Rz. 91

[Autor/Stand] Wertpapiergeschäft. Der Begriff Wertpapier ist weder im KWG noch in einem anderen Gesetz[2] abschließend definiert. Nach Habersack[3] ist unter dem Wertpapier eine Urkunde zu verstehen, die ein subjektives Recht derart verbrieft, dass es nur von dem Inhaber der Urkunde ausgeübt werden kann. Unter diesen Wertpapierbegriff fallen Schecks, Wechsel, Schuldverschreibungen auf den Inhaber, Hypotheken- und Grundschuldbriefe, kaufmännische Orderpapiere, Anteilscheine an Kapitalanlagegesellschaften, Aktien (einschl. Zwischenscheinen), Kuxen, Genussscheine der Deutschen Bundesbank, Zinsscheine, Gewinnanteilscheine, Erneuerungsscheine. Der für § 8 Abs. 1 Nr. 3 maßgebende Wertpapierbegriff ist also weiter zu fassen als der Begriff der Effekten. Wichtig ist, dass die Urkunde über einen GmbH-Anteil nicht unter den Wertpapierbegriff fällt. Hält also ein ausländisches Kreditinstitut eine Beteiligung an einer GmbH, so fallen die daraus resultierenden Beteiligungserträge nicht unter § 8 Abs. 1 Nr. 3, sondern unter § 8 Abs. 1 Nr. 8.[4] Anders ist dagegen die Rechtslage, wenn das ausländische Kreditinstitut anstelle der Beteiligung an einer GmbH eine Aktie hält. Die Dividendeneinkünfte aus der Aktie fallen bei dem Kreditinstitut sowohl unter § 8 Abs. 1 Nr. 3 als auch unter § 8 Abs. 1 Nr. 8, weshalb die Dividende stets zu den Einkünften aus aktivem Erwerb zählt. Einkünfte aus Investmentzertifikaten sind unter § 8 Abs. 1 Nr. 3 zu subsumieren.

 

Rz. 92

[Autor/Stand] Kreditgeschäft. Unter den Begriff der Kreditgeschäfte fallen sowohl aktive als auch passive Kreditgeschäfte. Für die Anwendung von § 8 Abs. 1 Nr. 3 ist es irrelevant, ob das Kreditgeschäft mit Eigen- oder Fremdkapital finanziert wird.[6] Im Rahmen von § 8 Abs. 1 Nr. 3 sind vor allem die aktiven Kreditgeschäfte und ihr Verhältnis zu § 8 Abs. 1 Nr. 7 von Interesse. Gewährt ein ausländisches Kreditinstitut einem inländischen Unternehmen einen Kredit, so würden die daraus resultierenden Einkünfte nach § 8 Abs. 1 Nr. 7 passiv sein. Aktive Kreditgeschäfte gehören aber zu den typischen Bankgeschäften i.S. von § 8 Abs. 1 Nr. 3, weshalb die daraus erzielten Gewinne nicht der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen. Auch insoweit müssen § 8 Abs. 1 Nr. 3 und 7 als zwei selbständige Alternativen nebeneinander gesehen werden. Nr. 7 schränkt den Anwendungsbereich von Nr. 3 keineswegs ein, weshalb im Ergebnis ein Kreditinstitut in vieler Hinsicht besser gestellt ist als jedes andere ausländische Unternehmen. Zu den Kreditgeschäften gehört auch die Gewährung von Vorschüssen auf Leistungen Dritter, zB die Bevorschussung im Rahmen von Zentralregulierungsgeschäften.[7]

 

Rz. 93

[Autor/Stand] Factoring. Beim Factoring kauft das Factorunternehmen einem anderen Unternehmen dessen Buchforderungen aus Warenlieferungen vor Fälligkeit ab und bezahlt alsbald. In Einzelfällen übernimmt das Factorunternehmen auch die Bezahlung der Lieferantenrechnungen des Verkäufers und/oder die Führung der Kundenbuchhaltung für den Verkäufer. Übernimmt das Factorunternehmen das Risiko der Zahlungsfähigkeit des Schuldners (Delkredere), so spricht man von einem sog. echten Factoringgeschäft. Beim unechten Factoringgeschäft haftet dagegen der Verkäufer der Forderungen dem Factorunternehmen weiterhin für die Einbringlichkeit der Forderung. Das Problem bei der Einordnung des Factoring unter § 8 Abs. 1 Nr. 3 besteht darin, dass das Factoring nicht zu den sog. Bankgeschäften i.S. von § 1 KWG gehört. Interpretiert man den Begriff "Betrieb von Kreditinstituten" ausschließlich im Sinne von Betreiben von Bankgeschäften i.S. des § 1 KWG, so fällt das Factoring aus dem Bereich des § 8 Abs. 1 Nr. 3 heraus. Wir hatten uns jedoch dafür ausgesprochen (vgl. Anm. 89 und 90), den Begriff "Betrieb eines Kreditinstituts" wirtschaftlich zu interpretieren und darunter alle Kreditgeschäfte im wirtschaftlichen Sinne zu fassen.[9] In den Fällen des Factoring liegt aber wirtschaftlich gesehen eine Kreditgewährung vor[10], weil das Factorunternehmen die Forderung des Verkäufers bevorschusst. Dies gilt gleichermaßen für das echte wie für das unechte Factoring. Damit hängt die Einordnung des Factorings unter § 8 Abs. 1 Nr. 3 im Einzelfall davon ab, ob die betroffene ausländische Gesellschaft Factoring in einem Umfang betreibt, dass die Tätigkeit einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Eine Einordnung unter § 8 Abs. 1 Nr. 3 kommt ebenfalls in Betracht, wenn die ausländische Gesellschaft zwar Factoring nur gelegentlich, im Übrigen aber sonstige Bankgeschäfte in einem Umfang betreibt, dass sie einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern. Sind beide Voraussetzungen nicht erfüllt, ist zu prüfen, ob das Factoring im Einzelfall unter § 8 Abs. 1 Nr. 4 (vgl. Anm. 119) oder Nr. 7 (vgl. Anm. 261) fällt.

 

Rz. 93.1

[Autor/Stand] Forfaitierung. Unter Forfaitierung versteht man die Finanzierung von Waren- und anderen Geschäften. Es handelt sich um eine Form der Exportfinanzierung, die e...

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