Entscheidungsstichwort (Thema)

Merkmal der Haushaltsaufnahme i.S. des § 64 Abs. 2 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Kind gehört dann zum Haushalt eines Berechtigten, wenn es dort wohnt, versorgt und betreut wird, so dass es sich in der Obhut dieser Person befindet. Formale Gesichtspunkte, z.B. die Sorgerechtsregelung und die Eintragung in ein Melderegister, können bei der Beurteilung, in welchem Haushalt das Kind aufgenommen ist, unterstützend herangezogen werden.

 

Normenkette

EStG § 64 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 31.08.2010; Aktenzeichen III B 80/10)

 

Tatbestand

Streitig ist die Rückforderung von Kindergeld für den Zeitraum von Juli bis Oktober 2008 i.H.v. 616,00 €.

Die Klägerin hat für ihre beiden Söhne S, geb. am 01.12.1991 und K, geb. am 11.02.1994, Kindergeld bezogen.

Am 18. September 2008 stellte der Sohn S einen Antrag auf Auszahlung des anteiligen Kindergeldes, da weder sein Vater noch seine Mutter Unterhalt für ihn leisten würden. Er befinde sich in Ausbildung bis voraussichtlich 2011. Als Wohnort hat er angegeben: B, W-Straße. Dem Antrag war der Berufsausbildungsvertrag zwischen S und der F-Bau GmbH & Co. KG in B vom 26. August 2008 beigefügt. Danach sollte S eine Ausbildung vom 01.08.2008 bis 31.07.2011 als Straßenbauer absolvieren.

Am 22. September 2008 teilte die Beklagte dem Sohn S mit, dass seinem Antrag auf Abzweigung des Kindergeldes vom 11.09.2008 nicht entsprochen werden könne, da er noch nicht volljährig sei.

Mit Antrag vom 01. Oktober 2008 beantragte die Großmutter, Frau R. F. für ihren Enkel S. S. Kindergeld ab 01. Juli 2008, da S. seit diesem Zeitpunkt in ihrem Haushalt lebe. Mit Bescheid vom 10. Dezember 2008 wurde Frau F für S Kindergeld ab November 2008 i.H.v. 154,00 € monatlich bewilligt, da sie das Kind in ihren Haushalt aufgenommen habe. Um über den Anspruch für den Zeitraum Juli bis Oktober 2008 entscheiden zu können, sei noch eine weitere Überprüfung erforderlich (vgl. Kindergeldakte-Nr. 563/196545).

Bereits am 28. Oktober 2008 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass für die Zeit von Juli 2008 bis Oktober 2008 möglicher Weise kein Anspruch auf Kindergeld für den Sohn S bestanden habe, da das Kind seit dem 01.07.2008 bei der Großmutter lebe. Diese habe ab Juli 2008 gem. § 64 Abs. 2 EStG den vorrangigen Anspruch auf Kindergeld. Die Festsetzung des Kindergeldes müsse aufgrund dieses Sachverhalts ab Juli 2008 aufgehoben werden und das zuviel gezahlte Kindergeld sei nach § 37 Abs. 2 AO zu erstatten. Bevor jedoch abschließend entschieden werde, ob die Klägerin den Betrag i.H.v. 616,00 € erstatten müsse, werde mit diesem Schreiben eine möglicher Weise erfolgte Weiterleitung des Kindergeldes an die Großmutter geprüft. Für die Anerkennung der Weiterleitung müsse die Klägerin erklären, dass eine Weiterleitung des Kindergeldes an die Großmutter erfolgt sei und eine schriftliche Bestätigung der Großmutter vorlegen, dass die Klägerin das Kindergeld für den oben genannten Zeitraum in voller Höhe an die Großmutter weitergeleitet habe. Hierzu müsse der beigefügte Vordruck vollständig von der Großmutter ausgefüllt werden. Eine Bestätigung über die Weiterleitung müsste die Klägerin innerhalb eines Monats nach Zugang dieses Schreibens vorlegen, ansonsten werde nach Aktenlage entschieden.

Ausweislich der Kindergeldakte erfolgte keine Reaktion seitens der Klägerin.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 2008 hat die Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes für das Kind S gem. § 70 Abs. 2 EStG ab Juli 2008 aufgehoben. Die Großmutter habe das Kind in ihren Haushalt aufgenommen; sie habe deshalb den vorrangigen Anspruch auf Kindergeld gem. § 64 Abs. 2 S. 1 EStG. Deshalb sei Kindergeld für den Zeitraum von Juli bis Oktober 2008 in Höhe von 616,00 € überzahlt worden, das die Klägerin nach § 37 Abs. 2 AO zu erstatten habe (Bl. 86 KG-Akte).

Dagegen haben die Prozessbevollmächtigten Einspruch eingelegt. Zur weitergehenden Prüfung der Sach- und Rechtslage beantragten sie Akteneinsicht zu gewähren.

Am 10.03.2009 teilte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten mit, dass Akteneinsicht nur nach Vorlage einer schriftlichen Originalvollmacht erfolgen könne und grundsätzlich nur in den Diensträumen der Familienkasse. Außerdem wurden die Prozessbevollmächtigten gebeten, bis zum 10. April 2009 den Einspruch zu begründen und wegen der Akteneinsicht telefonisch einen Termin zu vereinbaren.

Die Prozessbevollmächtigten legten zwar am 19. März 2009 eine Vollmacht in Kopie vor, Akteneinsicht wurde jedoch nicht genommen.

Mit der Einspruchsentscheidung vom 16. September 2009 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Auf die Einspruchsentscheidung wird verwiesen.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage. Zur Begründung trägt sie vor, dass die Aufhebung und die Rückforderung des Kindergeldes rechtswidrig sei. Sie habe wie in der Vergangenheit auch für diesen streitgegenständlichen Zeitraum das Sorgerecht innegehabt, so dass ein kurzfristiger Aufenthalt des Sohnes S im Haushalt der Großmutter ihren Kindergelda...

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