Rz. 2300

[Autor/Stand] Auffassung der Rechtsprechung. Es bestehen ernstliche Zweifel, ob § 1 mit der europarechtlichen Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) und Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) vereinbar ist.[2] Auch die h.M. der Literatur geht von einer Europarechtswidrigkeit des § 1 aus.[3] Schließlich hat auch das FG Düsseldorf die Europarechtskonformität von § 1 verneint.[4] Danach verstößt § 1 gegen die Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit, indem die Vorschrift die Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft im Vergleich zu einer Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft benachteiligt. Soweit die Finanzverwaltung den Abzug von Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen an ausländische Tochtergesellschaften bis einschließlich VZ 2007 nach § 1 außerbilanziell korrigiert, führt dies zu einer europarechtswidrigen Benachteiligung ausländischer Sachverhalte im Vergleich zu den nationalen Fällen.[5] Denn auf Darlehensgewährungen an inländische Tochtergesellschaften findet das Abzugsverbot gem. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG a.F. nach dem BFH-Urteil v. 14.1.2009[6] keine Anwendung. Es besteht keine Rechtfertigung, diesbezüglich Inlands- und Auslandsfälle unterschiedlich zu behandeln. Daran ändert auch das Urteil des BFH v. 25.6.2014[7] sowie die nachfolgend dargestellte Entscheidung des EuGH in der Rechtssache SGI[8] nichts, auf die sich der BFH in seinem Urteil stützt.

 

Rz. 2301

[Autor/Stand] Entscheidung des EuGH in der Rechtssache SGI . Der EuGH sieht in seiner Entscheidung v. 21.1.2010 in der Rechtssache SGI in der Anwendung der belgischen Vorschrift, die sich wie § 1 nur auf grenzüberschreitende Sachverhalte bezieht, eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit. Diese Beschränkung sei allerdings gerechtfertigt. Dabei werden zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung einerseits die Notwendigkeit einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten und andererseits die Vermeidung von Steuerumgehungen angeführt. Ein Absehen von der Besteuerung solcher außergewöhnlichen und unentgeltlichen Vorteile würde die Gefahr der Verlagerung von in Belgien erwirtschafteten Gewinnen in Niedrigsteuerländer mit sich bringen. Im Ergebnis gelangt daher der EuGH aus der Zusammenschau der beiden vorgenannten Rechtfertigungsgründe zu der Auffassung, dass die entsprechende belgische Vorschrift den Gründen des Gemeininteresses entspricht und zur Zielerreichung geeignet ist.[10] Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung hat der EuGH auf folgende Bedingungen hingewiesen, die zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfüllt sein müssen:[11]

  Die nationale Regelung muss eine Prüfung objektiver und nachprüfbarer Umstände vorsehen, damit festgestellt werden kann, ob ein geschäftlicher Vorgang eine rein künstliche Konstruktion zu steuerlichen Zwecken darstellt.[12] Dabei wird der Fremdvergleichsgrundsatz durch den EuGH als "objektives, für Dritte nachprüfbares Kriterium"[13] bezeichnet, anhand dessen festgestellt werden kann, ob eine rein künstliche Konstruktion zu steuerlichen Zwecken vorliegt oder nicht.
  Ferner muss dem Stpfl. Gelegenheit gegeben werden, wirtschaftliche Gründe für den Abschluss des beanstandeten Geschäfts nachzuweisen. Auch ein Abweichen vom Fremdvergleichsgrundsatz führt damit nicht zwangsläufig zu einer Verrechnungspreiskorrektur, sofern die Preisfindung gleichwohl von außersteuerlichen Erwägungen getragen wird.[14]
  Schließlich darf eine Einkünftekorrektur auf Grund unangemessener Verrechnungspreise nur insoweit durchgeführt werden, als das zu Lasten des nationalen Fiskus vereinbarte Entgelt nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht.
 

Rz. 2302

[Autor/Stand] BFH-Urteil v. 25.6.2014. In diesem Sinne hat auch der BFH in seinem Urteil v. 25.6.2014[16] zu § 1 entschieden. Der BFH hält die Auslegung des § 1, die dazu führt, dass bei unverzinsten oder zu niedrig verzinsten Darlehensgewährungen über die Grenze zwischen verbundenen Unternehmen beim Darlehensgeber die fremdüblichen Zinsen den Einkünften hinzugerechnet werden, für unionsrechtskonform. Denn die Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit sei als Maßnahme zur Wahrung der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Mitgliedstaaten gerechtfertigt; allerdings nur insoweit sie i.S. des EuGH-Urteils in der Rechtssache SGI[17] verhältnismäßig ist.

 

Rz. 2303

[Autor/Stand] Verstoß gegen Europarecht. Im Ergebnis sieht der EuGH eine grenzüberschreitende Einkünftekorrektur auf Grund unangemessener Verrechnungspreise bei der Gewährung von unentgeltlichen oder außergewöhnlichen Vorteilen als grundsätzlich zulässig an. Um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu entsprechen, unterliegt die Einkünftekorrektur jedoch Einschränkungen.[19] Vertreter der Finanzverwaltung ziehen aus der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache SGI[20] die Schlussfolgerung, dass es sich bei § 1 um eine "zur Wahrung einer international ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsrechte und zur Verhütung von Steuerumg...

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