Rz. 100

[Autor/Stand] Abschichtung des Besteuerungsverfahrens. § 18 Abs. 1 Satz 1 sieht die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7–14 sowie für die Anwendung von § 3 Nr. 41 EStG vor. Die Vorschrift stellt eine Ausnahme von dem in § 157 Abs. 2 AO niedergelegten Grundsatz dar, dass die sog. Besteuerungsgrundlagen einen unselbständigen Bestandteil des Steuerbescheides darstellen und daher nicht selbständig angefochten werden können. Dieser Grundsatz der verfahrensrechtlichen Einheit dient der Verwaltungskonzentration: Sämtliche für die Steuerfestsetzung relevanten Fragen sollen im Steuerbescheid gebündelt und dort verfahrensrechtlich verbindlich entschieden werden.[2] Die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen stellt eine Ausnahme von diesem Grundsatz dar. Sie führt zu einer Abschichtung des Besteuerungsverfahrens: Hier werden Besteuerungsgrundlagen als Vorstufen einer Steuerfestsetzung in einem eigenen Verfahrensschritt durch Verwaltungsakt gesondert festgestellt und erhalten hierdurch verfahrensrechtliche Selbständigkeit. Sie entfalten als Grundlagenbescheid Bindungswirkung für die hieran anknüpfenden Folgebescheide (insbesondere die Steuerbescheide). Man spricht insoweit von einem "abgestuften Steuerverwaltungsverfahren".[3] Wird die Feststellung mehreren Beteiligten gegenüber einheitlich vorgenommen, spricht man von einheitlicher Feststellung. Besteuerungsgrundlagen sind einheitlich festzusetzen, wenn dies gesetzlich bestimmt ist oder wenn der Gegenstand der Feststellung mehreren Personen zuzurechnen ist (so § 179 Abs. 2 Satz 2 AO).

 

Rz. 101

[Autor/Stand] Verfahrensrechtlicher Gesetzesvorbehalt. Für die Fragen, ob und welche Besteuerungsgrundlagen selbständig festzustellen sind, ist das Enumerationsprinzip zu beachten.[5] Besteuerungsgrundlagen werden nur dann gesondert festgestellt, wenn dies in der AO oder in Einzelsteuergesetzen bestimmt ist (so § 179 Abs. 1 AO). Die Durchbrechung des Grundsatzes der Einheit des Steuerfestsetzungsverfahrens steht daher unter einem verfahrensrechtlichen Vorbehalt des Gesetzes[6], der selbst durch allgemeine Zweckmäßigkeitserwägungen nicht ersetzt werden kann.[7] Entscheidend ist vielmehr, ob die gesonderte Feststellung bestimmter Besteuerungsgrundlagen durch Gesetz angeordnet ist. Ist das Gesetz insoweit nicht eindeutig, ist die Frage durch Auslegung zu ermitteln. Dabei kommt neben dem Wortlaut vor allem dem Zweck der gesetzlichen Regelung besondere Bedeutung zu.[8]

 

Rz. 102

[Autor/Stand] Zweck der Regelung. Mit der in § 18 Abs. 1 angeordneten gesonderten Feststellung werden im Wesentlichen drei Ziele verfolgt. Gesetzgeberisches Ziel ist zunächst die verfahrensrechtliche Verselbstständigung der Entscheidungen über Fragen der Hinzurechnungsbesteuerung und die damit verbundene Abtrennung vom Besteuerungsverfahren.[10] Meinungsverschiedenheiten über die Fragen der Hinzurechnungsbesteuerung sollen vom Veranlagungsverfahren der Stpfl. abgetrennt werden. Darüber hinaus zielt § 18 Abs. 1 auf eine Erleichterung des Besteuerungsverfahrens sowie auf die Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsanwendung ab.[11] Denn insbesondere wenn die für die Hinzurechnungsbesteuerung relevanten Besteuerungsgrundlagen für mehrere Steuerfestsetzungen eines Stpfl. oder für mehrere Stpfl. maßgebend sind, wird durch die gesonderte Feststellung behördliche Mehrfacharbeit (sowohl bei der Sachverhaltsermittlung als auch bei der Rechtsanwendung) vermieden. Überdies wird auf diesem Wege die Gefahr divergierender Entscheidungen in Bezug auf dieselbe Zwischengesellschaft ausgeschlossen.[12]

 

Rz. 103

[Autor/Stand] Möglichkeit "nachrichtlicher" Mitteilungen. Soweit die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gesetzlich angeordnet ist, hat die zuständige Finanzbehörde die Feststellung von Amts wegen durchzuführen (Amtsprinzip).[14] Ein Ermessen besteht im Regelfall nicht. Eine vom Gesetz im Grundsatz geforderte Feststellung darf nur unterbleiben, wenn das Gesetz selbst so eine entsprechende Ausnahme vorsieht.[15] Umgekehrt ist die Verwaltung mit Rücksicht auf das aus § 179 Abs. 1 AO abzuleitende Enumerationsprinzip nicht befugt, ohne entsprechende Ermächtigungsgrundlage Besteuerungsgrundlagen gesondert festzustellen. Eine gesonderte Feststellung muss daher unterbleiben, wenn das Gesetz eine solche Feststellung nicht vorsieht (Befugnisebene).[16] Ist die gesonderte Feststellung bestimmter Besteuerungsgrundlagen gesetzlich nicht vorgesehen, hat die für die Feststellung anderer Besteuerungsgrundlagen zuständige Finanzbehörde jedoch die Möglichkeit, nicht feststellungspflichtige Besteuerungsgrundlagen mit dem Feststellungsbescheid zu verbinden und diese "nachrichtlich" mitzuteilen.[17] Aus verfahrensrechtlicher Sicht stellt eine nachrichtliche Mitteilung keine gesonderte Feststellung dar. Sie ist nicht vom Erklärungswert des Feststellungsbescheides mitumfasst.[18] Bei der nachrichtlichen Mitteilung handelt es sich um eine unverbindliche Information. Sie zielt auf keine Re...

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