Entscheidungsstichwort (Thema)

Behandlung des Übergangsgewinns beim Wechsel zur Liebhaberei

 

Leitsatz (amtlich)

Der Übergang vom Erwerbsbetrieb zum Liebhabereibetrieb hat nicht zur Folge, dass Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung ermittelt haben, den infolge des Wechsels zum Bestandsvergleich entstandenen Gewinn bereits im Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei versteuern müssen. Der Übergangsgewinn ist erst bei der tatsächlichen Aufgabe bzw. Veräußerung des Betriebs anzusetzen.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, §§ 5, 4 Abs. 1, 3; AO §§ 165, 171 Abs. 8

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.05.2016; Aktenzeichen X R 61/14)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob beim Übergang zur Liebhaberei ein Übergangsgewinn durch einen Wechsel der Gewinnermittlungsart anzusetzen ist und ob die Voraussetzungen für die Änderung von Steuerbescheiden nach § 165 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) vorliegen.

Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt als Arbeitnehmer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin hatte in den Streitjahren keine Einkünfte.

Neben seiner nichtselbständigen Tätigkeit betrieb der Kläger seit dem 01.11.1994 einen Einzelhandel mit Modelleisenbahnen und Spielwaren. Die Geschäfte wurden zunächst in einem gemieteten Geschäftslokal ausgeführt. Im Jahr 2004 verlegten die Kläger das Geschäftslokal in eigene Räumlichkeiten der Klägerin. Diese Räumlichkeiten, die sich in einer reinen Wohngegend befinden, verfügten über keine Schaufenster. Die Verkaufstätigkeit erfolgte im Wesentlichen durch die Klägerin. Daneben war noch eine Aushilfskraft beschäftigt.

Der Kläger erstellte für seinen Einzelhandel Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Hiernach ergeben sich für Jahre 1994 bis 2006 (einschließlich etwaiger Änderungen des Finanzamts) folgende Wertansätze:

Jahr

Betriebseinnahmen Betriebsausgaben

Einkünfte -

1994

3.693,00 DM

1995

14.595,00 DM

60.014,29 DM

-45.419,29 DM

1996

115.615,24 DM

182.575,75 DM

-66.960,51 DM

1997

249.861,73 DM

341.115,06 DM

-91.253,33 DM

1998

316.219,36 DM

385.957,99 DM

-69.738,63 DM

1999

407.687,71 DM

405.692,27 DM

1.995,44 DM

2000

347.663,41 DM

417.888,48 DM

-70.225,07 DM

2001

388.022,18 DM

405.338,55 DM

-17.316,37 DM

Summe:

-362.610,76 DM

-185.399,94 €

2002

240.820,32 €

240.178,24 €

642,08 €

2003

235.987,88 €

230.908,55 €

5.079,33 €

2004

211.960,73 €

238.535,66 €

- 26.574,93 €

2005

180.620,13 €

168.476,29 €

12.143,84 €

2006

181.007,56 €

192.463,51 €

- 11.455,95 €

Summe:

-205.565,57 €

Der Beklagte berücksichtigte die Einkünfte aus dem Einzelhandel in den Jahren 1994 bis 2006 jeweils in der oben dargestellten Höhe. Die Einkommensteuerbescheide der Jahre 1994 bis 1999, 2000, 2001, 2004 und 2006 ergingen mit einem Vorläufigkeitsvermerk gemäß § 165 Abs. 1 AO hinsichtlich der Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb, weil - wie das beklagte Finanzamt in den Bescheiden erläuterte - die Gewinnerzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden könne.

Nachdem der Kläger bis zum Jahr 2001 aus diesem Betrieb erhebliche Verluste erwirtschaftet hatte, hatte das beklagte Finanzamt bereits im Jahr 2003 die Prüfung einer Gewinnerzielungsabsicht des Klägers aufgegriffen und die Kläger zur entsprechenden Stellungnahme aufgefordert. Daraufhin hatten die Kläger mitgeteilt, dass nach stetigem Umsatzzuwachs bis 1999 eine Stagnation in 2000 erfolgt sei. Ab dem Wirtschaftsjahr 2001 sei der Verkauf auch über das Internet erfolgt, was zu einer erheblichen Umsatzsteigerung im Jahr 2002 geführt habe. Es sei geplant, die Sparte Spielzeug zu verringern und den Schwerpunkt auf Modelleisenbahnen zu verlagern. Durch den Ausbau des Internet-Verkaufs und durch Kostensenkung (Einsparung Personalkosten und Mietkosten durch Verlegung des Betriebs in eigene Räumlichkeiten) und durch Abbau des Warenbestands rechneten die Kläger in den Jahren 2004 bis 2007 mit einem Gewinn in Höhe von jeweils ca. 10.000 €. Mit einem Totalgewinn werde spätestens, so die Kläger damals gegenüber dem Finanzamt, mit Veräußerung des Warenbestands gerechnet. Den Warenbestand (zu Einkaufspreisen) zum 31.12.2000 hatten die Kläger mit 285.385 DM ermittelt.

In der Zeit von November 2007 bis Oktober 2008 führte das Finanzamt für die Jahre 2004 bis 2006 eine Betriebsprüfung beim Kläger durch. Im Rahmen dieser Betriebsprüfung fand am 27.02.2008 eine Zwischenbesprechung mit den Klägern und ihrem damaligen Steuerberater statt. In dem darüber gefertigten Vermerk wird u. a. ausgeführt, dass nach den Angaben der Kläger das Geschäft ein Teil ihres Lebensinhalts darstelle und mit Leidenschaft betrieben werde (Bl. 141a Band I der Außenprüfungsakten).

Der Betriebsprüfer gelangte zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem vom Kläger ausgeübten Einzelhandel mit Modelleisenbahnen und Spielwaren ab dem Veranlagungsjahr 2001 mangels Gewinnerzielungsabsicht um eine steuerlich nicht berücksichtigungsfähige Liebhaberei handle. Zur Begründung ist im Betriebsprüfungsbericht vom 06.11.2008...

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