Leitsatz

Der Flächenerwerb im Rahmen des Flächenerwerbsprogramms nach § 3 AusglLeistG durch einen Käufer, dem land- oder forstwirtschaftliches Vermögen durch Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen worden ist, ist nicht grunderwerbsteuerfrei.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, § 3, § 6 Abs. 2 AusglLeistG

 

Sachverhalt

Die Klägerin bzw. ihr Rechtsvorgänger hatte durch Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage land- und forstwirtschaftliches Vermögen verloren. Durch notariellen Kaufvertrag vom August 2001 erwarb sie von der BVVG Bodenverwertungs- und Verwaltungs-GmbH einen überwiegend aus Wald bestehenden Grundbesitz aus dem Flächenerwerbsprogramm nach § 3 AusglLeistG. Dafür wurde GrESt gegen sie festgesetzt. Ihr Bemühen um GrESt-Befreiung blieb erfolglos.

 

Entscheidung

Auch der BFH hielt den Vorgang sowohl für steuerbar als auch für steuerpflichtig.

 

Hinweis

1. Das Flächenerwerbsprogramm des § 3 AusglLeistG berücksichtigt unterschiedliche Personenkreise. Es betrifft nicht nur jene Alteigentümer, denen land- und forstwirtschaftliches Vermögen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen worden ist; es soll vielmehr auch den sogenannten Wiedereinrichtern und Neueinrichtern sowie den juristischen Personen i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz. 2 AusglLeistG zugute kommen. Dies im Blick zu behalten ist wichtig, weil es einer Fokussierung der Frage der Grunderwerbsteuerpflicht allein auf jene Alteigentümer entgegensteht, und zwar unter zweierlei Aspekten, nämlich einem innerdeutschen und einem europarechtlichen.

2. Die Regelung, wonach sich der Flächenerwerb in privatrechtlichen Bahnen – und damit durch Kaufverträge – vollzieht, hat zur Folge, dass jeweils der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllt ist. Der Einwand, der Erwerb durch jene Alteigentümer sei gleichwohl nicht steuerbar, weil wegen des Unrechts der seinerzeitigen Enteignungen kein Rechtsträgerwechsel vorliegen könne, verkennt, dass die Enteignungen durch keinen Rechtsakt rückgängig gemacht, sondern im Gegenteil durch Art. 143 Abs. 3 GG i.d.F. des Art. 4 Nr. 5 des Einigungsvertrags bestätigt worden sind. Demnach war ein Rechtsträgerwechsel möglich.

3. Die Gründe, die zumindest die Steuerpflicht eines Flächenerwerbs durch Alteigentümer ausschließen sollen, sind jedenfalls bei einem Erwerb nach Inkrafttreten der Neufassung des § 6 Abs. 2 AusglLeistG durch das Vermögensrechtsergänzungsgesetz – VermRErgG – vom 15.9.2000 (BGBl I S. 1382) nicht einschlägig.

a) Die Befreiungsnorm des § 11 des Eigentumsübertragungsgesetzes – EigentÜbertrG – vom 22.7.1990 (GBl-DDR I S. 899) greift nicht ein, weil der Flächenerwerb durch Alteigentümer nicht der Durchführung dieses Gesetzes diente. Das AusglLeistG ist insoweit nicht Sondernorm gegenüber dem EigentÜbertrG, sondern gegenüber dem VermögensgesetzVermG –.

b) § 34 Abs. 3 VermG ist schon deshalb nicht einschlägig, weil § 6 Abs. 2 AusglLeistG i.d.F. des VermRErgG den Flächenerwerb von der Verweisung auf das VermG ausnimmt.

c) Die Vorschrift des § 16 Abs. 2 GrEStG über den Rückerwerb eines Grundstücks ist weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.

d) Sollte den verschiedenen Regelungen über eine GrESt-Befreiung für den Eigentumserwerb im Zug der Neuordnung und Privatisierung des Grund und Bodens in den neuen Bundesländern – nämlich § 11 EigentÜbertrG, § 34 Abs. 3 VermG, § 2 Abs. 3 MauerG und § 67 des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes – ein gemeinsamer Grundgedanke zu entnehmen sein, ließe sich dieser nicht auf das Flächenerwerbsprogramm erstrecken.

4. Das AusglLeistG weist bezüglich der GrESt keine Lücke auf, die mittels eines derartigen Grundgedankens zu schließen wäre. Die EU-Kommission hat mit Entscheidung vom 20.1.1999 (ABlEG vom 24.4.1999 L 107/21) Teile des Flächenerwerbsprogramms aus beihilferechtlichen Gründen wegen der verbilligten Grundstücksveräußerung beanstandet. Die Verbilligung überschritt die sogenannte Intensitätshöchstgrenze für Beihilfen, die damals bei 35 % lag.

Aufgrund dieser Beanstandung wurde § 3 Abs. 7 AusglLeistG durch Art. 3 VermRErgG dahin geändert, dass der Kaufpreis für die zu erwerbenden Flächen nicht mehr wie bisher nach dem Dreifachen des Einheitswerts auf den 1.1.1935 bemessen werden sollte, sondern mit 65 % des Verkehrswerts.

Damit war die Intensitätshöchstgrenze für Beihilfen ausgeschöpft.

Eine Steuerbefreiung hätte europarechtlich eine weitere Beihilfe dargestellt, mit der die Höchstgrenze überschritten worden wäre. Dies ist der europarechtliche Aspekt, der berücksichtigt werden muss.

Die Beanstandungen der Kommission betrafen allerdings nicht den Flächenerwerb durch die Alteigentümer und auch nicht den Erwerb forstwirtschaftlicher Flächen, sondern die Neueinrichter i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 AusglLeistG und auch diese nur beim Erwerb landwirtschaftlicher Flächen. An dieser Stelle kommt aber der innerdeutsche Aspekt hinzu. Die neuen Bundesländer haben nämlich Wert darauf gelegt, mit dem AusglLeistG keine...

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