2.1 Ausschluss oder Beschränkung des Besteuerungsrechts

2.1.1 Allgemeines

 

Rz. 11

§ 12 Abs. 1 S. 1 KStG enthält einen Besteuerungstatbestand, wenn das deutsche Besteuerungsrecht für den Gewinn aus einer Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts ausgeschlossen oder beschränkt wird. Ist das deutsche Besteuerungsrecht für den Gewinn aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts betroffen, fingiert die Vorschrift eine Veräußerung zum gemeinen Wert. Ist das Besteuerungsrecht hinsichtlich der Nutzung des Wirtschaftsguts betroffen, wird eine (Nutzungs-)Überlassung des Wirtschaftsguts, ebenfalls zum gemeinen Wert, fingiert. In systematischer Hinsicht ist § 12 Abs. 1 KStG ein Ersatzrealisationstatbestand[1], da tatsächlich kein Realisationstatbestand erfüllt wird.

Rz. 12 einstweilen frei

 

Rz. 13

Nach § 1 Abs. 5 AStG ist unter den dort genannten Voraussetzungen auf das Verhältnis zwischen Stammhaus und Betriebsstätte bzw. zwischen zwei Betriebsstätten desselben Stammhauses § 1 Abs. 1, 3 bis 4 AStG entsprechend anzuwenden. Dazu ist die Betriebsstätte nach § 1 Abs. 5 S. 2 AStG als selbstständiges Unternehmen zu behandeln. Der Fremdvergleichsgrundsatz ist daher – einschließlich der Regeln über Funktionsverlagerung – auch im Verhältnis zwischen Stammhaus und Betriebsstätte bzw. zwischen zwei Betriebsstätten anzuwenden. Damit erfasst § 1 Abs. 5 AStG mit der Verweisung auf § 1 Abs. 1, 3 und 4 AStG im Wesentlichen die gleichen Fälle wie § 12 Abs. 1 KStG. Insoweit wird durch § 12 KStG insbesondere nicht die Erbringung von Dienstleistungen erfasst.[2] Da § 12 KStG eine Gewinnermittlungsvorschrift ist, während § 1 AStG eine Vorschrift zur Korrektur von Einkünften darstellt, geht die Entstrickungsbesteuerung nach § 12 KStG der Einkünftekorrektur nach § 1 AStG vor. Für eine nachrangige Anwendung des § 1 AStG spricht die Subsidaritätsklausel in § 1 Abs. 1 S. 1 AStG ("unbeschadet anderer Vorschriften"). Schließlich wird nach § 1 Abs. 5 S. 6 AStG die Möglichkeit zur Bildung eines Ausgleichspostens nach § 4g EStG nicht eingeschränkt. Da § 12 Abs. 1 S. 1 zweiter Hs. KStG i. V. m. § 4g EStG eine Entstrickung voraussetzt, folgt auch daraus, dass die allgemeine Entstrickungsregel des § 12 KStG vorrangig ist.[3]

[1] Vgl. A. Meyer, in Schulze-Osterloh/Hennrichs/Wüstemann, HdJ, Ersatzrealisation, Rz. 20, Rz. 107.
[2] Vgl. zum Konkurrenzbereich ausführlich Kahle/Eichholz/Kindich, Ubg 2016, 132.
[3] Vgl. zum Ganzen ausführlich Kahle/Eichholz/Kindich, Ubg 2016, 132; siehe auch von Freeden, in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 12 Rz. 37; Leonhardt/Tcherveniachki, in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 1 AStG, Rz. 2817.

2.1.2 Persönlicher und sachlicher Regelungsbereich

 

Rz. 14

§ 12 Abs. 1 S. 1 KStG enthält mit der Steuerentstrickung für Körperschaften einen Tatbestand, der dem des § 4 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 EStG für natürliche Personen entspricht. § 4 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 EStG kann auf Körperschaften auch über § 8 Abs. 1 KStG nicht angewendet werden, da es bei diesen keine "Entnahme" gibt. § 12 Abs. 1 S. 1 KStG setzt daher an die Stelle einer fiktiven Entnahme eine fiktive Veräußerung bzw. fiktive Nutzungsüberlassung der in das Ausland verbrachten Wirtschaftsgüter. Die Vorschrift regelt diese Fälle weitgehend in Entsprechung zu § 4 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 EStG.

 

Rz. 15

In persönlicher Hinsicht werden alle KSt-Subjekte i. S. d. § 1 KStG (Körperschaften, Personenvereinigungen, Vermögensmassen) einschl. der SE und der SCE erfasst. Ist die Körperschaft an einer Personengesellschaft beteiligt, und verbringt diese Personengesellschaft ein Wirtschaftsgut in das Ausland, ist dieser Vorgang (anteilig) der Körperschaft zuzurechnen, da die Personengesellschaft im internationalen Steuerrecht als "transparent" behandelt wird. Das bedeutet, dass dieses Wirtschaftsgut nach § 12 Abs. 1 S. 1 KStG als veräußert gilt, soweit die Beteiligung der Körperschaft reicht. Sind an der Personengesellschaft sowohl Körperschaften als auch natürliche Personen beteiligt, ist bei jedem Wirtschaftsgut die Verbringung in das Ausland in Höhe der Beteiligungen der Körperschaften nach § 12 Abs. 1 S. 1 KStG (fiktive Veräußerungen), in Höhe der Beteiligungen der natürlichen Personen nach § 4 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 EStG (fiktive Entnahmen) zu behandeln. Bei der ausländischen Betriebsstätte gilt das Wirtschaftsgut aus deutscher Sicht in Höhe der Beteiligungen der Körperschaften als fiktiv erworben, in Höhe der Beteiligungen der natürlichen Personen als fiktiv eingelegt. Da sowohl die fiktive Veräußerung bzw. Anschaffung als auch die fiktive Entnahme bzw. Einlage (aus deutscher Sicht) zum gemeinen Wert zu erfolgen haben, ergeben sich durch die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen keine Wertabweichungen.

 

Rz. 16

In sachlicher Hinsicht werden Vorgänge erfasst, bei denen das deutsche Besteuerungsrecht bei der Veräußerung oder der Nutzungsüberlassung ausgeschlossen wird. Daraus folgt, dass der Tatbestand des § 12 Abs. 1 S. 1 KStG nicht selbst an eine Veräußerung (oder einen sonstigen gewinnrealisierenden Vorgang), eine Umwandlung bzw. Verschmelzung oder eine entgeltliche Nutzungsüberlassung an einen Dritten anknüpft. In diesen Fä...

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