2.1.1 Begriff der besonderen Tarifvorschriften

 

Rz. 6

§ 19 Abs. 14 KStG regelt die Anwendung der besonderen Tarifvorschriften im Organkreis. Die besonderen Tarifvorschriften führen zu einer Ermäßigung der festzusetzenden Steuer. Sie wirken sich also bereits bei der Steuerfestsetzung aus, nicht erst im Rahmen der Abrechnung wie der Steuerabzug inländischer Steuern. Es wird also nicht eine entstandene und festgesetzte Steuerschuld gemindert, sondern die Steuerschuld entsteht in der durch die besondere Tarifvorschrift bestimmten geringeren Höhe und wird dementsprechend von Anfang an niedriger festgesetzt. Sind die Voraussetzungen der besonderen Tarifvorschriften in der Person der Organgesellschaft erfüllt, bietet sich an sich die Minderung der KSt auf das eigene Einkommen der Organgesellschaft (Ausgleichszahlungen) an. § 19 KStG entscheidet sich jedoch dafür, dass diese Tarifvorschriften bei dem Organträger anzuwenden sind. Die wichtigsten besondere Tarifvorschriften sind:

  • § 26 KStG, i. V. m. § 34c EStG: Anrechnung ausl. Steuer;
  • Anrechnung ausl. Steuer nach § 12 AStG;
  • fiktive Anrechnung nach einem DBA;
  • eine besondere Tarifvorschrift ist auch § 35 EStG (Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb), wenn Organträger eine natürliche Person oder eine Personengesellschaft ist, an der natürliche Personen beteiligt sind.

2.1.2 Maßgebende Verhältnisse von Organträger und Organgesellschaft

 

Rz. 7

§ 19 Abs. 14 KStG regelt die Anwendung der besonderen Tarifvorschriften im Organkreis. Die einzelnen Abs. behandeln die unterschiedlichen Rechtsformen des Organträgers. Der Organträger kann eine Körperschaft (Abs. 1), eine natürliche Person (Abs. 2) oder eine Personengesellschaft sein (Abs. 4). Die Körperschaft oder die natürliche Person kann unbeschränkt (Abs. 1, 2) oder beschränkt steuerpflichtig sein (Abs. 3). Für die Organgesellschaft gelten über §§ 14, 17 KStG hinaus keine weiteren Voraussetzungen. Die Organgesellschaft ist danach immer Kapitalgesellschaft und unbeschränkt steuerpflichtig.

 

Rz. 8

§ 19 KStG enthält eine gewisse Doppelgleisigkeit. Einerseits ist Voraussetzung für die Gewährung der Steuervergünstigung, dass der Tatbestand in der Person der Organgesellschaft erfüllt ist, dass also die Organgesellschaft dem Grunde nach berechtigt ist, die Vergünstigung in Anspruch zu nehmen. Das ist Ausfluss der Tatsache, dass die Organgesellschaft körperschaftsteuerpflichtiges Steuersubjekt bleibt und die besondere Tarifvorschrift daher auf dieses Rechtssubjekt anwendbar sein muss. Nach der Zurechnungstheorie wird lediglich das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger zur Versteuerung zugerechnet; es bleibt aber dem Wesen nach Einkommen der Organgesellschaft.[1] Ob der Tatbestand der Tarifvorschrift anwendbar ist, richtet sich daher grundsätzlich nach den Verhältnissen der Organgesellschaft. Damit kann keine Steuerermäßigung Anwendung finden, die ohne Organschaft auf der Ebene der Organgesellschaft nicht anwendbar wäre. So ist etwa die Vergünstigung des § 34 EStG für außerordentliche Einkünfte der Organgesellschaft nicht anwendbar, und zwar weder auf der Ebene der Organgesellschaft noch auf der Ebene des Organträgers, weil es diese Vergünstigung im KSt-Recht, dem die Organgesellschaft unterliegt, nicht gibt. Das gilt auch, wenn der Organträger eine natürliche Person oder eine Personengesellschaft ist, an der natürliche Personen beteiligt sind.[2]

 

Rz. 9

Andererseits soll verhindert werden, dass sich eine Person die Anwendbarkeit einer auf sie direkt nicht anwendbaren besonderen Tarifvorschrift dadurch verschafft, dass sie eine Organgesellschaft zwischenschaltet, die diese Vergünstigung in Anspruch nehmen kann. Das betrifft Vorschriften wie das internationale Schachtelprivileg, die nur auf Körperschaften anwendbar sind. Daher ist auch auf die Verhältnisse des Organträgers abzustellen. Eine natürliche Person bzw. eine Personengesellschaft, an der natürliche Personen beteiligt sind, kann sich daher die Anwendung dieser körperschaftsteuerlichen Vergünstigungen nicht dadurch verschaffen, dass eine Kapitalgesellschaft als Organgesellschaft zwischengeschaltet wird. Das bedeutet z. B., dass Steuerfreistellungen nach § 8b KStG im Organkreis nur dann bestehen bleiben, wenn der Organträger bzw. bei einer Personengesellschaft als Organträger deren Gesellschafter eine Körperschaft ist bzw. Körperschaften sind. Verfahrensrechtlich wird dies bei rechtsformabhängigen Steuerbefreiungen durch die Anwendung der Bruttomethode nach § 15 S. 1 Nr. 2, S. 2 KStG sichergestellt.

 

Rz. 10

Die besondere Tarifvorschrift ist daher nur anwendbar, wenn die subjektiven Voraussetzungen der Steuervergünstigung, also die Frage, ob die erforderliche Rechtsform besteht, auch von dem Organträger erfüllt werden. Im Ergebnis ist die Tarifvorschrift nur anwendbar, wenn sie in subjektiver Hinsicht sowohl der Organgesellschaft als auch dem Organträger zustehen würde. Die subjektiven Voraussetzungen der besonderen Tarifvorschrift sind also sowohl auf der Ebene der Organgesellschaft als auch auf der des Organträgers zu prüfen.

 

Rz. 11

Dagegen richtet sich die Frage, ob der ob...

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