Rz. 1660

[Autor/Stand] Geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode als Regelmethode. Vertriebsgesellschaften, die als Low-Risk-Distributor organisiert sind, sind als sog. Routineunternehmen zu qualifizieren.[2] Infolgedessen lässt die Finanzverwaltung die Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode in Low-Risk-Distributor-Modellen explizit zu[3], wenn der Nachweis der (zumindest eingeschränkten) Vergleichbarkeit der – etwa im Rahmen einer Datenbankstudie – ermittelten Vergleichsunternehmen geführt werden kann (vgl. grds. zur geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode Anm. 791 ff.). In der Verrechnungspreispraxis ist die geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode die Regelmethode zur Ermittlung von Verrechnungspreisen bei Low-Risk-Distributors. Dies ist insofern sachgerecht, als der Low-Risk-Distributor nur sehr geringe Markt- und Absatzrisiken trägt und idR über keine zur Leistungserbringung notwendigen wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter verfügt. Daher wird dem Low-Risk-Distributor über die geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode eine relativ geringe, jedoch stabile Gewinnmarge zugeordnet.[4]

 

Rz. 1661

[Autor/Stand] Methodische Vorgehensweise der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode bei Vertriebsgesellschaften. Bei Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode werden die Verrechnungspreise für Lieferungen an die als Low-Risk-Distributor organisierte Vertriebsgesellschaft unter Berücksichtigung angemessener Nettomargen ermittelt. Nettomargen sind dabei zu verstehen als das betriebliche Ergebnis aus einer Transaktion (idR EBIT), das in Bezug zu einer geeigneten Größe (idR Umsatzerlöse) gesetzt wird. Für die Verrechnungspreisermittlung werden die anzusetzenden Nettomargen anhand der Nettomargen abgeleitet, die von unabhängigen Unternehmen mit vergleichbarem Funktions- und Risikoprofil bei vergleichbaren Geschäften ermittelt werden. Typischerweise geschieht dies mittels einer Datenbankstudie.[6] Auf Basis des sich hieraus ergebenden Margenkorridors werden am Jahresbeginn vorläufige Verrechnungspreise festgesetzt. Sofern die – sich bei Anwendung der vorläufigen Verrechnungspreise ergebende – tatsächliche Rendite (idR EBIT/Umsatzerlöse) am Ende des Jahres außerhalb des Zielkorridors liegt, erfolgt eine nachträgliche Korrektur der Verrechnungspreise durch Ausgleichszahlungen (sog. "Adjustment-Payments").[7] Die Ausgleichszahlungen können dabei sowohl in Form von Erstattungen (tatsächliche Rendite des Low-Risk-Distributor liegt unterhalb des Zielkorridors) als auch in Form von Rückzahlungen (tatsächliche Rendite des Low-Risk-Distributors liegt oberhalb des Zielkorridors) geleistet werden. In der Verrechnungspreispraxis läuft dabei die Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode bei einem Low-Risk-Distributor häufig auf eine modifizierte Anwendung der Wiederverkaufspreismethode hinaus. Der besondere Vorteil der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode ist dabei darin zu sehen, dass diese Methode auf eine Nettomarge abstellt, die sich bspw. aus einer Datenbankstudie ableiten lässt. Anpassungsrechnungen in Bezug auf die Kostenbasis – wie sie bei der Wiederverkaufspreismethode idR erforderlich sind – müssen nicht durchgeführt werden. Ein weiterer Vorteil ist darin zu sehen, dass bei Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode eine Zusammenfassung einzelner Transaktionen erfolgen kann. Dies setzt indessen nach Auffassung der Finanzverwaltung voraus, dass die einzelnen Geschäftsvorfälle wirtschaftlich vergleichbar sind und dass der Low-Risk-Distributor in Bezug auf die betrachteten Transaktionen gleichartige Funktionen ausübt.[8] Diese sog. Palettenbetrachtung ist auch von der OECD anerkannt. So sieht Tz. 3.9 OECD-Leitlinien vor, dass Geschäfte, die eng miteinander verbunden sind oder eng aufeinander folgen, nicht auf Basis jedes einzelnen Geschäfts beurteilt werden müssen. Dies betrifft zB sog. "range of closely-linked products (e.g. in a product line)".[9] Derartige Geschäfte sollen unter Anwendung einer geeigneten Verrechnungspreismethode "gemeinsam" beurteilt werden, so dass nicht jede einzelne Transaktion einem Fremdvergleich standhalten muss. Vielmehr ist sicherzustellen, dass für die betrachtete Produktpalette ein angemessener Gesamtpreis vereinbart wird.

 

Rz. 1662

[Autor/Stand] Auswirkungen von Verlustsituationen des Strategieträgers. Wenngleich dem Low-Risk-Distributor im Rahmen der Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode "regelmäßig geringe, aber relativ stabile Gewinne"[11] zuzuordnen sind, kann es bei Verlustsituationen des Strategieträgers notwendig sein, die Gewinnmarge des Low-Risk-Distributors (nach unten) zu korrigieren. Dies soll anhand des folgenden Beispiels dargestellt werden:

 

Beispiel

Die in Frankreich ansässige F-S.A. stellt im Bereich der Automobil-Zulieferer-Industrie Lenksäulen her. Die Lenksäulen werden am Stammsitz der F-S.A. in Paris entwickelt, hergestellt und ua. über die in Deutschland ansäs...

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