4.3.3.1 Grundlagen der Zusammenrechnung

 

Rz. 174

Bei der Ermittlung der Grenze von 26 Mio. EUR werden (ähnlich wie bei § 14 ErbStG) mehrere (innerhalb von 10 Jahren von derselben Person anfallende) Erwerbe begünstigten Vermögens zusammengerechnet (§ 13a Abs. 1 S. 2 ff. ErbStG, R E 13a.2 ErbStR 2019 und die Rechenbeispiele in H E 13a.2 ErbStR 2019). Der Gesetzgeber wollte damit etwaige Umgehungen (durch die Aufspaltung größerer Erwerbe auf mehrere Teilübertragungen) von vornherein verhindern.

 

Rz. 175

Die Frist von 10 Jahren entspricht zwar der allgemeinen Regelung des § 14 ErbStG für die Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe, lässt sich mit den besonderen Behaltefristen für unternehmerisches Vermögen von 5 bzw. 7 Jahren systematisch gleichwohl nur schwer vereinbaren. Eine Zusammenrechnung erfolgt insbesondere auch dann, wenn der spätere Erwerb nach Ablauf der Behalte- und Lohnsummenfrist von 5 bzw. 7 Jahren erfolgt.

 

Rz. 176

Die vorweggenommene Unternehmensnachfolge wird künftig noch mehr an Bedeutung gewinnen. Nur wer frühzeitig mit der Vermögensübertragung beginnt, kann die 10-Jahresfrist bewusst mehrfach nutzen. Das ist kein Gestaltungsmissbrauch und kein Gesamtplan, sondern eine sinnvolle Gestaltung der vorweggenommenen Unternehmensnachfolge. Das Unternehmen (und die damit verbundene Verantwortung) soll sinnvollerweise nach und nach in mehreren geplanten Teilschritten (und nicht überraschend und auf einen Schlag, etwa mit dem Tod) übertragen werden.

 

Rz. 177

Die 10-Jahresfrist beginnt auch dann sofort zu laufen, wenn sich der Schenker bei der Vermögensübertragung einen Vorbehaltsnießbrauch oder Rückforderungsrechte vorbehalten hat. Im Unterschied zum Pflichtteilsrecht (§ 2325 Abs. 3 BGB) ist der Fristbeginn im Schenkungsteuerrecht nicht von einer wirtschaftlichen Ausgliederung des Vermögens abhängig. Die steuerliche 10-Jahresfrist beginnt selbst bei einem freien Rückforderungsrecht des Schenkers zu laufen.

4.3.3.2 Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe von derselben Person (§ 13a Abs. 1 S. 2 ErbStG)

 

Rz. 178

Die gesetzliche Regelung sieht eine Zusammenrechnung des begünstigten Vermögens nur vor beim Erwerb "von derselben Person" (§ 13a Abs. 1 S. 2 ErbStG). Eine Zusammenrechnung erfolgt dagegen nicht, wenn auf der Seite des Erblassers bzw. Schenkers und/oder auf der Seite des Erwerbers keine Personenidentität vorliegt.

 

Rz. 179

Auf der Seite des Erblassers bzw. Schenkers lässt sich die Personenidentität nicht ohne Weiteres vermeiden, da dieser Inhaber des begünstigten Vermögens sein muss. In Einzelfällen kann über das Instrument der Kettenschenkung (z. B. die Zwischenschaltung eines Ehegatten) ein weiterer Schenker "geschaffen" werden.[1]

 

Rz. 180

Bei privatem Vermögen ist die Kettenschenkung eine anerkannte Gestaltung zur Vervielfältigung der persönlichen Freibeträge und zur Nutzung der günstigen Steuerklasse I unter Ehegatten und deren Kindern.[2]

 

Rz. 181

Bei unternehmerischem Vermögen kann die Kettenschenkung grundsätzlich in gleicher Weise genutzt werden, um die Grenze für Großerwerbe von 26 Mio. EUR mehrfach zu nutzen. Allerdings sind auch Zuwendungen unter Ehegatten grundsätzlich steuerpflichtig, sofern sie den Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) übersteigen und kein steuerfreier Zugewinn (§ 5 ErbStG) sind. Für jeden Erwerb sind zudem die jeweiligen steuerlichen Behaltefristen zu beachten. Zivilrechtlich können in den Gesellschaftsverträgen für die Übertragung auf Ehegatten Beschränkungen vorgesehen sein. Insgesamt werden Kettenschenkungen von unternehmerischem Vermögen in der Praxis (aus wirtschaftlichen, steuerlichen oder familiären Gründen) oftmals nicht in Betracht kommen.

 

Rz. 182

Im Erbfall lässt sich die Personenidentität durch die Anordnung der Vor- und Nacherbfolge vermeiden.[3] Der Vorerbe ist Erbe des Erblassers (§ 6 Abs. 1 ErbStG). Der Nacherbe ist steuerlich (insoweit abweichend vom Zivilrecht) nicht Erbe des Erblassers, sondern Erbe des Vorerben (§ 6 Abs. 2 S. 1 ErbStG).[4] Damit liegt kein Erwerb von derselben Person vor. An diesem Ergebnis ändert sich selbst dann Nichts, wenn der Nacherbe beantragt, der Versteuerung das Verhältnis des Nacherben zum Erblasser (und nicht zum Vorerben) zugrunde zu legen (§ 6 Abs. 2 S. 2 ErbStG). Das Antragsrecht gilt nur für die Steuerklasse und wirkt sich nur für die Steuerberechnung aus.[5] Im Übrigen bleibt es bei einem (steuerlichen) Erwerb des Nacherben vom Vorerben. Vorerbe und Nacherbe können auch (in- und ausländische) gemeinnützige und/oder privatnützige Stiftungen sein.

 

Rz. 183

Auf der Seite des Erwerbers lässt sich die Grenze von 26 Mio. EUR dadurch vervielfältigen, dass das begünstigte Vermögen auf mehrere Kinder und Enkel übertragen wird. Allerdings kommen meist nicht alle Kinder und Enkel in gleicher Weise als Unternehmensnachfolger in Betracht (z. B. aufgrund Alter, Qualifikation, Ausbildung, Ansässigkeit im In- oder Ausland, eigener beruflicher Tätigkeit, familiärem Umfeld). Die meisten Gesellschaftsverträge sehen zudem entsprechende Beschränkungen vor. Eine Zersplitterung der Unternehmensbeteiligung ist regelmäßig auch betriebswirtschaftlich wenig sinnvoll. In der Praxis lässt sich die Z...

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