Rz. 1649

[Autor/Stand] Grundformen des Vertriebs. Für die Wahrnehmung von Vertriebsfunktionen[2] kommen grundsätzlich die folgenden Formen in Betracht (Anm. 586)[3]:

  • Eigenhändler (Vertrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung),
  • Kommissionär (Vertrieb im eigenen Namen und auf fremde Rechnung),
  • Handelsvertreter (Tätigkeit im fremden Namen und auf fremde Rechnung).
 

Rz. 1650

[Autor/Stand] Eigenhändler als "Fully-fledged Distributor". Der Eigenhändler übt im Grundmodell die volle Vertriebsfunktion aus (sog. "Fully-fledged Distributor"). Dabei erwirbt er von dem konzerninternen oder -externen Lieferanten (zB verbundene Produktionsgesellschaft) das Eigentum an der Ware und verkauft diese im eigenen Namen und auf eigene Rechnung an seine Kunden. Damit trägt er sowohl die Lager- und Absatzrisiken des Vertriebs als auch das Risiko des zufälligen Untergangs des Produktes vor dem Verkauf der Ware.[5] Ferner verfügt er über weitgehende Dispositionsbefugnisse hinsichtlich der Ausgestaltung seiner Vertriebspolitik. Diese betreffen bspw. die Bestimmung der Preispolitik, die Auswahl von lokalen Vertriebspartnern sowie die Durchführung eigener Werbekampagnen bzw. eigener Marktforschung. Die durch den Eigenhändler übernommenen Risiken korrespondieren idR mit den durch ihn ausgeübten Funktionen.[6] So ist davon auszugehen, dass er neben den Vorrats-, Gewährleistungs- und Auslastungsrisiken des Vertriebs auch das Forderungsausfallrisiko sowie das Risiko fehlgeschlagener Geschäftsstrategien zu verantworten hat. Ein wesentliches Risiko des Eigenhändlers ist dabei das Risiko zurückgehender Umsätze, die bei gleichbleibenden Fixkosten zu Verlustrisiken führen können.

 

Rz. 1651

[Autor/Stand] Eigenhändler als "Low-Risk-Distributor". Neben dem in vorstehender Anm. 1650 dargestellten "Fully-fledged Distributor" existiert mit dem "Low-Risk-Distributor" ein weiteres Eigenhändlermodell. Diese Variante des Eigenhändlermodells unterscheidet sich hinsichtlich des Umfangs der vom Eigenhändler übernommen Funktionen und Risiken, wobei der Funktions- und Risikoumfang des "Low-Risk-Distributor" wesentlich geringer ist als der des "Fully-fledged Distributor".[8] Der "Low-Risk-Distributor" ist dadurch gekennzeichnet, dass er nur geringe vertriebstypische Funktionen ausübt (neben der Akquisition und Auftragsbearbeitung erfolgt zB keine Lagerhaltung, keine Warenverteilung, kein Kundendienst, keine Marktforschung und kein Marketing; ferner fehlt die Entscheidungskompetenz hinsichtlich der Preispolitik) und folglich auch über keine wesentlichen unternehmerischen Risiken verfügt. Darüber hinaus ist er häufig nicht Eigentümer des Kundenstamms und folglich als sog. Routineunternehmen einzustufen (Anm. 617 f.).[9] Einzelheiten des Funktions- und Risikoprofils der unterschiedlichen Ausprägungsformen des Eigenhändlermodells werden tabellarisch in Anm. 1654 dargestellt.

 

Rz. 1652

[Autor/Stand] Kommissionär. Im Gegensatz zum Eigenhändler wird der Kommissionär[11] nach dem gesetzlichen Grundmodell des § 383 HGB kein Eigentümer der Kommissionsgüter.[12] Vom Eigenhändler unterscheidet sich der Kommissionär infolgedessen in seinem reduzierten Funktionsumfang. Dieser resultiert insb. daraus, dass der Kommissionär zwar nach außen im eigenen Namen auftritt, im Innenverhältnis jedoch auf Rechnung des Prinzipals tätig wird. Vor diesem Hintergrund beschränkt sich der Funktionsumfang des Kommissionärs auf die Akquisition der Kunden, die Auftragsbearbeitung sowie ggf. auf die Durchführung des Kundendienstes, der regionalen Werbung und des Inkassos. Letztlich trägt er damit im Vergleich zum Eigenhändler (verstanden als "Fully-fledged Distributor") ein geringeres Vertriebsrisiko, so dass ihm ein entsprechend geringerer Vertriebsgewinn zusteht. Mithin ist damit der Kommissionär nach Auffassung der Finanzverwaltung als Routineunternehmen zu qualifizieren.[13] Der Kommissionär begründet keine Vertreterbetriebsstätte i.S. des Art. 5 Abs. 5 und 6 OECD-MA.[14]

 

Rz. 1653

[Autor/Stand] Handelsvertreter. Als Handelsvertreter ist nach seiner gesetzlichen Definition gem. § 84 Abs. 1 HGB derjenige zu verstehen, der als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Er agiert somit sowohl in fremdem Namen als auch für fremde Rechnung. Im Ergebnis erbringt der Handelsvertreter eine Vermittlungsleistung und wird nicht Vertragspartei des zwischen seinem Prinzipal und dem Endkunden zustande kommenden Vertrags. Im Rahmen der Ausübung der Vertriebsfunktion ist damit der Handelsvertreter die funktionsschwächste und risikoärmste Alternative, da er neben der Akquisition von Kunden und der Auftragsbearbeitung keine zusätzlichen Funktionen ausübt. Der Handelsvertreter kann u.U. eine Vertreterbetriebsstätte i.S. des Art. 5 Abs. 5 und 6 OECD-MA seines Prinzipals begründen.[16]

 

Rz. 1654

[Autor/Stand] Tabellarische Zusammenfassung der Funktions- und Risikoanalyse im Vertriebsbereich. Die von einer Vertrieb...

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