Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer 1994 und 1995

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.07.1998; Aktenzeichen V R 87/97)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Umsätze aus einer Tätowierungstätigkeit mit dem ermäßigten Steuersatz, zu versteuern sind.

Der Kläger fertigt nebenberuflich Tätowierungen und unterfiel mit dem hierzu vereinnahmten Entgelt in den Streitjahren 1994 und 1995 erstmals einer Umsatzbesteuerung. In den Umsatzsteuerbescheiden 1994 und 1995 vom 23. Juli 1996 unterwarf der Beklagte die Umsätze aus der Tätowierungstätigkeit dem Regelsteuersatz von 15 v.H.. Mit seinen hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Einsprüchen wandte sich der Beklagte u.a. gegen den Ansatz der Regelversteuerung und führte dazu an, seine Umsätze fielen unter § 12 Abs. 2 Nr. 7 c UStG und seien daher mit 7 v.H. zu versteuern. Hauptinhalt seiner Leistung sei die Einräumung von urheberrechtlichen Befugnissen, die in der Übertragung der Nutzungsrechte an der jeweiligen Tätowierung lägen. Jede Tätowierung sei durch die Plazierung, Änderung der Form, der eigenen farblichen Gestaltung, der eigenen persönlichen Wahl der Ausführung individuell gefertigt und dadurch jeweils etwas Neues und Eigentümliches, was in der Ausführung einmalig, von seiner Persönlichkeit geprägt und als seine eigene Schöpfung anzusehen sei. Des weiteren ergebe sich eine ermäßigte Besteuerung auch aus § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG. Seine Tätowierungen würden unter die Nr. 53 a der Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände fallen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 26. November 1996 wies der Beklagte die Einsprüche hinsichtlich des hier noch streitbefangenen Umsatzsteuersatzes auf Tätowierungsentgelte als unbegründet ab. Unter die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 c UStG fielen sonstige Leistungen, deren wesentlicher Inhalt in der Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten nach dem Urheberrechtsgesetz bestehe. Die Leistung des Einspruchsführers bestehe darin, daß er seinen Kunden ein gewünschtes Motiv auf ein Körperteil tätowiere. Hierfür zahle der Kunde das vereinbarte Leistungsentgelt. Hauptinhalt der Leistung des Einspruchsführers sei daher nicht eine Rechtsübertragung, sondern die Ausführung der Tätowierung die Einräumung oder Übertragung von urheberrechtlichen Befugnissen stelle daher – wenn überhaupt – allenfalls eine Nebenleistung dar. Sie sei daher Bestandteil einer einheitlichen wirtschaftlichen Gesamtleistung. Eine Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2, Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 53 a der Liste komme ebenfalls nicht in Betracht. In § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG werde eine Lieferung vorausgesetzt. Geliefert werden könnten aber nur Gegenstände. Hier bestehe die Leistung des Einspruchsführers nicht in der Lieferung eines Gegenstandes, sondern in einer sonstigen Leistung, nämlich in dem Anbringen einer Tätowierung.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 23. Dezember 1996 bei Gericht eingegangenen Klage, zu deren Begründung er im wesentlichen vorträgt: Zunächst sei § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG einschlägig. Wenn auch der Begriff der Tätowierung dort nicht explizit erwähnt sei, so sei dieser dennoch unter die bei Nr. 53 a erwähnten „Gemälde und Zeichnungen, vollständig mit der Hand geschaffen sowie Collagen und ähnliche dekorative Bildwerke” zu subsumieren. Künstlerisch gesehen sei kein Unterschied zu erkennen, ob nun ein Maler ein Original anfertige oder ein Tätowierer auf Anregung seines Kunden eine Tätowierung erstelle. Im übrigen sei der Begriff „Gemälde, vollständig mit der Hand geschaffen” weit auszulegen (Hinweis auf EuGH-Urteil vom 8. November 1990, EuGHE 1990, I – 4012). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG seien gegeben. Zwar möge kraft Natur der Sache die Tätowierung kein lieferbarer Gegenstand im herkömmlichen Sinne sein. Allerdings und auch gerade deshalb sei bei dem Anbringen der Tätowierung eine Lieferung im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG gegeben. Denn wenn auch die Verschaffung der Tätowierung durch den Kläger an seine Kunden nicht wörtlich dem Begriff der Lieferung gemäß § 3 Abs. 1 UStG unterfalle, so sei doch § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG hinsichtlich der künstlerischen Leistung des Steuerpflichtigen dahin auszulegen, daß es nicht entscheidend sein könne, ob eine Lieferung im herkömmlichen Sinne oder eine Werk- bzw. Dienstleistung wie das Anbringen einer Tätowierung vorliege. Diese Auslegung sei unter Berücksichtigung des Art. 12 der 6. Umsatzsteuer-Richtlinie EG vom 17. Mai 1977 zwingend. Dieser Vorschrift, insbesondere dem damit auch heranzuziehenden Anhang H sei ausdrücklich zu entnehmen, daß sowohl Gegenstände als auch, Dienstleistungen dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegen könnten. Aufgrund der sachlichen Vergleichbarkeit von Tätowierungen mit anderen Kunstgegenständen stelle eine Regelbesteuerung gegenüber dem Kläger eine ungerechtfertigte Benachteiligung gegenüber anderen Künstlern wi...

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