Rz. 2233

[Autor/Stand] Auffassung der Finanzverwaltung. Neben den vorstehend genannten devisenrechtlichen oder ähnlichen Gründen kann es weitere betriebliche Gründe, die außerhalb des Kreditverhältnisses liegen, geben, ein Darlehen nicht oder nur niedrig zu verzinsen. In diesem Zusammenhang nennen die VWG 1983 in Tz. 4.3.2. exemplarisch zwei Fälle, in denen ein Zinsverzicht oder eine niedrige Verzinsung aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt sein kann: Die Absatzförderung bei Vertriebsunternehmen sowie die Finanzierung von Einfuhrdepots bei Vertriebsunternehmen. Da es sich nur um Beispiele handelt, sind weitere Fallkonstellationen in diesem Zusammenhang denkbar (Anm. 2236).

 

Rz. 2234

[Autor/Stand] Zinslose Warenkredite an Vertriebsgesellschaften. Jedes Produktions- oder Großhandelsunternehmen hat ein eigenbetriebliches Interesse daran, die von ihm hergestellten oder eingekauften Produkte (bzw. Dienstleistungen) absatzwirtschaftlich optimal zu vermarkten. Geschieht diese Vermarktung durch die Einschaltung von Vertriebsgesellschaften, so kann die Absatzförderung z.B. durch Werbekostenzuschüsse, günstigere Liefer- und Verrechnungspreise, die Übernahme von Markterschließungskosten oder durch zinslose Warenkredite oder zinslose bzw. zinsbegünstigte Darlehen erfolgen. Letztlich zielen all diese Maßnahmen darauf ab, bei der Vertriebsgesellschaft eine angemessene Vertriebsmarge sicherzustellen.[3] Im Ergebnis verfolgt der Lieferant in diesen Fällen durch die Vergabe zinsloser bzw. zinsbegünstigter Warenkredite bzw. Darlehen eigene Interessen, die bei ihm betrieblich und nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst sind. Einkünftekorrekturen – insbesondere nach § 1 – scheiden daher aus. Denn der Vertriebsgesellschaft wird kein Vorteil zugewendet; vielmehr sind solche absatzwirtschaftlich bedingten Maßnahmen auch gegenüber unabhängigen Vertriebsunternehmen üblich und betriebswirtschaftlich sinnvoll.

 

Rz. 2235

[Autor/Stand] Finanzierung von Einfuhrdepots von Vertriebsgesellschaften. Die Finanzverwaltung hält die Gewährung von zinslosen bzw. zinsermäßigten Krediten von Produktions- und Großhandelsgesellschaften zugunsten verbundener Vertriebsgesellschaften dann für betrieblich veranlasst, wenn das "Vertriebsunternehmen wirtschaftlich nicht in der Lage ist, aus eigenen Mitteln ein behördlich vorgeschriebenes Depot zur Erlangung von Einfuhrgenehmigungen für Erzeugnisse der Muttergesellschaft zu erreichen".[5] Diese Regelung ist vor dem Hintergrund der Einfuhrpraxis einiger Staaten zu sehen, Einfuhrgenehmigungen nur dann zu erteilen, wenn hohe Einfuhrdepots unterhalten werden. Diese Depots können entweder in einer bestimmten Mindestlagerungsmenge oder in der Hinterlegung von Liquidität bestehen. Da die Unterhaltung solcher Depots auch und insbesondere im eigenen betrieblichen Interesse der Produktions- bzw. Großhandelsgesellschaft, welche die Vertriebsgesellschaft beliefert, liegt, ist deren Finanzierung auch in deren Interesse. In diesen Fällen kann infolgedessen ein zinsloses bzw. zinsermäßigtes Darlehen ebenfalls nicht zu einer Einkünftekorrektur führen.

 

Rz. 2236

[Autor/Stand] Weitere Fälle zinsloser bzw. zinsermäßigter Darlehen. Bei den unter Tz. 4.3.2. Buchst. a und b VWG 1983 dargestellten Fallkonstellationen für die betriebliche Veranlassung zinsloser bzw. zinsermäßigter Darlehen handelt es sich lediglich um Beispielfälle, die beliebig erweiterbar sind. So kann eine betriebliche Veranlassung zinsloser bzw. zinsermäßigter Kredite auch bei der Vorfinanzierung verbundener Einkaufs- oder Produktionsgesellschaften für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe liegen. Ferner ist denkbar, dass eine Einkaufsgesellschaft, welche für ein im Inland ansässiges verbundenes Unternehmen Produkte einkauft, ein zinsloses bzw. zinsermäßigtes Darlehen rechtfertigt. Gleiches gilt für Produktions-, Dienstleistungs- und F&E-Gesellschaften. In diesen Fällen führt die Zinslosigkeit bzw. die Verrechnung eines ermäßigten Zinssatzes immer dann zu keinen Einkünftekorrekturen, wenn die ausländische Gesellschaft im eigenen betrieblichen Interesse für das inländische Unternehmen agiert. Insbesondere für den Fall, dass es sich bei dem ausländischen Unternehmen um ein sog. "Routineunternehmen"[7] handelt, sind zinslose bzw. zinsermäßigte Darlehen von der Finanzverwaltung anzuerkennen (z.B. Lohn- oder Auftragsfertiger, Low-Risk-Vertriebsgesellschaften).

 

Beispiel

Ein produzierendes Pharmaunternehmen benötigt für die Herstellung bestimmter Extrakte große Mengen Blätter besonderer Pflanzen, die auf Plantagen in Asien von verbundenen Unternehmen gezüchtet werden. Bis zu der ersten Ernte dieser Blätter vergehen fünf Jahre, so dass der Grundstückswert, die Pflanzungen sowie der Aufwuchs finanziert werden müssen. Das produzierende Pharmaunternehmen gewährt den die Plantage betreibenden verbundenen Unternehmen hierfür einen zinslosen Kredit, der mit späteren Blattlieferungen getilgt wird. In diesem Fall ist die Gewährung des zinslosen Darlehens beim inländischen Pharmauntern...

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