Rz. 30

Aufgrund der Vielzahl der Probleme, die die bis dahin unbestimmte Regelung des § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG verursacht hat, wurde die Vorschrift durch das Gesetz v. 20.2.2013[1] neu gefasst.[2] Danach muss die Verlustübernahmeverpflichtung durch einen Verweis auf § 302 AktG in der jeweiligen Fassung vereinbart werden. Nach dem Gesetzeswortlaut ist der gesamte § 302 AktG in Bezug zu nehmen; einzelne Absätze, wie etwa Abs. 2, der für die Organschaft keine Bedeutung hat, dürfen nicht ausgenommen werden. Diese Regelung ist m. E. eindeutig und daher einer einschränkenden Interpretation nicht fähig.[3] Die Vorschrift ist damit insoweit eindeutig, als eine wörtliche Aufnahme des Textes des § 302 AktG nicht ausreicht.[4] Der Ergebnisabführungsvertrag muss die Verweisung auf § 302 AktG enthalten. Die Verweisung muss "dynamisch" sein, sich also auf § 302 AktG in seiner jeweils geltenden Fassung beziehen. Eine andere Form der Integration des § 302 AktG in den Ergebnisabführungsvertrag genügt nicht. Der Gesetzgeber wollte mit dieser definitiven und eindeutigen Fassung Probleme und Streitigkeiten über die Anerkennung des Ergebnisabführungsvertrags, wie sie in der Vergangenheit aufgetreten sind, vermeiden. Ein nicht dynamischer Verweis auf § 302 AktG genügt daher auch dann nicht, wenn sich der Text des § 302 AktG seit Abschluss des Ergebnisabführungsvertrags nicht geändert hat, der nicht dynamische Verweis also weiterhin den gesamten § 302 AktG in Bezug nimmt. Enthält der Ergebnisabführungsvertrag den dynamischen Verweis auf § 302 AktG, ist er von der Finanzverwaltung ohne weitere Prüfung anzuerkennen.

 

Rz. 30a

Für die Praxis zu beachten ist jedoch, dass das Gesetz davon ausgeht, dass die Verlustübernahmeverpflichtung in § 302 AktG abschließend geregelt ist und der dynamische Verweis auf diese Vorschrift die aktienrechtliche Verlustübernahme umfassend in das Organschaftsrecht übernimmt. De lege ferenda ist dies jedoch nicht gesichert, da der Gesetzgeber einzelne Aspekte der Verlustübernahme auch in anderen Vorschriften regeln könnte. In diesem Fall reicht der dynamische Verweis auf § 302 AktG nicht aus. Vielmehr wäre dann der Gewinnabführungsvertrag an die neuen Regelungen anzupassen.[5]

 

Rz. 31

§ 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG fordert nur, dass die Verlustübernahmeverpflichtung durch einen dynamischen Verweis auf § 302 AktG vereinbart wird, verbietet es aber nicht, dass der Vertrag weitere Bestimmungen zur Verlustübernahmeverpflichtung enthält, solange diese nicht mit § 302 AktG kollidieren. Denkbar sind etwa Regelungen zur Durchführung der Verlustübernahme. Allerdings muss dann überwacht werden, ob sich Rechtsprechung oder Gesetz hinsichtlich dieser Regelungen ändern; erforderlichenfalls ist der Ergebnisabführungsvertrag unverzüglich an die geänderte Rechtsprechung oder das geänderte Gesetz anzupassen. Um Probleme in der Zukunft zu vermeiden, sollten solche ergänzenden Bestimmungen vermieden werden.[6]

 

Rz. 32

Fraglich kann sein, wie zu verfahren ist, wenn der Ergebnisabführungsvertrag den dynamischen Verweis auf § 302 AktG enthält, daneben aber auch den gesamten Text dieser Vorschrift zitiert. Das kann in Sonderfällen zweckmäßig sein, z. B. um der Gesellschafterversammlung einer Publikumsgesellschaft den Inhalt des § 302 AktG, auf den verwiesen wird, vor Augen zu führen. M. E. ist der Ergebnisabführungsvertrag anzuerkennen, solange sich der Text des § 302 AktG nicht geändert hat. In diesem Fall stimmen zitierter Text und Verweis auf § 302 AktG überein, sodass der Inhalt der Verlustübernahmeverpflichtung eindeutig ist und durch den dynamischen Verweis auch den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG entspricht. Diese Vorschrift bestimmt nur, dass der dynamische Verweis auf § 302 AktG in dem Vertrag enthalten ist, verbietet aber weitere Bestimmungen nicht. Problematisch ist es jedoch, wenn nur ein Teil des § 302 AktG zitiert wird oder wenn sich der Wortlaut des § 302 AktG später ändert. Dann kann fraglich sein, ob der wörtlich zitierte Text des § 302 AktG oder der dynamische Verweis auf § 302 AktG gelten soll. Dadurch kann die Verlustübernahmeverpflichtung unklar und auslegungsbedürftig werden, was zur Nichtanerkennung des Ergebnisabführungsvertrags führen kann. Es ist daher dringend davon abzuraten, den Text des § 302 AktG zusätzlich zu der dynamischen Verweisung in den Vertrag aufzunehmen. Diese wörtliche Zitierung bringt steuerlich nur Nachteile und auch im Übrigen keine Vorteile. Die Information der Gesellschafterversammlung kann durch wörtliche Aufnahme des § 302 AktG in die Begründung für den Antrag, dem Ergebnisabführungsvertrag zuzustimmen, aufgenommen werden.

 

Rz. 33

Fraglich kann die Bedeutung des § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG sein, wenn eine AG als abhängige Gesellschaft formwechselnd in eine GmbH umgewandelt wurde. Der Ergebnisabführungsvertrag, der von der Gesellschaft abgeschlossen wurde, als sie noch die Rechtsform einer AG hatte, wird den Verweis auf § 302 AktG nicht enthalten haben, da § 302 AktG für eine A...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge