Rz. 76

Ausgewählte Hinweise auf weiterführende Literatur: Crezelius, ErbStG nach dem 30.6.2016 – Steuerpause?, ZEV 2016, 367; Drüen, Verfassungswidrige Erbschaftsteuer – weiter so!?, NJW-aktuell 19/2016, 15; Drüen, Wegfall oder Fortgeltung des verfassungswidrigen Erbschaftsteuergesetzes nach dem 30.6.2016?, DStR 2016, 643; Guerra/Mühlhaus, Ist die geplante Rückwirkung des neuen Erbschaftschaftsteuergesetzes auf den 1.7.2016 verfassungswidrig?, ErbStB 2016, 230; Guerra/Mühlhaus, Frist zur Neuregelung der Erbschaftsteuer, ErbStB 2016, 146; Hüttemann, Reform der Erbschaftsteuer – Wer hat Angst vor dem Verfassungsgericht?, DB 2016, Heft 30, M5; Koblenzer/Günther, Besteuerung von Erwerben in der Zeit nach dem 30.6.2016, DB 2016, 2016; Oppel, Erbschaftsteuer – Welche Konsequenzen hat die bis zum 30.6. unterbliebene Neuregelung?, SteuK 2016, 377; Seer, Tritt das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz zum 1.7.2016 wegen Untätigkeit des Gesetzgebers außer Vollzug?, GmbHR 2016, 673; Seer/Michalowski, Die erbschaftsteuerliche Behandlung des Unternehmensvermögens nach neuem Recht – unkalkulierbar und nach wie vor im verfassungsrechtlichen Fokus!, GmbHR 2017, 609; Zipfel/Lahme, Anwendungsregelungen des neuen Erbschaftsteuergesetzes und Einbeziehung vor dem 1.7.2016 erfolgter Übertragungen in die Großunternehmensregelungen, DStZ 2016, 566.

2.1.1 Überblick

 

Rz. 77

Mit Wirkung vom 1.7.2016 ist das "Gesetz zur Anpassung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 04.11.2016"[1] in Kraft getreten (Art. 3 des Gesetzes).

Die §§ 13a, 13b ErbStG in der Fassung dieses Gesetzes finden auf alle Erwerbe Anwendung, für die die Steuer nach dem 30.6.2016 entsteht (§ 37 Abs. 12 S. 1 ErbStG).

[1] BGBl I 2016, 2464, BStBl I 2016, 1202.

2.1.2 Steuerentstehung bis zum 30.6.2016

 

Rz. 78

Für alle Erwerbe, für die Steuer bis zum 30.6.2016 entstanden ist (§ 9 ErbStG) gelten die früheren Verschonungsregelungen für begünstigtes Vermögen (§§ 13a, 13b ErbStG a. F. und § 37 Abs. 12 S. 1 ErbStG).

Der Verschonungsabschlag von 85 % bzw. 100 % galt danach unabhängig von der Höhe des Erwerbs (§§ 13a, 13b ErbStG a. F.). Die neuen Regelungen für Großerwerbe von mehr als 26 Mio. EUR waren noch nicht anwendbar (§§ 13c und 28a ErbStG n. F.). Für den Erwerb von Anteilen an Familiengesellschaften wurde kein Abschlag gewährt (§ 13a Abs. 9 ErbStG n. F.). Das begünstigte Vermögen wurde auf der Grundlage des früheren Verwaltungsvermögenstests (Quote von 50 % bzw. 10 %) ermittelt.

2.1.3 Steuerentstehung nach dem 30.6.2016

 

Rz. 79

Für alle Erwerbe, für die Steuer nach dem 30.6.2016 entstanden ist (§ 9 ErbStG) gelten die neuen Verschonungsregelungen für begünstigtes Vermögen (§ 37 Abs. 12 S. 1 ErbStG). Dazu gehören insbesondere auch die Vorschriften der §§ 13a, 13b, 13c, 19a, 28 und 28a ErbStG.

 

Rz. 80

Der Verschonungsabschlag von 85 % bzw. 100 % gilt demnach nur noch für Erwerbe bis zu 26 Mio. EUR (§ 13a Abs. 1 ErbStG). Für den Erwerb von Anteilen an bestimmten Familiengesellschaften wird ein Vorab-Abschlag von bis zu 30 % gewährt (§ 13a Abs. 9 ErbStG). Die Optionsverschonung von 100 % gilt nur noch bei einer Verwaltungsvermögensquote von nicht mehr als 20 % (§ 13a Abs. 10 S. 2 f. ErbStG).

 

Rz. 81

Das "begünstigte Vermögen" wird auf der Grundlage eines neuen Verwaltungsvermögenstests bestimmt (§ 13b Abs. 2–10 ErbStG). Bei einer (nach einer speziellen Regelung ermittelten) Verwaltungsvermögensquote von 90 % oder mehr ist jegliche Begünstigung ausgeschlossen (§ 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG).

 

Rz. 82

Bei Großerwerben von mehr als 26 Mio. EUR kann der Erwerber zwischen einem reduzierten Verschonungsabschlag (§ 13c ErbStG) und einem Steuererlass aufgrund einer Verschonungsbedarfsprüfung (§ 28a ErbStG) wählen. In allen Erbfällen kann der Erwerber begünstigten Vermögens eine Steuerstundung für bis zu 7 Jahre beantragen (§ 28 Abs. 1 ErbStG).

2.1.4 Rückwirkung

 

Rz. 83

Das "Gesetz zur Anpassung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 4.11.2016" ist mit Wirkung zum 1.7.2016 in Kraft getreten, wurde aber erst im Bundesgesetzblatt vom 9.11.2016 verkündet.[1] Das neue Gesetz ist damit rückwirkend in Kraft getreten.

 

Rz. 84

Im Schrifttum wird kontrovers darüber diskutiert, ob eine solche (echte) Rückwirkung zulässig ist.[2]

 

Rz. 85

Richtigerweise ist eine solche Rückwirkung im stichtagsbezogenen ErbStG als unzulässig anzusehen.[3] Das BVerfG und die FinVerw haben immer wieder öffentlich betont, dass das bisherige Recht bis zu einer gesetzlichen Neuregelung fort gilt (und zwar auch über den 30.6.2016 hinaus). Das dadurch begründete Vertrauen der Stpfl. in den Fortbestand des früheren Rechts war und ist schutzwürdig. Ein sachlicher Grund für einen rückwirkenden Eingriff in diese Rechtsposition bestand nicht. Aufgrund der Weitergeltung des früheren Rechts waren auch keine Steuerausfälle zu befürchten.

 

Rz. 86

Die FinVerw hat zu der Problematik bislang nicht ausdrücklich Stellung genommen, geht aber von der Zulässigkeit der Rückwirkung aus. Die Neuregelungen sind auf alle Erwerbe anzuwenden, für die die Steuer nach dem...

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