a) Ursächlichkeit zwischen tatsächlicher wirtschaftlicher Tätigkeit und Einkünften

... Der tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft sind nur Einkünfte der Gesellschaft zuzuordnen, die durch diese Tätigkeit erzielt werden ...

 

Rz. 561

[Autor/Stand] Regelungszweck. Nach § 8 Abs. 2 Satz 5 Halbs. 1 sollen der tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft nur diejenigen Einkünfte zugeordnet werden können, die durch diese Tätigkeit erzielt werden.[2] Was damit gemeint ist, ergibt sich aus dem in der Gesetzesbegründung hierzu enthaltenen Beispiel:

"Der inländische Konzern A betreibt im EU-Mitgliedstaat C ein Dienstleistungszentrum in der Form einer Tochtergesellschaft. Die Tochtergesellschaft verfügt zur Ausübung ihrer Tätigkeit über Büroräume und eigenes – einschließlich geschäftsleitendes – Personal. Die Funktion der Tochtergesellschaft ist auf reine Verwaltungstätigkeiten beschränkt, wie zB Buchführung, Rechnungserstellung, Debitorenüberwachung. Die Gesellschaft erhält für diese Tätigkeit eine Kostenaufschlagsvergütung. Darüber hinaus stellt die inländische Konzernmuttergesellschaft der Tochtergesellschaft Geldmittel als Eigenkapital zur Verfügung, die dazu bestimmt sind, nach näherer Weisung der Muttergesellschaft als verzinsliche Darlehen an andere Gesellschaften der Gruppe weitergeleitet zu werden. Insoweit erschöpft sich die Tätigkeit der Gesellschaft in der Weiterleitung der Geldmittel und der damit zusammenhängenden Verwaltung."[3]

Die Gesetzesbegründung löst den Fall so, dass die auf cost-plus-Basis erfolgende Verwaltungstätigkeit zwar eine tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit iS von § 8 Abs. 2 Satz 1 darstellt, die Finanzierungseinkünfte indes nicht im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit stehen und deshalb für diese Einkünfte der Gegenbeweis nicht erbracht werden kann. Die Begründung dafür wird man darin sehen müssen, dass die ausländische Gesellschaft das erhaltene Kapital auf Weisung der Muttergesellschaft ohne eigene Entscheidungskompetenz schlicht weiterreicht. Sie erscheint damit – um die strafrechtliche Rechtsfigur des mittelbaren Täters fruchtbar zu machen – als ein bloßes (undoloses) Werkzeug in der Hand der Muttergesellschaft als Täter. So wie dem (undolosen) Werkzeug im Strafrecht nicht die Tat zugerechnet wird, sondern dem dahinter stehenden Täter, will § 8 Abs. 2 Satz 5 nicht der (insoweit) entscheidungslosen ausländischen Gesellschaft eine Handlung der Muttergesellschaft zurechnen. Das Gesetz bringt damit einerseits einen steuerlichen Zurechnungsgedanken zum Ausdruck: Der ausländischen Gesellschaft soll der Gegenbeweis nur für diejenigen Einkünfte offen stehen, die einer eigenen tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Andererseits stellt § 8 Abs. 2 Satz 5 die bereits an mehreren Stellen des Gesetzes zum Ausdruck gebrachte segmentierende Betrachtung nach einzelnen Tätigkeiten bzw. Einkünften nochmals klar.[4]

 

Rz. 562

[Autor/Stand] Wann sind Einkünfte einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit zuzuordnen? Die entscheidende Frage ist allerdings die, wann Einkünfte der ausländischen Gesellschaft einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit zuzuordnen sind. Das Gesetz beantwortet diese Frage dahin, dass die Einkünfte "durch diese Tätigkeit erzielt werden" müssen. Die Formulierung "durch" wird man so verstehen können, dass die Einkünfte ursächlich aufgrund (irgend-) einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft erzielt werden.[6] Ursächlichkeit wird häufig mit Kausalität (von lat. causa = Ursache) gleichgesetzt. Umgangssprachlich ist das Ereignis A die Ursache einer Wirkung B, wenn A der Grund ist, der B herbeiführt. Rechtlich ist die Ursächlichkeit einer Tätigkeit nach der conditio-sine-qua-non-Formel gegeben, wenn die Tätigkeit nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.[7] Diese Formel ist im vorliegenden Kontext aber nur eingeschränkt brauchbar, weil sie zu einer uferlosen Zurechnung von Einkünften führen würde. Vielmehr ist in Anlehnung an die Lehre von der objektiven Zurechnung neben der Kausalität darauf abzustellen, welche spezifische Handlung sich in dem konkreten tatbestandsmäßigen Erfolg (= Einkünfte) verwirklicht hat.[8] Das ist im Rahmen einer wertenden Betrachtung dahingehend zu ermitteln, auf welche Handlung sich die Einkünfte unmittelbar (und nicht mittelbar iS einer weiten Kausalität) zurückführen lassen. Im Beispiel der Gesetzesbegründung ist es die Weisung der Muttergesellschaft zur Weitergabe der Finanzierungsmittel und nicht die Weitergabe durch die Tochtergesellschaft. Deutlich wird die Notwendigkeit dieser Abgrenzung auch anhand der Problematik des diskutierten[9]"schädlichen Outsourcing".[10] Übt die ausländische Gesellschaft ihre wirtschaftliche Kernfunktion nicht selbst aus, sondern überträgt sie diese auf einen Dritten, dann lassen sich die von dem Dritten erzielten Einkünfte zwar kausal auf eine Handlung der Gesellschaft zurückführen (nämlich den Übertragungsakt), bei wertender Betrachtung hat man jedoch zu konstatieren, dass ...

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