rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreiheit der Leistungen eines Dirigenten an Chöre, bzw. Orchester

 

Leitsatz (amtlich)

Leistungen, die ein Dirigent an Chöre, bzw. Orchester erbringt, sind steuerfrei. Der Steuerpflichtige kann sich unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchstabe n MwStSystRL berufen.

 

Normenkette

UStG § 4 Abs. 20a; UStR Abschn. 107 Abs. 1; 6. Umsatzsteuerrichtlinie Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe n;; AO § 175 Abs. 2 S. 2; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. n

 

Tatbestand

Der Kläger ist Berufsmusiker und erzielt Umsätze als Dirigent und Chorleiter. Er ermittelt seinen Gewinn gem. § 4 Abs. 3 EStG. Streitig ist, ob Umsätze eines Dirigenten und Chorleiters nach § 4 Nr. 20 UStG steuerfrei, nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 a) UStG mit 7% ermäßigt, oder mit dem Regelsteuersatz zu besteuern sind. Aus den Einnahme-Überschuss-Rechnungen der Streitjahre (mit Ausnahme des Jahres 1999) sind die Chöre bzw. Orte der musikalischen Darbietung ersichtlich, wo der Kläger tätig geworden ist. Schriftliche Vereinbarungen zwischen dem Kläger und den Chören bestehen nicht.

In seinen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 1999 bis 2002 unterwarf der Kläger seine Umsätze dem Regelsteuersatz. Der Beklagte stimmte den Umsatzsteuererklärungen zu.

Am 07.12.2005 beantragte der Kläger die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 1999 bis 2002 entsprechend den von ihm eingereichten berichtigten Umsatzsteuererklärungen. In diesen erklärte er die bisher als mit dem Regelsteuersatz zu versteuernden Umsätze als Umsätze, die dem ermäßigten Steuersatz von 7% zu unterwerfen seien.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18.01.2006 ab. Der dagegen gerichtete Einspruch, mit dem der Kläger sich nunmehr auf die Steuerfreiheit der Umsätze berief, wurde mit Einspruchsentscheidung vom 12.04.2006 als unbegründet zurückgewiesen. Die Steuerfestsetzungen verblieben weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, der EuGH habe mit Urteil vom 03.04.2003 (C-144/00 – Hoffmann -, UR 2003, 248 entschieden, dass auch Solisten als "gleichartige Einrichtungen" im Sinne des Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe n der 6. EG-Richtlinie angesehen werden könnten. Soweit die Finanzverwaltung zunächst die Auffassung vertreten habe, dass Dirigenten nicht als begünstigte Berufsgruppen in diesem Sinne anzusehen seien, habe sie ihre Auffassung im Mai 2005 korrigiert. Der Kläger sei im Besitz einer Bescheinigung vom 22.06.2006, die bestätige, dass er die gleichen kulturellen Aufgaben wie die von Bund, Ländern und Gemeinden, bzw. Gemeindeverbänden geführten Einrichtungen erfülle (Bl. 23/24 FG-Akte).

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Januar 2006 über die Ablehnung der Änderung der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2002 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 12. April 2006 den Beklagten zu verpflichten, die Umsatzsteuer der Jahre 1999 bis 2002 auf 0 DM bzw. € festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt ergänzend zu seinen Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vor, nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG seien die Umsätze u. a. der Chöre, Orchester und Kammermusikensembles und der sonstigen in dieser Vorschrift genannten Einrichtungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände steuerfrei. Das Gleiche gelte für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinige, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllten (§ 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG). Die Steuerbefreiung der Umsätze dieser Einrichtungen sei deshalb eingeführt worden, weil sie in erheblichem Umfang staatlich subventioniert würden und die Einnahmen keine Aussagekraft hinsichtlich der Belastbarkeit ihrer Umsätze mit Umsatzsteuer besäßen. Zudem könnten im Falle der Steuerpflicht die Eintrittspreise nicht erhöht werden, sondern die Subventionen müssten aufgestockt werden.

Der Wortlaut der Vorschrift lasse erkennen, dass Dirigenten, bzw. Chorleiter eigentlich nicht erfasst seien. Die Vorschrift befreie nach ihrem Wortsinn nur die Leistungen u. a. von Orchestern, Chören oder Kammermusikensembles in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Trägerschaft, letztere allerdings nur unter der Voraussetzung, dass es sich nach Bestätigung der zuständigen Landesbehörde um eine gleichartige Einrichtung handele.

Der in diesem Sinne gebrauchte Begriff der "gleichartigen Einrichtung" in § 4 Nr. 20 Buchstabe a Satz 2 UStG schließe eine Begünstigung von Solokünstlern nicht aus. Deren künstlerische Leistungen könnten unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 20 a UStG ebenso steuerfrei sein wie die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten i. S. d. § 4 Nr. 20 Buchstabe b UStG, bei denen die Darbietungen von Einzelkünstlern erbracht würden. Aus dem EuGH-Urteil vom 03.04.2003 C-144/00 sei jedoch keine generelle Umsatzsteuerbefreiung für kulturelle Leistungen von Einzelpersonen abzuleiten.

Der Klä...

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