Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkend zu gewährende sog. halbe Kinderfreibeträge und Anspruch auf Übertragung des (halben) Kinderfreibetrags des anderen Elternteils für das Streitjahr 1994

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Weist der Kläger für ein Streitjahr, in dem die ihm zustehenden (halben) Kinderfreibeträge dem anderen Elternteil übertragen worden sind, nach, dass er seiner Unterhaltspflicht gegenüber seinen Kindern im wesentlichen nachträglich durch ihm gegenüber erfolgte Pfändungsmaßnahmen nachgekommen ist, so stehen ihm die übertragenen (halben) Kinderfreibeträge zu.
  2. Für das Streitjahr 1994 steht dem Vater eines volljährigen Kindes - anders als seit dem 1. 7. 1998 - auch der (halbe) Kinderfreibetrag des anderen Elternteils zu.
 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 6 Sätze 1, 5

 

Tatbestand

Streitig ist im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des geschiedenen Klägers für 1994, ob ihm als Elternteil halbe Kinderfreibeträge für seine beiden Töchter zustehen und ihm außerdem für die Tochter N. der halbe Kinderfreibetrag des anderen Elternteils zu übertragen ist.

Der seit dem 9. 2. 1990 geschiedene Kläger ist Elektromeister und betriebt in L. ein Elektrogeschäft. Hieraus erzielt er Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Daneben hat er Einkünfte aus Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung. Er hatte gegen seine erklärungsgemäße Einkommensteuerveranlagung 1994 mit Bescheid des Beklagten vom 23. 7. 1996 Einspruch eingelegt, dem in vollem Umfang entsprochen wurde. Der Beklagte setzte mit dem geänderten und teilweise nach § 165 Abs. 1 AO vorläufigen Bescheid vom 25. 8. 1998 die Einkommensteuer 1994 herab und hob gleichzeitig den Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 3 AO auf. Mit erneutem Einspruch beantragte der Kläger u. a. erstmals die Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen für seine 1971 geborene volljährige Tochter N. und die 1973 geborene minderjährige Tochter H. Die halben Kinderfreibeträge des Klägers waren ohne seine Zustimmung mangels Unterhaltszahlungen des Klägers auf seine geschiedene - inzwischen verstorbene - Ehefrau, G., übertragen worden. Im Einspruchsverfahren hat der Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 25. 8. 1998 u. a. mitgeteilt, dass aufgrund vollstreckbarer Ausfertigungen des notariellen Ehevertrags Urk. Nr. 198/89 von den Kindern N. und H. bei ihm rückständige Unterhaltsansprüche für 1993 bis Juni 1998 von insgesamt 49.489,67 DM durch Pfändung seiner Direktversicherung bei der Allianz beigetrieben worden seien. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf das genannte Schreiben Bezug genommen.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. In der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 19. 1. 1999 ist insoweit ausgeführt worden, der Kläger habe - trotz entsprechender Aufforderungen - keine aussagekräftigen Unterlagen bezüglich der Unterhaltsleistungen vorgelegt.

Mit der Klage hiergegen hat der Kläger u. a. vorgebracht, aufgrund seines Lohnverlustes sei es ihm nicht möglich gewesen, den nach der Düsseldorfer Tabelle errechneten und an den alleinsorgenden Elternteil (Mutter) abzuführenden Unterhaltsanspruch aufrechtzuerhalten. Als Ausgleich habe seine wieder verheiratete inzwischen verstorbene Ehefrau die Übertragung der Kinderfreibeträge beantragt und erhalten. Ihr hätten das Vermögen der Kinder von mindestens 250.000 DM und die Beihilfen der Frau K. zur Verfügung gestanden. Nach den Pfändungsbeschlüssen sei die Verstorbene ihren Unterhaltspflichten nur auf dem Papier nachgekommen. Sofern die rückwirkenden Unterhaltsverpflichtungen berechtigt seien und die Verstorbene das ihr aufgetragene alleinige Sorgerecht nicht erfüllt habe, seien ihm die Kinderfreibeträge rückwirkend zu gewähren. Es habe bisher nicht geklärt werden können, ob die Unterhaltsforderungen berechtigt gewesen seien.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1994 vom 25. 8. 1998 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 19. 1. 1999 dahingehend zu ändern, dass Kinderfreibeträge für die Kinder N. und H. berücksichtigt werden.

Der Beklagte stellt keinen Antrag.

Er hält es nach den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegten weiteren Unterlagen für nachgewiesen, dass der Kläger für 1994 nachträglich aufgrund von Pfändungen seiner Direktversicherung bei der Allianz Nr. 113247994 der Unterhaltspflicht gegenüber seinen Kindern im wesentlichen nachgekommen ist.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Dem geschiedenen Kläger steht nach § 32 Abs. 6 SAtz 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung für seine zu berücksichtigenden Kinder N. und H. jeweils ein sog. halber Kinderfreibetrag zu. Außerdem hat der Kläger nach § 32 Abs. 6 Satz 5 EStG für das volljährige Kind N. Anspruch auf Übertragung des (halben) Kinderfreibetrags des anderen Elternteils, nämlich der inzwischen verstorbenen Frau G., deren Rechtsnachfolger der Beigeladene ist.

Der Kläger hat durch Vorlage weiterer Unterlagen in der mündlichen Verhandlung nachgewiesen, dass er für 1994 seiner Unterhaltspflicht gegenüber seinen Kin...

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