Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für ein kontraststarkes Fernsehgerät als außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (amtlich)

Aufwendungen für die Anschaffung eines kontraststarken Fernsehgerätes stellen auch dann keine außergewöhnliche Belastung i.S. von § 33 EStG dar, wenn der Steuerpflichtige das Fernsehgerät aufgrund einer Sehkrafteinschränkung seiner Ehefrau erworben hat.

 

Normenkette

EStG § 33

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Aufwendungen für die Anschaffung eines kontraststarken Fernsehgerätes als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.

Der Kläger wurde mit seiner Ehefrau im Streitjahr 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide Eheleute erzielten Renteneinkünfte, der Kläger erzielte außerdem Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Mit ihrer am 16. Februar 2010 beim beklagten Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärung für 2009 machten die Eheleute u.a. „nichterstattete Krankheitskosten“ i.H. von 3.937,00 € als außergewöhnliche Belastungen geltend. Der Betrag setzte sich zusammen aus Fahrtkosten i.H. von 448,00 € sowie Krankheitskosten i.H. von 3.489,00 €, von denen ein Teilbetrag i.H. von 653,31 € auf die Anschaffung eines Fernsehgerätes entfiel. Der Einkommensteuererklärung beigefügt war eine Erläuterung des Klägers, wonach seine Ehefrau an einer Macula-Degeneration des rechten Auges leide. Die Sehkraft des linken Auges sei ebenfalls stark eingeschränkt. Durch die Sehkrafteinschränkung sei Fernsehen nur mit einem kontraststarken Fernseher möglich. Die Neuanschaffung eines entsprechenden Fernsehgerätes sei daher unumgänglich gewesen (Bl. 15 d. ESt-Akte).

Im Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 25. März 2010 berücksichtigte der Beklagte die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen nur i.H. von 3.284,00 € d.h. ohne den für die Anschaffung des Fernsehers aufgewendeten Betrag. Den nach § 33 EStG abziehbaren Betrag errechnete er aufgrund einer zumutbaren Belastung i.H. von 1.436,00 € (5% des Gesamtbetrags der Einkünfte i.H. von 28.724,00 €) mit 1.848,00 €.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 28. März 2010 - beim Beklagten am 29. März 2010 eingegangen - Einspruch ein, zu dessen Begründung er im Wesentlichen nochmals ausführte, seine Ehefrau leide an einer Macula-Degeneration des rechten Auges, welche mit zunehmendem Alter zwangsläufig zur Erblindung führe, und zudem an einer sehr starken Sehkrafteinschränkung des linken Auges. Die Neuanschaffung eines kontraststarken Fernsehgerätes sei daher unumgänglich gewesen.

Mit Einkommensteuerbescheid vom 28. Mai 2010 änderte der Beklagte die Steuerfestsetzung wegen eines hier nicht streitbefangenen Punktes. Im Übrigen wies er den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 01. Juni 2010 als unbegründet zurück, wobei er vor allem darauf verwies, der Kläger habe den Nachweis der Zwangsläufigkeit nicht durch ein vor dem Kauf erstelltes amtsärztliches Attest geführt. Außerdem liege keine wirtschaftliche Belastung i.S. von § 33 Abs. 1 EStG vor, wenn durch die Aufwendungen - wie im Streitfall - ein Gegenwert geschaffen worden sei.

Hiergegen hat der Kläger am 02. Juli 2010 Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren wiederholt und ergänzend vorträgt, der Nachweis der Zwangsläufigkeit der für die Anschaffung des Fernsehgerätes entstandenen Aufwendungen durch ein amtsärztliches Attest sei nicht erforderlich, da es sich nicht um ein direktes medizinisches Hilfsmittel handele. Die Anschaffung eines kontraststarken Fernsehers sei aufgrund der Augenerkrankung seiner Ehefrau unumgänglich gewesen. Die Zwangsläufigkeit stehe also außer Frage. Im Übrigen sei er auch erst nach der Anschaffung von einem Finanzbeamten auf die Notwendigkeit eines amtsärztlichen Attestes aufmerksam gemacht worden. Gegebenenfalls sei zu prüfen, ob ein nachträgliches amts- oder vertrauensärztliches Attest sinnvoll wäre.

Die Gegenwerttheorie dürfe keine Anwendung finden, da der Fernseher im Prinzip nur für seine Ehefrau notwendig und nur aufgrund ihrer Erkrankung angeschafft worden sei. Da aber auch er selbst von dem Kauf einen untergeordneten Nutzen habe, sei zu prüfen, inwieweit eine prozentuale Aufteilung der Kosten infrage komme. Der Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH greife nicht, da nicht erstmals ein Fernseher, sondern ein neues, höherwertiges Gerät zwingend notwendig gewesen sei.

Der Klagebegründung beigefügt war ein Augenfachärztlicher Befund des Dr. med. P. vom 18. Juni 2010 (vgl. Bl. 5 - 11 d. PA), wonach die Ehefrau des Klägers an einer „Feuchten altersabhängigen Makula-Degeneration“ leide und die Sehschärfe rechts 0,4 und links 0,2 betrage. Lt. einer weiteren Augenfachärztlichen Bescheinigung des Dr. med. P. vom 04. November 2010 (vgl. Bl. 24 d. PA) beträgt das Sehvermögen der Ehefrau des Klägers auf dem rechten Auge 0,3 und auf dem linken Auge 0,16. Frau M. habe dadurch eine Visusminderung von ca. 80%. Wegen der Einzelheiten wird auf den Augenfachärztlichen Befund vom 18. Juni 2010 sowie die Augenfachärztliche...

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