Rz. 221

[Autor/Stand] Funktion. Außer durch den abstrakten Belastungsvergleich (Rz. 163 ff.) wird eine niedrige Besteuerung auch dadurch indiziert (unter Vorbehalt des Gegenbeweises durch konkreten Belastungsvergleich, vgl. Rz. 161, 191), dass die Einkommensteuerbelastung des betroffenen Stpfl. in dem ausländischen Wohnsitzstaat aufgrund einer gegenüber der allgemeinen Besteuerung eingeräumten Vorzugsbesteuerung erheblich gemindert sein kann (§ 2 Abs. 2 Nr. 2). Diese alternative Kategorie einer "niedrigen Besteuerung" stellt nicht auf den Vergleich zwischen der in- und ausländischen Steuerlastquote ab. Maßgeblich ist, dass in der Steuerrechtsordnung des ausländischen Gebiets ein besonderes günstiges Steuerregime neben der allgemeinen Besteuerung existiert.

„oder

  2. die Belastung der Person durch die in dem ausländischen Gebiet erhobene Einkommensteuer ...”
 

Rz. 222

[Autor/Stand] Parallele Formulierung zu Abs. 2 Nr. 1. Die Formulierung entspricht der unter Nr. 1. Die dort beschriebene Auslegung gilt auch hier (vgl. Rz. 163 f.).

"... auf Grund einer gegenüber der allgemeinen Besteuerung eingeräumten Vorzugsbesteuerung ..."

 

Rz. 223

[Autor/Stand] Vorzugsbesteuerung. Unter einer Vorzugsbesteuerung ist nach dem Wortsinn die Existenz einer Steuervergünstigung jeder Art gegenüber der in diesem ausländischen Gebiet sonst üblichen Besteuerung zu verstehen.[4] Dabei kann die Vergünstigung sowohl die Bemessungsgrundlage als auch den Steuersatz betreffen und sowohl generell abstrakt gesetzlich verankert sein als auch auf individueller Abmachung zwischen Stpfl. und Steuergläubiger (Steuerverträge) beruhen. In dieser Weite ist das Merkmal allerdings wenig aussagekräftig, enthält doch praktisch jede Einkommensteuerrechtsordnung gewisse Ermäßigungen oder Begünstigungen, auch die deutsche, wie ein Blick auf § 32d EStG oder § 34 EStG zeigt. Dies macht die Vorschrift aber nicht wegen Unbestimmtheit verfassungswidrig.[5] Die notwendige Konkretisierung erfolgt aus der Abgrenzung von der im fraglichen Gebiet geltenden "allgemeinen Besteuerung": Die Vorzugsbesteuerung i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 muss sich von der im ausländischen Gebiet für jedermann geltenden Belastung abheben.[6] Diese Bedingung erfüllen Begünstigungen nicht, die von sachlichen Kriterien, wie die Privilegierung von bestimmten Einkunftsarten gegenüber anderen oder von Veräußerungsgewinnen gegenüber laufenden Bezügen, abhängen. Aber auch an persönliche Merkmale anknüpfende Begünstigungen begründen noch keine Vorzugsbesteuerung, wenn diese prinzipiell von jedem im fraglichen Gebiet ansässigen Stpfl. erfüllbar sind, wie etwa das Erreichen eines bestimmten Alters.[7] Selbst wenn also die fragliche Steuerrechtsordnung Personen oberhalb einer bestimmten Altersschwelle generell von der Steuer befreien sollte, ist dies Teil der "allgemeinen Besteuerung". Ein Vorzugsregime nach Abs. 2 Nr. 2 liegt erst dann vor, wenn es von einem persönlichen Merkmal abhängt, das der im fraglichen Gebiet ansässige "Jedermann" typischerweise nicht erfüllt, sondern nur der Einwanderer bzw. eine ihm gleichzustellende Person.[8] Beispiele dafür sind die erstmalige Gebietsansässigkeit des Stpfl. oder auch die Begründung der Gebietsansässigkeit nach einer definierten Zeit der Gebietsabwesenheit, eine ausländische Staatsangehörigkeit des Stpfl. oder ein vergleichbares Kriterium, das eine im Vergleich zum "Jedermann" gelockerte personale Verbundenheit des Stpfl. mit der Steuerhoheit zum Ausdruck bringt. Jenseits dieser spezifischen, aber generell-abstrakt formulierten Merkmale wird man die in einer Rechtsordnung eröffneten Möglichkeit zum Abschluss von individuellen Steuerverträgen per se als eine Vorzugsbesteuerung ansehen müssen. Denn weshalb sollte ein Stpfl. davon Gebrauch machen, wenn nicht deshalb, um seine Steuerlast gegenüber der "allgemeinen Besteuerung" zu senken. Gleiches gilt erst recht, wenn Privilegien durch schlichtes Verwaltungshandeln gewährt werden.[9]

 

Rz. 223.1

[Autor/Stand] Auffassung der Finanzverwaltung. Die in Tz. 2.2.2 Nr. 2 des Anwendungsschreibens niedergelegte Verwaltungsauffassung ist teilweise zu weit. Sie zielt zwar insoweit in die richtige Richtung, als sie Begünstigungen mit sehr unterschiedlichem Charakter für ausreichend hält, um eine Vorzugsbesteuerung zu begründen. Sie beachtet aber nicht an allen Stellen hinreichend die notwendige Eingrenzung dieses Merkmals auf Begünstigungen, die auf eine von der Allgemeinheit im ausländischen Gebiet nach bestimmten persönlichen Merkmalen abgrenzbare Personengruppe beschränkt sind:[11] Diese Kritik trifft nicht den 1. Spiegelstrich von Tz. 2.2.2 Nr. 2 des Anwendungsschreibens. Die Steuerfreiheit des Einwanderers bzw. wesentlicher Teile seines Einkommens (vgl. Satz 3 v. Tz. 2.2.2 Nr. 2) beschreibt in gewisser Weise den Archetypus der Vorzugsbesteuerung, dass nämlich Einkünfte des Zuziehenden, die außerhalb des Ansässigkeitsgebiets erzielt werden, nicht besteuert werden, wie dies in Portugal für bestimmte Einkünfte aus Kapitalvermögen, ...

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