Rz. 211

[Autor/Stand] Früher: Gestaltungsmittel der Wahl. Die vor einem Wegzug vollzogene – steuerneutral mögliche[2] – Einlage einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung i.S.v. § 17 EStG in eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG i.S.v. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (sog. Gepräge-KG) war bis etwa Anfang 2010 das gängige Mittel zur Vermeidung der Anwendung von § 6.[3] Dies galt nicht nur für Wegzüge in einen Nicht-DBA-Staat (dazu noch Rz. 214), sondern insbesondere für Wegzüge in einen DBA-Staat. Die Finanzverwaltung erkannte bei einem anschließenden Wegzug in einen DBA-Staat weder vor dem Hintergrund der – vom BFH später aufgegebenen – finalen Entnahmetheorie[4] noch auf Basis des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG[5] eine Beschränkung bzw. einen Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts an den Veräußerungsgewinnen, da die gewerbliche Prägung auf das Abkommensrecht und insbesondere auf die abkommensrechtlichen Betriebsstättenvorbehalte durchschlage.[6] Entsprechende Steuerveranlagungen wurden bestandskräftig, teilweise begleitet durch verbindliche Auskünfte, die die Nichtentstrickung bindend bestätigten.[7]

 

Rz. 212

[Autor/Stand] Heute: Gestaltungsmittel nur noch in Ausnahmefällen. Die Einlage in eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG vor dem Wegzug hat als Gestaltungsmittel heute an Bedeutung verloren. Seit 2010 lehnt der BFH die o.g. Verwaltungsauffassung (s. Rz. 211) ab und verneint bei einer nur gewerblich geprägten Personengesellschaft mangels Erzielung abkommensrechtlicher Unternehmensgewinne bereits deren Eigenschaft als abkommensrechtliche Betriebstätte i.S.v. Art. 5 OECD-MA.[9] Für den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG bedeutet dies, dass der Verlust bzw. die Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts bei Wegzügen in einen DBA-Staat jedenfalls nicht über die einschlägigen Betriebsstättenvorbehalte (Art. 10 Abs. 4 OECD-MA, Art. 13 Abs. 2 OECD-MA) verhindert werden kann. Die Finanzverwaltung schloss sich in 2014 der BFH-Rechtsprechung an[10], worauf sich der Gesetzgeber gezwungen sah, mit § 50i Abs. 1 EStG einen neuen Tatbestand zu schaffen, um drohende Steuerausfälle für Altfälle zu verhindern.[11] Als Gestaltungsmittel zur Vermeidung einer Wegzugsbesteuerung nach § 6 und nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG bzw. § 16 Abs. 3a EStG taugt die Einlage in eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG bei einem Wegzug in einen DBA-Staat (s. Rz. 213) bzw. einen Nicht-DBA-Staat (s. Rz. 214) eher selten.[12]

 

Rz. 213

[Autor/Stand] Wegzug in DBA-Staat. Erfolgt der Wegzug des Mitunternehmers in einen DBA-Staat, ist zu unterscheiden: Nach einem Wegzug mit Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften im Betriebsvermögen der Gepräge-KG werden Gewinne aus der Veräußerung oder aus Gewinnausschüttungen der Kapitalgesellschaft im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht erfasst. Das deutsche Besteuerungsrecht an den Gewinnen aus der Veräußerung der Kapitalgesellschaftsanteile wird abkommensrechtlich aber regelmäßig ausgeschlossen (Art. 13 Abs. 5 OECD-MA), da der Betriebsstättenvorbehalt (Art. 13 Abs. 2 OECD-MA) keine Wirkung entfaltet.[14] In Ausnahmefällen wird bei einem Wegzug des Mitunternehmers in einen DBA-Staat das deutsche Besteuerungsrecht an den Veräußerungsgewinnen zwar nicht ausgeschlossen.[15] In diesem Fall kann aber eine "Beschränkung" des deutschen Besteuerungsrechts bzgl. der "Nutzungen" der Kapitalgesellschaftsanteile in Betracht kommen, da das deutsche Besteuerungsrecht an den Gewinnausschüttungen abkommensrechtlich regelmäßig reduziert wird (Art. 10 Abs. 2 OECD). Insoweit ist offen, ob dies zu einer tatbestandlichen Beschränkung der "Nutzung" der Anteile führt. Hingegen stellt sich hier die Frage einer abstrakten Gefahr einer Steueranrechnung oder eines Steuerabzugs (§ 50 Abs. 3 i.V.m. § 34c Abs. 1 EStG) grds. nicht.[16] Bei einem Wegzug mit Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften im Betriebsvermögen der Gepräge-KG stellt sich zunächst die Frage, ob die Gewinne aus einer späteren Veräußerung oder aus Gewinnausschüttungen der Kapitalgesellschaft im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG[17] erfasst würden. Es müssen die Voraussetzungen für die Annahme einer Betriebsstätte i.S.v. § 12 AO erfüllt sein. Eine solche ist aber selbst bei einer rein vermögensverwaltenden, aber i.S.v. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägten GmbH & Co. KG gegeben, wenn sich die Stätte der Geschäftsleitung (§ 12 Satz 2 Nr. 1 AO), die nicht notwendig eine "feste Geschäftseinrichtung" vermitteln muss, im Inland befindet.[18] Künftige Veräußerungsgewinne bzw. Dividendenausschüttungen müssten zudem dieser Betriebsstätte nach Veranlassungszusammenhängen zugerechnet werden können.[19] Hiermit ist keine tatsächliche Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zu einer im Inland belegenen Betriebsstätte gemeint, sondern es bedarf (nur) einer wirtschaftlichen Veranlassung und der daraus abgeleiteten Zuordnung der Wirtschaftsgüter.[20] Ist § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG tatbestandlich erfüllt, wird das deutsche Besteuerun...

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