3.1 Allgemeines

 

Rz. 6

Unter einem Reisegewerbebetrieb ist nach § 35a Abs. 2 S. 1 GewStG ein Gewerbebetrieb zu verstehen, dessen Inhaber im Hinblick auf die Art seiner gewerblichen Betätigung entweder nach der GewO oder den Ausführungsbestimmungen zur GewO einer Reisegewerbekarte bedarf. Allein die Ausstellung einer Reisegewerbekarte reicht aber nicht aus, um einen Reisegewerbebetrieb i. S. d. § 35a GewStG zu begründen. Weitere Voraussetzung ist das Bestehen eines inl. Gewerbebetriebs.

 

Rz. 7

Reisegewerbetreibende sind z. B. selbstständige Hausierer, Schausteller oder unter bestimmten Voraussetzungen die Besitzer mobiler Stände, wie z. B. Eisverkäufer.

3.2 Gewerbebetrieb

 

Rz. 8

Bei dem Reisegewerbebetrieb muss es sich um ein gewerbliches Unternehmen handeln. Der Begriff des Gewerbebetriebs bestimmt sich dabei grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG, der wiederum auf die Regelung in § 15 Abs. 2 EStG verweist. Wird ein Reisegewerbebetrieb von einer juristischen Person des privaten Rechts betrieben, gelten die Fiktionen nach § 2 Abs. 2 und 3 GewStG auch für den Reisegewerbebetrieb.[1]

[1] Sarrazin, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 35a GewStG Rz. 8.

3.3 Inland

 

Rz. 9

Ein Reisegewerbebetrieb unterliegt nach § 35a Abs. 1 GewStG nur insoweit der GewSt, als er im Inland betrieben wird. Dabei setzt die GewSt-Pflicht des Reisegewerbebetriebs nicht voraus, dass im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird. § 2 Abs. 1 S. 3 GewStG gilt nicht für Reisegewerbebetriebe, sondern nur für stehende Gewerbebetriebe. Vor diesem Hintergrund macht auch eine Betriebsstätte den Inhaber einer Reisegewerbekarte nicht zum Inhaber eines stehenden Gewerbebetriebs. Ob eine Betriebsstätte besteht oder nicht, ist für den Reisegewerbebetrieb gewerbesteuerlich bedeutungslos. Vielmehr kommt es für die Frage, ob der Reisegewerbebetrieb im Inland betrieben wird, ausschließlich darauf an, ob sich der Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit des Reisegewerbebetriebs im Inland befindet oder nicht.

 

Rz. 10

Befindet sich der Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit des Reisegewerbebetriebs im Inland und wurde der Reisegewerbebetrieb im maßgebenden Ez auch im Ausland betrieben, sind die auf die Tätigkeit im Ausland entfallenden Erträge und Aufwendungen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nicht zu berücksichtigen.[1] Begründen lässt sich dies zum einen mit der ausdrücklichen Regelung in § 35a Abs. 1 GewStG, wonach Reisegewerbebetriebe nur insoweit der GewSt unterliegen, als sie im Inland betrieben werden, und zum anderen mit einer Analogie zu § 9 Nr. 3 S. 1 GewStG.[2] Der Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit des Reisegewerbebetriebs im Inland führt also nicht dazu, dass der Reisegewerbetreibende auch mit seiner Tätigkeit im Ausland der inl. GewSt-Pflicht unterliegt. Vielmehr ist der Gewerbeertrag in diesen Fällen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten – im Zweifel nach dem Verhältnis der inl. und ausl. Einnahmen – auf das In- und Ausland aufzuteilen.[3] Ausl. Reisegewerbebetriebe unterliegen nicht der GewSt. Dies gilt auch dann, wenn Geschäfte im Inland betrieben werden.[4] Reisegewerbe werden im Ausland betrieben, wenn der Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit im Ausland liegt.

[1] Selder, in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl. 2021, § 35a GewStG Rz. 5; Baldauf, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 35a GewStG Rz. 12; Saathoff, in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 2. Aufl. 2022, § 35a GewStG Rz. 7; a. A. Hessisches FG v. 15.5.1975, VIII 32/73, EFG 1976, 586; Sarrazin, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 35a GewStG Rz. 9.
[2] Selder, in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl. 2021, § 35a GewStG Rz. 5.
[3] Selder, in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl. 2021, § 35a GewStG Rz. 5.
[4] Sarrazin, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 35a GewStG Rz. 9; a. A. Baldauf, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 35a GewStG Rz. 12.

3.4 Reisegewerbekarte

3.4.1 Allgemeines

 

Rz. 11

Nach der Definition in § 35a Abs. 2 S. 1 GewStG ist ein Reisegewerbebetrieb ein Gewerbebetrieb, wenn dessen Inhaber nach den Vorschriften der GewO und den Ausführungsbestimmungen dazu einer Reisegewerbekarte bedarf. Es handelt sich insoweit um eine dynamische Verweisung. Maßgebend sind jeweils die aktuellen Regelungen der GewO. Das Erfordernis der Reisegewerbekarte regelt § 55 GewO. Ausnahmen hiervon befinden sich in § 55a und § 55b GewO. Des Weiteren kann die zuständige Behörde nach § 55a Abs. 2 GewO für besondere Verkaufsveranstaltungen Ausnahmen von dem Erfordernis der Reisegewerbekarte zulassen.

 

Rz. 12

Die Finanzverwaltung stellt hinsichtlich des Erfordernisses der Reisegewerbekarte grundsätzlich darauf ab, ob der Stpfl. für den Ez oder einen Teil davon eine Reisegewerbekarte erworben hat.[1] Für die gewerbesteuerliche Einordnung kommt es aber darauf nicht an. Maßgebend ist ausschließlich die Verpflichtung zum Besitz einer Reisegewerbekarte. Abzustellen ist auf das rechtliche Erfordernis, nicht auf die tatsächlichen Verhältnisse.[2] Unterbleibt die Ausgabe einer gewerberechtlich erforderlichen Reisegewerbekarte, liegt ein Reisegewerbebetrieb i. S. d. § 35a GewStG vor. Dagegen handelt es s...

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