Rz. 277

In dem Bericht des Finanzausschusses wurde die neue 90-%-Grenze wie folgt begründet[1]:

Zitat

Satz 2 nimmt solches begünstigungsfähiges Vermögen von der Verschonung aus, das nahezu ausschließlich aus Verwaltungsvermögen besteht. Besteht betriebliches Vermögen oder das Vermögen einer Gesellschaft zu mindestens 90 Prozent aus Verwaltungsvermögen ist davon auszugehen, dass das gesamte betriebliche Vermögen nicht schutzwürdig ist. Mit der Ausnahme solcher Gesellschaften von der Verschonung werden Gestaltungsmöglichkeiten ausgeräumt, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2014 – 1 BvL 21/12 – verfassungswidrig sein können.

Wären Gesellschaften mit einem ganz überwiegenden Teil an Verwaltungsvermögen begünstigt, könnten mittels einer geringfügigen land- und forstwirtschaftlichen, originär gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit, große Werte an Verwaltungsvermögen übertragen werden, für die gegebenenfalls eine Teilverschonung wie bei den Finanzmitteln in Höhe von 15 Prozent des gemeinen Werts des Betriebs beansprucht werden kann. Um diese Gestaltungsmöglichkeit auszuschließen wird dem Grunde nach begünstigungsfähiges Vermögen, das zu mindestens 90 Prozent aus Verwaltungsvermögen besteht wieder aus der Verschonung ausgenommen. Hierbei wird der Wert des Verwaltungsvermögens zugrunde gelegt, welcher sich vor der Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 ergibt, soweit das Verwaltungsvermögen nicht ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dient und dem Zugriff aller übrigen nicht aus den Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen ist. Dabei sind nur solche Altersversorgungsverpflichtungen ausgenommen, die durch Treuhandverhältnisse abgesichert sind. Des Weiteren ist das Verwaltungsvermögen vor der Verrechnung der Finanzmittel mit den Schulden und der Kürzung um den Freibetrag nach Absatz 4 Nummer 5, vor der quotalen Schuldenverrechnung mit dem Verwaltungsvermögen nach Absatz 6 und vor dem Ansatz von unschädlichem Verwaltungsvermögen von zehn Prozent nach Absatz 7 zugrunde zu legen.

 

Rz. 278

Der Gesetzgeber sieht darin eine besondere Missbrauchsvorschrift. Eine steuerliche Begünstigung soll vollständig ausgeschlossen sein, wenn das Vermögen eines Betriebs oder einer Gesellschaft zu mindestens 90 % aus Verwaltungsvermögen besteht. Dieser Grundgedanke ist an sich nachvollziehbar. Im Schrifttum[2] wird in diesem Zusammengang von einer "Anti-Missbrauchregelung" gesprochen, die als eine "Art Vorabfilter extreme Ausnahmefälle von missbräuchlichen Gestaltungen (z. B. Cash-Gesellschaften) von der Begünstigung ausnehmen soll".

 

Rz. 278a

Ein Antrag des Freistaats Bayern im Bundesrat[3] zur Anpassung der Erbschaft- und Schenkungsteuer an die aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen sah u. a. auch zahlreiche Änderungen des Unternehmenserbschaftsteuerrechts vor. Danach war u. a. Folgendes vorgesehen[4]:

Zitat

Ausschluss von vermögensverwaltenden Unternehmen von der Steuerentlastung

Bei der Ermittlung der Verwaltungsvermögensquote für die Prüfung, ob ein von der Steuerentlastung für das Unternehmensvermögen ausgeschlossenes vermögensverwaltendes Unternehmen vorliegt, sollte auf das Verwaltungsvermögen nach Abzug der Schulden sowie des Sockelbetrags abgestellt werden. Hierdurch wird der Ausschluss ganzer Branchen und Unternehmen mit hoher Fremdkapitalquote von der Entlastung vermieden.

Der Antrag wurde allerdings abgelehnt.

[1] BT-Drs. 18/8911, 40.
[2] Erkis, DStR 2016, 1441, 1444.
[3] BR-Drs. 408/20 v. 28.7.2020, 2 ff. unter Rz. 4.
[4] Dazu auch § 13a Rz. 39e.

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