"Eine erhebliche Abweichung im Sinne des Satzes 1 liegt vor, wenn der unter Zugrundelegung der tatsächlichen Gewinnermittlung zutreffende Fremdvergleichspreis um mehr als 20 Prozent von diesem Verrechnungspreis abweicht."

 

Rz. 49

[Autor/Stand] Erheblichkeit der Abweichung. Mit dem Kriterium der Erheblichkeit verwendet der Gesetzgeber einen (weiteren) unbestimmten Rechtsbegriff, der – insoweit anders als das Kriterium der Wesentlichkeit – jedoch gesetztlich näher geregelt wurde. Das Kriterium der Erheblichkeit soll gewährleisten, dass nicht jede noch so geringfügige Abweichung von den ursprünglichen Planungen dazu führt, dass eine Anpassung erfolgt. Vielmehr soll eine Abweichung erst dann erfolgen, wenn eine gewisse Grenze überschritten ist. Hierzu heißt es nunmehr in § 1a Satz 3, dass eine erhebliche Abweichung vorliegt, wenn der unter Zugrundelegung der tatsächlichen Gewinnentwicklung zutreffende Fremdvergleichswert um mehr als 20 % vom ursprünglich gewählten Verrechnungspreis abweicht.[2]

 

Rz. 50

[Autor/Stand] Abkehr von bisherigen Vorgaben aus der FVerlV (i.d.F. v. 12.8.2008). Mit der Regelung in § 1a Satz 3 weicht der Gesetzgeber von seinem bisherigen Verständnis in § 10 FVerlV ab und definiert die Erheblichkeit einer Abweichung nun in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der OECD;[4] die bisherigen Vorgaben aus der FVerlV werden an dieser Stelle durch die gesetzliche Neuerung überschrieben.[5] Dies ist positiv zu würdigen, da § 10 FVerlV und das dortige Verständnis einer erheblichen Abweichung nicht überzeugen konnten. Nach § 10 Satz 1 FVerlV sollte eine erhebliche Abweichung zunächst dann vorliegen, wenn der unter Zugrundelegung der tatsächlichen Gewinnentwicklung zutreffende Verrechnungspreis außerhalb des ursprünglichen Einigungsbereichs liegt. Dabei wurde der neue Einigungsbereich, der die tatsächliche Gewinnentwicklung berücksichtigt, durch den ursprünglichen Mindestpreis des übertragenden und den neu ermittelten Höchstpreis des übernehmenden Unternehmens bestimmt (§ 10 Satz 2 FVerlV). Weiterhin war eine erhebliche Abweichung nach § 10 Satz 3 FVerlV dann gegeben, wenn der neu ermittelte Höchstpreis niedriger war als der ursprüngliche Mindestpreis des übertragenden Unternehmens und damit kein Einigungsbereich mehr vorliegt. Dies führte zu unsachgemäßen Ergebnissen. Wurde etwa ursprünglich ein Einigungsbereich von 100.000 Euro bis 200.000 Euro ermittelt und liegt der "zutreffende" Einigungsbereich bei 100.000 Euro bis 300.000 Euro, so kam eine nachträgliche Preisanpassung nicht in Betracht, weil der "zutreffende" Verrechnungspreis in Form des Mittelwerts i.H.v. 200.000 Euro noch innerhalb des ursprünglichen Einigungsbereichs lag. Wurde dagegen ursprünglich ein Einigungsbereich von 100.000 Euro bis 105.000 Euro ermittelt und liegt der "zutreffende" Einigungsbereich bei 100.000 Euro bis 120.000 Euro, so war eine nachträgliche Preisanpassung möglich, weil sich der "zutreffende" Verrechnungspreis in Form des Mittelwerts i.H.v. 110.000 Euro nicht mehr innerhalb des ursprünglichen Einigungsbereichs befand. Dieses Ergebnis konnte nicht überzeugen. Die jetzt maßgebliche Schwelle von 20 % ist praktikabel, scheint aber auch knapp bemessen, da ein über den ursprünglich prognostizierten Gewinn hinausgehender Erfolg nicht nur auf Unsicherheiten im Zeitpunkt der Transaktion, sondern auch auf besonderen Anstrengungen des übernehmenden Unternehmens beruhen kann.[6] Eine Preisanpassung hätte in diesem Fall zur Folge, dass das übernehmende Unternehmen für diesen Erfolg doppelt zahlt, einmal in Form der Kosten für die eigenen Anstrengungen und einmal in Form des nachträglich erhöhten Kaufpreises. Ein solches Ergebnis wäre nicht fremdvergleichskonform, da ein fremder Dritter nicht bereit wäre, einen höheren Kaufpreis zu entrichten, wenn der über den ursprünglichen Gewinn hinausgehende Erfolg allein auf eigenen Anstrengungen beruht.[7] Dies folgt auch aus der höchstrichterlichen Rspr., denn nach dieser kommt es für die Bemessung eines Lizenzentgelts entscheidend darauf an, wer den Wert einer Marke geschaffen und die Kosten für ihren Erhalt getragen hat. Je höher der Anteil des Lizenznehmers ausfällt, desto geringer ist das Lizenzentgelt zu bemessen.[8] Diese Rspr. lässt sich auf Fälle, in denen ein immaterieller Wert (isoliert oder im Rahmen einer Funktionsverlagerung) veräußert wird, ohne weiteres übertragen. Je mehr in solchen Fällen eine nachträgliche Wertveränderung auf Maßnahmen des Käufers zurückzuführen ist, desto weniger ist im Nachhinein eine Preisanpassung gerechtfertigt.

 

Rz. 51

[Autor/Stand] Maßnahmen, um die Erheblichkeitsschwelle nicht zu überschreiten. Sollte sich vor Ende des Beobachtungszeitraums abzeichnen, dass die Schwelle von 20 % voraussichtlich überschritten wird und höchstwahrscheinlich eine erhebliche Abweichung eintritt, so kann das übernehmende Unternehmen durch entsprechende Steuerung der Geschäftsaktivitäten versuchen, unterhalb der relevanten 20 %-Grenze zu bleiben bzw. deren Überschreiten auf ein...

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