. Abs. 4 gleichzustellen ist (dem Regelbeispiel vergleichbarer Sachverhalt).

 

Rz. 170

Ab Vz 1998 und für Fälle des Verlusts der wirtschaftlichen Identität nach dem 5.8.1997 kann ein Verlust der wirtschaftlichen Identität auch vorliegen, wenn die Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit dem überwiegend neuen Betriebsvermögen fortführt. Vor der Zuführung des Betriebsvermögens braucht der Geschäftsbetrieb daher nicht eingestellt gewesen zu sein. Zur Art der Fortführung enthält das Gesetz keine näheren Bestimmungen. Es ist also (insoweit) ohne Bedeutung, ob der Geschäftsbetrieb in gleichem, ähnlichem oder verändertem Umfang, im gleichen oder einem anderen Wirtschaftszweig, auf der gleichen oder einer anderen Wirtschaftsstufe usw. fortgeführt wird. Durch die Einbeziehung der "Fortführung" des Geschäftsbetriebs wird der Anwendungsbereich der Vorschrift wesentlich erweitert, und zwar auf Fälle, in denen Anteile an einer aktiven Gesellschaft erworben werden. Damit geht die Regelung weit über die bisherige "Mantelkauf"-Problematik (Handel mit Verlustvorträgen) hinaus.[14]

 

Rz. 171

Das Merkmal der Fortführung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs hat seit der Neuregelung nahezu keine eigenständige Bedeutung mehr, da damit alle denkbaren Fälle erfasst werden.[15] Etwas anderes gilt nur für die Sanierung, weil ein eingestellter, also nicht mehr existierender Betrieb nicht mehr saniert werden kann[16]; das ist m. E. aber selbstverst...

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