Rz. 1491

[Autor/Stand] Voraussetzungen einer vGA. Nach der Rspr. des BFH ist für die Frage, ob eine vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG anzunehmen ist, in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung auf einen Fremdvergleich abzustellen. Der Fremdvergleich findet dabei seine Konkretisierung in der sog. "Theorie des doppelten ordentlichen Geschäftsleiters ".[2] Vor diesem Hintergrund stellt sich in Bezug auf den in Anm. 1490 dargestellten Sachverhalt die Frage, ob zwei ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter der M-Inc. und der V-GmbH im Rahmen der Kündigung des Vertriebsvertrags bei gleichzeitigem Abschluss des Kommissionärsvertrags einen Ausgleichs- oder sonstigen Entschädigungsanspruch vereinbart hätten.

 

Rz. 1492

[Autor/Stand] Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB. Grundsätzlich kennt das deutsche Recht keine Rechtsgrundlage für einen Ausgleichsanspruch eines Eigenhändlers im Fall der Kündigung des Vertriebsvertrags durch das Prinzipalunternehmen (hier: M-Inc.). Nach der st.Rspr. des BGH ist jedoch § 89b HGB, der bei der Vertragsbeendigung einen Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters gegenüber seinem Prinzipal für den durch den Handelsvertreter geworbenen Kundenstamm vorsieht, analog bei einem Eigenhändler anzuwenden.[4] Die Rechtsfolge des Ausgleichsanspruchs gem. § 89b HGB tritt bei einem Eigenhändler nach Auffassung des BGH allerdings nur dann ein, wenn

  • zwischen dem Hersteller und dem Eigenhändler ein Rechtsverhältnis besteht, das sich nicht in einer bloßen Verkäufer/Käufer-Beziehung erschöpft, sondern den Eigenhändler auf Grund vertraglicher Regelungen so in die Absatzorganisation des Herstellers eingliedert, dass er wirtschaftlich betrachtet in erheblichem Umfang Aufgaben übernimmt, die mit denen des Handelsvertreters vergleichbar sind, und er weisungsgebunden ist[5] und
  • der Vertragshändler vertraglich verpflichtet ist, dem Hersteller die Kundendaten mitzuteilen, so dass dieser in der Lage ist, die Daten sofort und unmittelbar für eigene Zwecke zu nutzen.
 

Rz. 1493

[Autor/Stand] Überlassung eines Kundenstamms. Vor diesem Hintergrund ist die Anwendung des § 89b HGB bei einem Eigenhändler nur dann möglich, wenn bei Vertragsende eine Verpflichtung des Eigenhändlers zur Überlassung des von ihm geworbenen Kundenstamms an das Prinzipalunternehmen besteht und davon auszugehen ist, dass das Prinzipalunternehmen die Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne weiteres nutzen kann.[7] In Bezug auf den in Anm. 1490 dargestellten Sachverhalt ist hingegen davon auszugehen, dass die V-GmbH auch nach ihrer Funktionsabschmelzung auf einen Kommissionär alle bisherigen Kundenbeziehungen aufrechterhält bzw. fortführt. Demnach geht ihr Kundenstamm nicht auf die M-Inc. über, sondern wird auch weiterhin von der V-GmbH – nunmehr in ihrer Funktion als Kommissionär – genutzt. Insoweit wird das bestehende Vertriebsverhältnis nicht vollständig beendet, sondern nur in seiner Struktur verändert. Da letztlich alle Kunden bei der V-GmbH verbleiben und von dieser weiterhin betreut werden, scheidet im Rahmen der Funktionsabschmelzung der V-GmbH ein Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB aus.[8]

 

Rz. 1494

[Autor/Stand] Entschädigungsanspruch für einen "entgangenen Gewinn". Kommt insofern eine vGA der V-GmbH in Bezug auf einen Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB nicht in Betracht, könnte sich eine solche aus einem möglichen Verzicht der V-GmbH auf einen Entschädigungsanspruch für einen "entgangenen Gewinn" i.S. einer entgangenen Geschäftschance[10] ergeben. Dies deswegen, weil der Gewinn des Kommissionärs auf Grund seiner reduzierten Funktionen (zB keine Lagerhaltung ab dem 1.2.2010) und Risiken (zB Verkauf auf Rechnung der M-Inc.) geringer ist, als der des Eigenhändlers. Allerdings geht die Verminderung der Gewinne bei der V-GmbH mit einer Verringerung der durch sie ausgeübten Funktionen (zB keine Lagerhaltung) und der von ihr getragenen Risiken (zB Forderungsverluste, Lagerhaltungsrisiko, Garantieleistungen etc.) einher. Vor diesem Hintergrund steht der verminderten Gewinnchance eine äquivalente Minderung der Funktionen und Risiken der V-GmbH gegenüber, so dass für einen Entschädigungsanspruch der V-GmbH gegenüber der M-Inc. auf Grund geminderter Gewinnerzielungsmöglichkeiten kein Raum bleibt.[11]

 

Rz. 1495

[Autor/Stand] Keine vGA im Ausgangssachverhalt. Im Ergebnis kommt daher im Ausgangssachverhalt eine vGA der V-GmbH an die M-Inc. nicht in Betracht. Auch eine Anwendung des Gedankens einer Übertragung eines Transferpakets mit Gewinnpotential i.S. des § 1 Abs. 3 Satz 9 scheidet aus. Denn ein solcher Ansatz ist der Definition der vGA, die jeweils auf eine einzelne Transaktion zwischen Gesellschaft (hier: V-GmbH) und ihrem Gesellschafter (hier: M-Inc.) abstellt, fremd.

[Autor/Stand] Autor: Ditz/Greinert, Stand: 01.03.2016

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