Rz. 812

[Autor/Stand] Mehrjahresanalysen. Bei Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode finden sich in der Praxis meist Mehrjahresanalysen bei der Ableitung vergleichbarer Nettomargen. Allerdings werden solche Mehrjahresanalysen weder von den OECD-Leitlinien noch den VWG-Verfahren zwingend vorgeschrieben. Vielmehr wird mit den Formulierungen "ist es häufig nützlich"[2] oder "kann es zweckmäßig sein"[3] auf die zwar generelle Vorteilhaftigkeit einer Mehrjahresanalyse abgestellt, wobei jedoch im konkreten Einzelfall begründete Abweichungen möglich sind. Grundsätzlich werden Mehrjahresanalysen durchgeführt, um außergewöhnliche Effekte (zB einmalige Verluste oder bilanzpolitisch motivierte hohe Gewinne in einem Jahr) identifizieren und ggf. im Rahmen einer Durchschnittsbildung eliminieren zu können. Zudem hilft eine Mehrjahresanalyse beim Verständnis der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von Geschäften (zB Konjunkturzyklen).[4] Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht sinnvoll, eine generelle Vorgabe im Hinblick auf die Anzahl der einzubeziehenden Jahre, sondern dies abhängig vom jeweiligen Sachverhalt zu machen.[5] Als allgemeiner Erfahrungswert kann zumindest auf Beobachtungszeiträume von drei bis fünf Jahren hingewiesen werden.[6]

 

Rz. 813

[Autor/Stand] Durchschnittsbetrachtung. Basierend auf einer Mehrjahresanalyse werden meist Durchschnittsbetrachtungen angestellt. Eine solche Durchschnittsbetrachtung wird zwar wiederum als nicht zwingend sowohl von den OECD-Leitlinien als auch den VWG-Verfahren angesehen[8], gleichwohl wird konzediert, dass aufgrund einer Durchschnittsbetrachtung die Zuverlässigkeit einer durch tatsächlichen Fremdvergleich ermittelten Bandbreite verbessert werden kann. Nicht geregelt ist, wie die Durchschnittsbetrachtung im Einzelnen erfolgen soll. Der Durchschnitt kann nämlich ungewichtet oder gewichtet ermittelt werden.

Es lässt sich keine eindeutige Antwort auf die Frage finden, ob der ungewichtete oder gewichtete Durchschnitt als Vergleichsgröße heranzuziehen ist. In dem in Tz. 3.4.12.5 Buchst. d VWG-Verfahren gebildeten Beispiel wird jedenfalls auf den ungewichteten Durchschnitt abgestellt. Auch international finden sich häufig ungewichtete Durchschnitte. Somit wird die Nettomarge jedes Jahrs als ein Einzelereignis betrachtet. Es gibt jedoch auch gute Gründe, den gewichteten Durchschnitt heranzuziehen. Der Unterschied besteht darin, ob eine Periode (zB mehrere Jahre) als eine Einheit betrachtet wird (= gewichteter Durchschnitt) oder ob mehrere Einzelereignisse einer Periode herangezogen werden (= ungewichteter Durchschnitt).

 

Rz. 814

[Autor/Stand] Bandbreite. Bei der Ermittlung von Vergleichswerten im Wege des tatsächlichen Fremdvergleichs ergibt sich regelmäßig eine Bandbreite von Preisen oder Margen. Dass bei vergleichbaren Leistungen unterschiedliche Preise oder unterschiedliche Margen realisiert werden, erklärt sich insb. durch die Unvollkommenheit der Märkte. Mangelndes rationales Verhalten der Marktteilnehmer, eine eingeschränkte Markttransparenz, Beschränkungen beim Marktzutritt, Transaktionskosten usw. führen dazu, dass die Modellbedingungen des vollkommenen Markts nicht gegeben sind und insofern kein einheitlicher Preis für eine vergleichbare Leistung am Markt vorzufinden ist.[10] Dass es "den ’einen’ angeblich richtigen Fremdvergleichspreis"[11] nicht gibt, sondern dass bei Anwendung des tatsächlichen Fremdvergleichs meist Bandbreiten vorliegen, wird auch von den Finanzbehörden anerkannt.[12] Steuerlich ist zu klären, welchen Wert der Stpfl. aus der identifizierten Preis-Bandbreite für seine Verrechnungspreisermittlung heranziehen soll.

 

Rz. 815

[Autor/Stand] Uneingeschränkte Vergleichbarkeit. Die Auswahl des Werts aus einer Bandbreite hängt davon ab, ob die durch den tatsächlichen Fremdvergleich ermittelten Werte als uneingeschränkt oder eingeschränkt vergleichbar qualifiziert werden. Wenn mehrere Fremdvergleichswerte identifiziert werden und diese uneingeschränkt vergleichbar sind, ist aus § 1 Abs. 3 Satz 3 im Umkehrschluss ableitbar, dass die so ermittelte Bandbreite von dem Stpfl. vollumfänglich ausgeschöpft werden kann. Der Stpfl. darf also den aus seiner Sicht vorteilhaftesten Wert als Verrechnungspreis ansetzen. Diese Regelung stellt allerdings auch eine Selbstverständlichkeit dar: Wenn der Stpfl. darlegen kann, dass solche Preise oder Margen auch von fremden Dritten bei vergleichbaren Verhältnissen erzielt wurden, ist deren Ansatz als Verrechnungspreis ein der (wirtschaftlichen) Logik folgender Schritt. Die Möglichkeit, die gesamte ermittelte Bandbreite bei uneingeschränkter Vergleichbarkeit auszuschöpfen, wird auch von der OECD anerkannt und sollte damit internationale Gültigkeit haben.[14]

 

Rz. 816

[Autor/Stand] Eingeschränkte Vergleichbarkeit. Für den Fall, dass die durch einen tatsächlichen Fremdvergleich ermittelten Werte nur eingeschränkt vergleichbar sind – wobei die Konkretisierung der eingeschränkten Vergleichbarkeit im Zweifelsfall strittig sein mag ...

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