Eine Betriebsstätte,

  1. die Teil eines Versicherungsunternehmens im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder Teil eines Versicherungsunternehmens im Sinne des ausländischen Versicherungsaufsichtsrechts ist und
  2. die Versicherungsgeschäfte betreibt

ist eine Versicherungsbetriebsstätte, für die die §§ 1 bis 17 gelten, soweit in diesem Abschnitt keine abweichende Regelung getroffen wird.

 

Rz. 3501

[Autor/Stand] OECD-Betriebsstättenbericht. Der dritte Abschnitt der BsGaV enthält Sonderregelungen für Versicherungsbetriebsstätten. Auch die Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze aus dem Jahr 1999[2] enthielten bereits spezifische Regelungen für Versicherungsbetriebsstätten, die jedoch noch nicht auf der Selbstständigkeitsfiktion des AOA beruhten. Auf OECD-Ebene war bereits in den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien aus dem Jahr 1995 angekündigt worden, dass weitere Arbeiten zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten erfolgen würden. Erst zehn Jahre später, im Juni 2005, wurde von der OECD schließlich ein erster Diskussionsentwurf zur Anwendung des AOA auf Versicherungsbetriebsstätten veröffentlicht, nachdem in den Jahren zuvor Diskussionsentwürfe zum AOA für Betriebsstätten im Allgemeinen, zu Bankbetriebsstätten und zu Betriebsstätten im Bereich Global Trading von der OECD erstellt worden waren. Im August 2007 folgte ein überarbeiteter Entwurf zu Versicherungsbetriebsstätten, bevor im Juli 2008 schließlich alle vier Themen in einem finalen Bericht zusammengefasst wurden (OECD Report on the Attribution of Profits to Permanent Establishments v. 17.7.2008). Der Bericht wurde 2010 geringfügig angepasst, um Referenzen zum Abkommenstext zu Art. 7 OECD-MA aus den Jahren vor 2010 und damit vor der Umsetzung des AOA in Art. 7 OECD-MA 2010 zu beseitigen. In Teil IV des OECD-Betriebsstättenberichts 2010[3] ist nun die finale Fassung der Sonderregelungen zur Anwendung des AOA auf Versicherungsbetriebsstätten unter der Neufassung von Art. 7 OECD-MA aus dem Jahr 2010 enthalten.[4] Auf diesen Bericht und die Sondervorschriften für die Versicherungsbranche nimmt ausweislich der Verordnungsbegründung auch die BsGaV Bezug.[5] Ziel des Verordnungsgebers ist dabei, den OECD-Betriebsstättenbericht 2010 auch auf nationaler Ebene umzusetzen, so dass international die Betriebsstättenbesteuerung an einem einheitlichen Standard, dem Fremdvergleichsgrundsatz, ausgerichtet wird.[6]

 

Rz. 3502

[Autor/Stand] Branchenspezifische Sonderregelungen. Grundsätzlich sind die allgemeinen Regelungen des OECD-Betriebsstättenberichts nach Einführung des AOA in Art. 7 OECD-MA 2010 und der entsprechenden Umsetzung auf nationaler Ebene in § 1 Abs. 5 AStG auf alle Branchen und Unternehmen anzuwenden. So sind für die steuerliche Fiktion der Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Betriebsstätte dieser die Personalfunktionen zuzuordnen, die durch sie ausgeübt werden, die Vermögenswerte, die sie zur Ausübung der Personalfunktionen benötigt, die Chancen und Risiken, die sie aufgrund der Personalfunktionen und Vermögenswerte übernimmt, sowie ein angemessenes Dotationskapital. Die getrennte Betrachtungsweise der Zuordnung der Vermögenswerte einerseits und der Chancen und Risiken andererseits ist jedoch nicht für alle Branchen in gleicher Weise sinnvoll. So besteht im Fall finanzieller Vermögenswerte von Finanzunternehmen ein direkter Zusammenhang zwischen diesen Vermögenswerten und den Chancen und Risiken des Unternehmens, da in der Regel dieselben Personalfunktionen sowohl für die Übernahme von Risiken als auch für das wirtschaftliche Eigentum an den Vermögenswerten zuständig sind. Dies betrifft insbesondere Bankdarlehen bei Bankinstituten, Finanzprodukte von Unternehmen im Bereich des Global Trading sowie das Kapitalanlagevermögen zur Deckung von Eigenkapital und Rückstellungen in der Versicherungsbranche. Für diese Branchen wurden von der OECD deshalb gesonderte Regelungen zur Anwendung des AOA erarbeitet. Anstelle der wesentlichen Personalfunktion (significant people function) als zentraler Ausgangspunkt für die Gewinnaufteilung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte wird dabei der Begriff der unternehmerischen Risikoübernahmefunktion (key entrepreneurial risk-taking function, KERT function) verwendet, der den Zusammenhang zwischen Vermögenswerten und Risiken noch deutlicher macht.[8]

 

Rz. 3503

[Autor/Stand] Übersicht über die §§ 2329 BsGaV. Liegt eine Versicherungsbetriebsstätte nach der Definition des § 23 BsGaV vor, sind vorrangig die Sondervorschriften der §§ 2429 BsGaV zur Ermittlung des Betriebsstättengewinns anzuwenden, die weitgehend auf Teil IV des OECD-Betriebsstättenberichts beruhen. Dies betrifft sowohl inländische Versicherungsbetriebsstätten ausländischer Versicherungsunternehmen als auch ausländische Versicherungsbetriebsstätten inländischer Versicherungsunternehmen. Die Sonderregelungen beziehen sich insbesondere auf die erste Stufe der Betriebsstättengewinnermittlung, die Zuordnung von Personalfu...

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