Rz. 591

Der Freibetrag von 15 % ist seit dem 1.7.2016 nur noch anwendbar, wenn das begünstigungsfähige Vermögen (§ 13b Abs. 1 ErbStG) "des Betriebes oder der nachgeordneten Gesellschaften nach seinem Hauptzweck" einer "Tätigkeit im Sinne des (…) § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG (…) dient" (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 4 ErbStG). Diese Voraussetzung ist aber auch dann erfüllt, wenn die Tätigkeit durch "Gesellschaften im Sinne des (…) § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (…) EStG" ausgeübt wird (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 5 ErbStG).

Die schwer verständliche Regelung wurde erst im Vermittlungsverfahren in das Gesetz eingefügt. Eine amtliche Gesetzesbegründung dazu gibt es somit nicht.

 

Rz. 591a

Mit dem Gesetz zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb vom 25.6.2021[1] (kurz auch als "Steueroasenabwehrgesetz" bezeichnet)[2] wurde u. a. § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 5 ErbStG geändert (durch Art. 10 des Gesetzes).[3]

Die Änderung betrifft KapGes mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist und die nach inländischem Gesellschaftsrecht als PersGes zu behandeln sind. Die Neuregelungen sind nach dem Brexit insbesondere für KapGes mit Satzungssitz aus dem Vereinigten Königreich von praktischer Bedeutung.

Die gesetzliche Regelung (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 5 ErbStG) lautet wie folgt:

Zitat

Die Voraussetzungen des Satzes 4 sind auch erfüllt, wenn die Tätigkeit durch Gesellschaften im Sinne des § 13 Absatz 7, des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder des § 18 Absatz 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ausgeübt wird; dies gilt auch, wenn sie ihrer Tätigkeit nach einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder des § 18 Absatz 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes entsprechen, für Gesellschaften im Sinne des § 1a Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes und für Gesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist, und die nach inländischem Gesellschaftsrecht als Personengesellschaft zu behandeln sind.

Die Änderung ist am 1.7.2021 in Kraft getreten (s. Art. 13 des Gesetzes).

 

Rz. 591b

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts vom 25.6.2021 (kurz auch als KöMoG bezeichnet)[4] wurde u. a. § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 5 ErbStG geändert (durch Art. 8 Nr. 2 Buchst. b des Gesetzes).

Die Änderung betrifft PersGes, die nach § 1a KStG zur Körperschaftsteuer optiert haben.

Die gesetzliche Regelung (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 5 ErbStG) lautet seitdem wie folgt:

Zitat

Die Voraussetzungen des Satzes 4 sind auch erfüllt, wenn die Tätigkeit durch Gesellschaften im Sinne des § 13 Absatz 7, des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder des § 18 Absatz 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ausgeübt wird; dies gilt auch, wenn sie ihrer Tätigkeit nach einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder des § 18 Absatz 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes entsprechen, für Gesellschaften im Sinne des § 1a Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes und für Gesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist, und die nach inländischem Gesellschaftsrecht als Personengesellschaft zu behandeln sind.

Die Änderung ist am 1.1.2022 in Kraft getreten.

 

Rz. 592

Im Schrifttum werden unterschiedliche Vorschläge diskutiert, nach welchen Kriterien der Hauptzweck ermittelt werden soll und wie der Anwendungsbereich der Vorschrift sachgerecht beschränkt werden kann.[5]

 

Rz. 593

Richtigerweise sollte die Vorschrift unter Berücksichtigung ihrer Entstehungsgeschichte auf Missbrauchsfälle von Finanzierungsgesellschaften beschränkt werden (weitergehend aber die FinVerw in R E 13b.23 Abs. 6 ErbStR 2019).

 

Rz. 594

Die Regelung erinnert mit ihrem Abstellen auf den "Hauptzweck" an den ursprünglichen Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom September 2015.[6] Danach sollte der Verwaltungsvermögenstest vollständig aufgegeben werden und durch einen neuen Hauptzwecktest ersetzt werden. Das begünstigte Vermögen sollte positiv bestimmt werden. Zum begünstigten Vermögen sollten nur noch die Teile des begünstigungsfähigen Vermögens gehören, die jeweils "überwiegend" einer originär gewerblichen Tätigkeit "nach ihrem Hauptzweck" dienen. Dieser Hauptzwecktest wurde vom Bundesrat abgelehnt (BR-Drs. 353/15, 17 ff.) und vom Gesetzgeber schließlich verworfen. Die jetzige Regelung (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 4 ErbStG) wirkt wie ein "Überbleibsel" aus dem früheren Gesetzesentwurf. Der Hauptzweckansatz passt jedenfalls nicht zu dem Verwaltungsvermögenstest. Die Kritik an dem früheren Hauptzweckansatz an der Bundesregierung gilt auch für die jetzige Regelung bei den Finanzmitteln. Der Hauptzweckansatz gefährdet die Rechts- und Planungssicherheit, führt zu unnötigem Bürokratieaufwand und ist verfassungsrechtlich bedenklich.

 

Rz. 595

Die Regelung will die Anwendung des Freibetrags von 15 % offensichtlich auf Gesellschaften beschränken, die originär gewerblich tätig sind (s. die Bezugnahme auf § 15 Abs. 1 ...

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