Leitsatz

Wird als alleinige Gegenleistung für eine Anteilsübertragung die Freistellung des ausscheidenden Gesellschafters von der Haftung für die noch ausstehenden Einlagen vereinbart, so ergibt sich daraus der maßgebliche Veräußerungspreis i.S.v. § 17 Abs. 2 S. 1 EStG.

 

Normenkette

§ 17 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 EStG, § 255 Abs. 1 HGB, § 54 Abs. 1 AktG

 

Sachverhalt

Genau dies taten die Parteien des Aktienkaufvertrags hier. Herr K. erwarb im Jahr 2000 nicht börsennotierte Aktien in Höhe von 12,5 % des Grundkapitals einer AG mit einem Nennwert von 1 EUR pro Aktie zu einem Preis von 20 000 EUR. Lediglich 0,25 EUR pro Aktie waren auf das Grundkapital eingezahlt. Da sich die geschäftlichen Erwartungen an die AG nicht erfüllten, übertrug ("verkaufte") K. im Jahr 2002 die Aktien auf Mitgesellschafter. Weil das eingezahlte Kapital aufgezehrt worden war und die Verbindlichkeiten nur durch noch ausstehende Einlagen abgedeckt wurden, musste K. "zur pauschalen und endgültigen Abgeltung der auf die kaufgegenständlichen Aktien entfallenden restlichen Einlageverpflichtung" 20 000 EUR zahlen. Im Gegenzug übernahmen die Käufer der Aktien die Haftung für die noch nicht eingezahlten Teile (0,75 EUR pro Aktie).

K. erklärte einen Veräußerungsverlust von 40 000 EUR, das FA berücksichtigte nur einen solchen von 20 000 EUR! Das FG gab der Klage statt (FG Düsseldorf, Urteil vom 10.05.2007, 11 K 2363/05 E, Haufe-Index 1763073, EFG 2007, 1239), weil sich § 3c Abs. 2 EStG nicht auf Veräußerungsverluste beziehe.

 

Entscheidung

Für die Lösung des BFH kam es auf die Problematik des § 3c Abs. 2 EStG nicht an. Diese Vorschrift bezieht sich ja nicht auf "Einkünfte", also z.B. nicht auf "Verluste", sondern auf Betriebsvermögensminderungen, Werbungskosten usw. Zunächst musste also geprüft werden, was überhaupt Einnahme ist – und hier kommt nur ein Veräußerungspreis in Betracht, der nach den Feststellungen des FG hier darin lag, dass K. von der Haftung für die noch ausstehenden Einlagen freigestellt worden war. Diesen Veräußerungspreis hatte das FG dann gar nicht mehr berücksichtigt, weshalb das Urteil aufzuheben war.

Der BFH konnte aber durchentscheiden und wies die Klage ab: Weil die Parteien die Freistellung und damit den Veräußerungspreis selbst mit 20 000 EUR bewerteten, betrug der Veräußerungsverlust allenfalls 20 000 EUR (also: 20.000 EUR ./. 40 000 EUR [Anschaffungskosten 20 000 EUR + nachträgliche Anschaffungskosten 20 000 EUR = – 20 000 EUR]). Genau diesen Betrag hatte das FA aber bereits angesetzt. Deshalb wies der BFH die Klage ab.

 

Hinweis

1. Nach § 17 Abs. 1 S. 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der (entgeltlichen) Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft zumindest 1 % unmittelbar oder mittelbar beteiligt war. Veräußerungsgewinn ist nach § 17 Abs. 2 S. 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt.

2. Wie liegt nun der Fall, in dem Aktien veräußert werden, auf die nur ein Viertel der Einlageverpflichtung eingezahlt ist, die Parteien des Kaufvertrags darin überein kommen, dass der Käufer der Aktien die uneingeschränkte Haftung für die noch nicht eingezahlten Teile übernimmt und der Käufer wiederum ein weiteres Viertel zahlt? Hier trägt der Käufer wirtschaftlich ½ (nämlich ¼ bereits zu Anfang und ein weiteres ¼ aufgrund des Kaufvertrags) der Einlagepflicht und wird von seiner weitergehenden Einlagepflicht freigestellt.

3.Die Leistung liegt zweifellos in der Anteilsübertragung. Doch was ist die Gegenleistung? Ist eine solche überhaupt gegeben – der Verkäufer erhält doch nichts und muss zusätzlich noch 1/4 der Einlageverpflichtung nachkommen? Indes liegt in der Freistellung von der weitergehenden Einlageverpflichtung der Veräußerungspreis – also die Gegenleistung für den Aktienkauf. Zwar ist die Einlagepflicht nach § 54 Abs. 1 AktG eine mitgliedschaftliche Pflicht des Aktionärs. Sie "klebt" sozusagen an dem Anteil und geht mit der Aktie auf den Erwerber über. Die Parteien des Aktienkaufs können diese Pflicht aber zum Preisbestandteil machen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.01.2009 – IX R 98/07

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