Entscheidungsstichwort (Thema)

Ansatz eines Handelsvertreter-Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB im Rahmen der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages

 

Leitsatz (redaktionell)

Es ist zweifelhaft, ob das zeitliche Moment in § 89b Abs. 3 Nr. 3, 2. Halbsatz HGB zu berücksichtigen ist, weil die zugrunde liegende EG-Harmonisierungs-Richtlinie eine solche Einschränkung nicht enthält.

Davon angesehen ist jedenfalls eine einschränkende Auslegung dieses zeitlichen Moments notwendig: Nur der von vorneherein - z.B. durch AGB - vereinbarte Ausschluss des Ausgleichsanspruchs löst die nicht die Rechtsfolge des § 89b Abs. 3 HGB aus; anders bei Verzicht oder Abtretung im zeitlichen Zusammenhang mit dem Eintritt eines Dritten.

Handelt der ausscheidende Handelsvertreter mit dem erwerbenden Dritten einen Ausgleichsanspruch frei aushandelt, kann er im gerichtlichen Verfahren mit dem Einwand, der Ausgleichsanspruch sei "richtigerweise" deutlich niedriger, nicht mehr gehört werden.

 

Normenkette

HGB § 89b Abs. 1, 3, 3 Nr. 3; GewStG § 7; EStG § 15

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 23.10.2006; Aktenzeichen III B 17/05)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob im Rahmen der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für 1991 ein Handelsvertreter-Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB in Ansatz zu bringen ist.

Der Kläger war im Streitjahr 1991 Inhaber der Firma F-Chemie-Vertrieb in G. Gegenstand dieses Einzelunternehmens war die Handelsvertretung mit chemisch-technischen Produkten. Zu diesem Zweck hatte die F-Chemie-Vertrieb mit der F-Chemie GmbH einen Handelsvertretervertrag abgeschlossen. Mit "Unternehmenskaufvertrag" vom 1. Juni 1991 zwischen der Firma F-Chemie-Vertrieb und der neugegründeten Firma F-Chemie-Vertrieb-GmbH mit Sitz ebenfalls in G veräußerte der Kläger das von ihm betriebene Einzelunternehmen. In dem Unternehmenskaufvertrag heißt es u.a.:

"§ 1 Kaufgegenstand

Der Verkäufer verkauft die von ihm betriebene Einzelunternehmen in Gau-Algesheim an den Käufer. Gegenstand dieses Unternehmens ist der Vertrieb chemisch-technischer Spezialprodukte.

Verkauft werden die in der Anlage 1 zu diesem Vertrag aufgelisteten Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, Vorratsvermögens sowie die geringwertigen Wirtschaftsgüter.

Sämtliche Wirtschaftsgüter sind erfasst mit ihrem Wert zum 31.05.1991, die nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Bilanzierung ermittelt sind.

Darüber hinaus werden die Kundendatei und die Geschäftsbücher verkauft, soweit die Aufbewahrungspflicht nicht abgelaufen ist und sie mit dem Geschäftsbetrieb in Verbindung stehen.

Forderungen aus Liefer- und Belieferungsverträgen mit Dritten werden an den Käufer verkauft und abgetreten, soweit diese Verträge noch nicht zum 31.05.1991 erfüllt waren. Der Käufer nimmt die Abtretung an.

Eingehende Zahlungen auf Grund dieser Verträge stehen ab dem 01.06.1991 ausschließlich dem Käufer zu.

Betriebliche Schulden werden vom Käufer nicht übernommen.

Das Vorkaufsrecht des Verkäufers an der Firma Flore Chemie GmbH in Koblenz wird dem Käufer nicht übernommen.

Die Anlagen sind Bestandteil dieses Vertrages.

§ 2 Übergang

Der Unternehmenskaufvertrag wurde mit Wirkung zum 31.05.1991 vollzogen.

§ 3 Kaufpreis

1. Der Verkäufer übertragt den Kaufgegenstand nach § 1 dieses Vertrages zum Gesamtkaufpreis von DM 2.500.000,00 (in Worten: Zwei Millionen Fünfhunderttausend Deutsche Mark).

Es verteilt sich wie folgt:

1. Gebäudeeinrichtung

  100.000,00 DM

2. Büroeinrichtung

    40.000,00 DM

3. GWG

    20.000,00 DM

4. Verbindlichkeit M

      5.562,29 DM

5. Ausgleichsanspruch

2.334,437,71 DM

2.500.000,00 DM

Die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer ist zusätzlich und unabhängig von der Fälligkeit des Kaufpreises unverzüglich zu zahlen nach Rechnungsstellung.

2. Der Kaufpreis ist wie folgt fällig:

DM 50.000,00 zum 01.06.1991 ff.

Bei Zahlungsverzug des Käufers sind Verzugszinsen in Höhe von 2 % über dem jeweiligen Bundesbankdiskontsatz zu zahlen.

3. Vorzeitige Tilgung vorstehenden Kaufpreis ist jederzeit zulässig.

§ 4 Übernahme von Dauerschuldverhältnissen

Vom Käufer werden mit Wirkung zum 01.06.1991 folgende Dauerschuldverhältnisse übernommen:

- Handelsvertreterverträge

Zahlungen auf Grund dieser Verträge, die die Zeit ab 01.06.1991 betreffen, werden vom Käufer geleistet.

Die entsprechenden Unterlagen werden dem Käufer vollständig übergeben.

...

§ 9 Ausgleichsanspruch gem. § 89 b HGB

Dem Verkäufer steht auf Grund seiner Tätigkeit gegen die Firma F Chemie GmbH K ein Ausgleichsanspruch gem. § 89 b HGB zu. Der Verkäufer tritt diesen Anspruch an den Käufer hiermit ab. Der Käufer nimmt die Abtretung an.

Die Zustimmung der F Chemie GmbH K liegt schriftlich vor."

Bereits unter dem 6. Juli 1990 war zwischen der Firma F-Chemie-GmbH, der Firma F-Chemie-Vertrieb und der in Gründung befindlichen Firma F-Chemie-Vertrieb-GmbH folgende "Übernahmevereinbarung" getroffen worden:

"I. Zwischen der Firma F-Chemie GmbH und Herrn Wl besteht ein Handelsvertretervertrag nach § 84 ff. HGB zum exclusiven Vertrieb der Produkte der Firma F-Chemie GmbH innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, mit Ausnahm...

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