4.1 Bebaute Grundstücke (§ 13d Abs. 3 Halbs. 1 ErbStG)

 

Rz. 51

Die Steuerbefreiung gilt für "bebaute Grundstücke oder Grundstücksteile".[1]

 

Rz. 52

Dies umfasst alle bebauten Grundstücke i. S. d. Bewertungsgesetzes.[2] Für den Erwerb unbebauter Grundstücke[3] ist eine Steuerbefreiung dagegen stets ausgeschlossen.

 

Rz. 53

"Bebaute Grundstücke" sind Grundstücke, auf denen sich benutzbare Gebäude befinden.[4] Die Benutzbarkeit beginnt dabei im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit.[5] Die Steuerbefreiung setzt somit voraus, dass das Gebäude im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer[6] bezugsfertig war. Eine Steuerbefreiung ist selbst dann ausgeschlossen, wenn das Gebäude zeitnah nach Eintritt des Erbfalls fertiggestellt und vermietet wird.[7]

 

Rz. 54

 
Hinweis

In der Praxis sollte bei Schenkungen zu Lebzeiten darauf geachtet werden, dass das Gebäude im Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung[8] bereits bezugsfertig ist. Die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde ist dabei rechtlich zwar nicht maßgebend[9], kann aber doch ein wichtiges Indiz darstellen. Nach Möglichkeit sollte die Schenkung daher erst nach tatsächlichem erfolgtem Einzug (und entsprechender Ummeldung) erfolgen.

 

Rz. 55

Die Steuerbefreiung gilt grundsätzlich (über den Gesetzeswortlaut hinaus) auch für Erbbaurechte.[10] Dabei ist zwischen dem Grundstück und dem Erbbaurecht zu unterscheiden.

 

Rz. 56

Das Grundstück ist mit dem Erbbaurecht belastet. Der Grundstückseigentümer schließt mit dem Erbbauberechtigten einen Erbbaurechtsvertrag, sodass der Erbbauberechtigte Eigentümer des Gebäudes ist.[11] Der Mietvertrag über die Wohnung wird dann i. d. R. vom Erbbauberechtigten (und nicht vom Grundstückseigentümer) abgeschlossen. Dem Erwerber des (mit dem Erbbaurecht belasteten) Grundstücks steht somit die Steuerbefreiung von 10 % nicht zu.[12] Nach dem Normzweck kann die Verschonung nur demjenigen gewährt werden, der selbst Wohnraum schafft und diesen der Bevölkerung zur Verfügung stellt. Der Erblasser bzw. Schenker muss somit selbst Vermieter sein. Im Ergebnis kann ein Erwerber eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks die Steuerbefreiung[13] somit nicht nutzen.

 

Rz. 57

Anders ist die Situation dagegen beim Erwerb des Erbbaurechts. Das Erbbaurecht ist ein veräußerliches und vererbliches Recht an einem Grundstück.[14] Das Erbbaurecht kann zu Lebzeiten oder von Todes wegen übertragen werden. Dem Erwerber des Erbbaurechts steht die Steuerbefreiung von 10 % zu, wenn der Erbbauberechtigte das Gebäude zu Wohnzwecken vermietet hat. Auf den Inhalt des Erbbaurechts kommt es insoweit nicht an.

 

Rz. 58

Im Ergebnis kann die Steuerbefreiung nur beim Erwerb des Erbbaurechts (und nicht beim Erwerb des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks) genutzt werden.

[1] § 13d Abs. 3 ErbStG; s. dazu R E 13d Abs. 5 ErbStR 2019.
[4] § 180 Abs. 1 S. 1 BewG und R B 180 Abs. 1 ErbStR 2019.
[5] § 178 Abs. 1 S. 2 und 3 BewG und R B 178 Abs. 2 und 3 ErbStR 2019.
[6] § 9 ErbStG, s. R E 13d Abs. 2 S. 1 ErbStR 2019.
[7] BFH v. 11.12.2014, II R 30/14, BStBl II 2015, 344, DStR 2015, 294, DB 2015, 1023, ZEV 2015, 298.
[9] § 178 Abs. 1 S. 3 Halbs. 2 BewG und R B 178 Abs. 2 S. 5 ErbStR 2019.
[12] So auch BFH v. 11.12.2014, II R 25/14, BStBl II 2015, 343, DStR 2015, 419, ZEV 2015, 297. S. dazu H E 13d ErbStR 2019.
[13] Nach § 13d ErbStG.

4.2 Vermietung zu Wohnzwecken (§ 13d Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 ErbStG)

 

Rz. 59

Die Grundstücke müssen zu Wohnzwecken vermietet werden.[1] Für selbst genutzte Grundstücke gilt die Steuerbefreiung nicht.

 

Rz. 60

Eine Vermietung "zu Wohnzwecken" liegt dann vor, wenn die überlassenen Räume als Wohnung genutzt werden können. Der Begriff der Wohnung richtet sich grundsätzlich nach den Vorgaben des Bewertungsgesetzes.[2] Eine Vermietung zu Wohnzwecken ist aber auch dann anzunehmen, wenn Räume zum Zweck eines betreuten Wohnens vermietet werden, bei denen nicht jede Wohneinheit über eine eigene Küche etc. verfügt. Eine Vermietung zu Wohnzwecken ist ferner zu bejahen bei Ferien- und Wochenendwohnungen, die nur vorübergehend bzw. von wechselnden Personen bewohnt werden.[3]

Im Allgemeinen kommt es auf die Dauer der Vermietung nicht an.[4]

 

Rz. 61

Eine Nutzung zu Wohnzwecken ist nicht gegeben, wenn die Räume (ausschließlich oder überwiegend) zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken genutzt werden. Eine untergeordnete Mitbenutzung (z. B. Arbeitszimmer in einer Wohnung) ist dagegen unschädlich.[5]

 

Rz. 62

Bei gemischt genutzten Grundstücken (z. B. Wohn- und Gewerbegrundstücken) entfällt die Steuerbefreiung nicht vollständig.[6] Der Wertabschlag von 10 % wird dann nur insoweit gewährt, als tatsächlich eine Vermietung zu Wohnzwecken erfolgt. Für eine anteilige Verschonung spricht nicht nur der Gesetzeswortlaut ("Grundstücksteile"), sondern auch die amtliche Gesetzesbegründung.[7] Die Aufteilung erfolgt entsprechend dem Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen[8] und nicht etwa nach dem Verhältnis der Mieteinnahmen.[9]

 

Rz. 63

Für die Vermietung zu Wohnzwecken ist ein wirksamer Mietvertrag[1...

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