a) Geschäftsvorfall

 

Rz. 2730

[Autor/Stand] Begriff. Der Begriff der Geschäftsbeziehung knüpft seit dem AmtshilfeRLUmsG v. 26.6.2013[2] nicht mehr an "schuldrechtliche Beziehungen", sondern an "Geschäftsvorfälle" an, die als "einzelne oder mehrere zusammenhängende wirtschaftlichen Vorgänge" definiert werden. Hintergrund dieser Änderung ist die Umsetzung des von der OECD entwickelten "Authorized OECD Approach" (AOA) in innerstaatliches Recht in § 1 Abs. 5 (vgl. Anm. 2801 ff.) und das Erfordernis, die Beziehungen zwischen dem Stpfl. und seiner Betriebsstätte ebenfalls unter den Begriff der Geschäftsbeziehung zu fassen (vgl. Anm. 2748 ff.). Ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs zum JStG 2013 sollen unter den Begriff der "wirtschaftliche Vorgänge" neben den bisherigen "schuldrechtlichen Beziehungen" auch solche Vorgänge fallen, die "ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter voneinander unabhängiger Unternehmen (Fremdvergleich) schon aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit als schuldrechtliche Beziehung ausgestaltet hätten".[3] Unklar ist allerdings, weshalb der Gesetzgeber hier auch eine Neukonzeption der Geschäftsbeziehung zwischen rechtlich selbständigen nahestehenden Personen vorgenommen hat, anstatt die Vorschrift lediglich hinsichtlich der Beziehungen zwischen dem Unternehmen und seiner Betriebsstätte zu ergänzen.

Was unter einem "wirtschaftlichen Vorgang" konkret zu verstehen ist, bleibt unklar. Nach der Regierungsbegründung soll der Begriff "alle rechtlichen Beziehungen und tatsächlichen Handlungen" umfassen.[4] Diese sehr weitgehende Definition wäre im Ergebnis lediglich über die Negativabgrenzung des Buchst. b (vgl. Anm. 2741 ff.) eingeschränkt; schließlich sind auch vGA oder andere Formen der Einkommensverwendung als "wirtschaftliche Vorgänge" anzusehen (vgl. Anm. 2745).[5] Von den "rechtlichen Beziehungen" sind insbesondere die bisherigen "schuldrechtlichen Beziehungen", darüber hinaus aber auch gesellschaftsrechtliche Beziehungen umfasst.[6] Die "tatsächlichen Handlungen" stellen demgegenüber wohl auf die (fiktiven) Rechtsbeziehungen zwischen einem Unternehmen und seiner Betriebsstätte ab (vgl. Anm. 2748 ff.).[7]

Im Bereich der handelsrechtlichen Bilanzierung wird ein "Geschäftsvorfall" im Schrifttum als ein Ereignis definiert, das eine Veränderung des kaufmännischen Bruttovermögens in Höhe und/oder Struktur zur Folge hat.[8] Betroffen sind damit Vorgänge mit Bezug zu anderen Rechtsträgern, die nach den GoB zu Aufwendungen und Ertrag führen, sowie Vorgänge, die einzelne Bilanzbestandteile betreffen.[9] Auch wenn diese handelsrechtlichen Konkretisierungen zur Auslegung des Begriffs des "wirtschaftlichen Vorgangs" i.S. des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 grundsätzlich zumindest insoweit herangezogen werden können, wie Geschäftsbeziehungen i.S. des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 betroffen sind[10], verbleiben doch weiterhin Rechtsunsicherheiten, was konkret unter einem Geschäftsvorfall zu verstehen ist.[11]

Im Ergebnis sollte die Neudefinition allerdings eher geringe Auswirkungen haben, weil Geschäftsvorfälle, die nicht auf gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen beruhen, ihre Ursache idR in einer schuldrechtlichen Beziehung haben.[12]

 

Rz. 2731

[Autor/Stand] Zusammenfassung von Geschäftsvorfällen. Der Wortlaut von § 1 Abs. 4 Satz 1 nimmt explizit auf "einzelne oder mehrere zusammenhängende wirtschaftliche Vorgänge" Bezug und sieht damit im Grundsatz die Möglichkeit einer Zusammenfassung von mehreren Einzelvorgängen vor. Die Gesetzesbegründung führt dazu aus, dass Verrechnungspreise zwar stets bezogen auf den einzelnen Geschäftsvorfall zu prüfen sind, die Preisermittlung jedoch in bestimmten Fällen unter Einbeziehung anderer Geschäftsvorfälle zu erfolgen hat, wenn „ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter unter vergleichbaren Umständen ebenso verfahren würden”.[14] Auch wenn in der Gesetzesbegründung beispielhaft die Einbeziehung von Geschäftsvorfällen aus anderen Wirtschaftsjahren genannt wird,[15] sind nach dem Wortlaut der Vorschrift auch Geschäftsvorfälle des gleichen Wirtschaftsjahrs einzubeziehen, sofern eine Zusammenfassung dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Demgegenüber fehlt es nach Ansicht von Schnitger gerade hinsichtlich einer Zusammenfassung von Geschäftsvorfällen aus mehreren Jahren an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage, weil § 1 als Einkünftekorrekturvorschrift jeweils nur für den einzelnen Veranlagungszeitraum wirke.[16] Fraglich ist jedenfalls, inwieweit sich die Zusammenfassung von Geschäftsvorfällen nach § 1 Abs. 4 Satz 1 mit dem von der bisherigen Rspr. entwickeltem Rechtsinstitut des Vorteilsausgleichs deckt (vgl. Anm. 2701 ff.). Da Letzteres zumindest eine unmittelbare Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung voraussetzt, die entweder rechtlicher Natur ist oder auf einen Zusammenhang von Rechtsgeschäften zurückgeht, der so eng ist, dass wirtschaftlich von einem einzigen Geschäft auszugehen ist[17], ist der Anwendungsbereich der Zusammenfassung von Geschäfts...

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