Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorkostenabzug nach § 10 e Abs. 6 EStG: Veräußerung des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Veräußerung des erworbenen Grundstücks vor Beginn einer Eigennutzung und der damit verbundene Wegfall der Möglichkeit der (ursprünglich beabsichtigten) Eigennutzung stellt ein rückwirkendes Ereignis dar, welches das Finanzamt berechtigt, den Vorkostenabzug nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO rückgängig zu machen.

 

Normenkette

EStG § 10e Abs. 6; AO § 175 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Veräußerung eines für die Nutzung zu eigenen Wohnzwekken vorgesehenen Grundstücks dazu berechtigt, den Vorkostenabzug in einem bereits bestandskräftigen Steuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO rückgängig zu machen.

Die Klägerin erwarb im September 1989 ein Grundstück, auf dem ein Einfamilienhaus für die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken errichtet werden sollte. Mit notariellem Vertrag vom 21. 4. 1993 veräußerte die Klägerin das Grundstück wieder. Die Kläger teilten mit Schreiben vom 28. 11. 1996 mit, daß die Absicht zur Erstellung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück Ende 1991 aufgegeben worden sei.

In der Einkommensteuererklärung 1989 hatten die Kläger mit der Anlage „Förderung des Wohneigentums“ Aufwendungen vor Bezug nach § 10 e Abs. 6 EStG als Vorkosten geltend gemacht. Das Finanzamt berücksichtigte die Aufwendungen antragsgemäß (Einkommensteuerbescheid 1989 vom 3. 4. 1991).

Mit nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändertem Einkommensteuerbescheid 1989 vom 17. 8. 1995 versagte das Finanzamt den Vorkostenabzug, da das Grundstück verkauft und nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden sei. Mit Schreiben vom 30. 9. 1995 teilte es den Klägern mit, daß Rechtsgrundlage für die Änderung nicht § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, sondern § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sei.

Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.

Mit ihrer Klage haben die Kläger ausführen lassen: Tatbestandsmerkmal für die Gewährung des Vorkostenabzugs sei nicht die Absicht, ein Objekt zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen, sondern die tatsächliche Eigennutzung. Die tatsächliche Eigennutzung sei tatbestandsmäßig nicht gegeben gewesen. Trotzdem habe das Finanzamt die Einkommensteuer des Streitjahres endgültig veranlagt. Daraus ergebe sich, daß der Einkommensteuerbescheid des Streitjahres des gewährten Vorkostenabzugs rechtswidrig gewesen sei, weil die notwendige Eigennutzung nicht eingetragen gewesen sei. Die Eigennutzung sei weder im Zeitpunkt des Einkommensteuerbescheids noch später gegeben gewesen, so daß ein Tatbestandsmerkmal auch später rückwirkend nicht habe wegfallen können. Selbst wenn man die Aufgabe der Absicht der Selbstnutzung der Wohnung als nachträgliches Ereignis ansehen könne, fehle diesem Ereignis zumindest steuerrechtliche Rückwirkung. Die von den Klägern beantragte Steuervergünstigung nach § 10 e Abs. 6 EStG setze für die endgültige Anerkennung nämlich die tatsächliche Eigennutzung voraus, die bloße Absicht der Eigennutzung reiche nicht aus. Deshalb könne durch die Aufgabe dieser Absicht der Steuerbegünstigungstatbestand nicht nachträglich berichtigt werden.

Die Kläger haben beantragt, den geänderten Einkommensteuerbescheid 1989 vom 17. 8. 1995 sowie die Einspruchsentscheidung vom 27. 12. 2000 aufzuheben. Hilfsweise haben sie die Zulassung der Revision beantragt.

Das Finanzamt hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Es hat darauf hingewiesen, daß zum Zeitpunkt der hinsichtlich der beantragten Vorkosten antragsgemäß durchgeführten Veranlagung eine Eigennutzung noch möglich gewesen sei. Diese sei jedoch mit der Veräußerung des dafür vorgesehenen Grundstücks am 21. 4. 1993 endgültig entfallen. In der Veräußerung sei ein Ereignis zu erblicken, auf das § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO abstelle. Diese Veräußerung habe darüber hinaus den nach dem Steuertatbestand rechtserheblichen Sachverhalt rückwirkend anders gestaltet (Hinweis auf das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 5. 4. 1995 1 K 2126/93, EFG 1995, 1027). Die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO seien demnach erfüllt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Veräußerung des erworbenen Grundstücks vor Beginn einer Eigennutzung und der damit verbundene Wegfall der Möglichkeit der beabsichtigten Eigennutzung stellt ein rückwirkendes Ereignis dar, welches das Finanzamt berechtigt, den Vorkostenabzug nach § 175 Abs.1 Nr. 2 AO rückgängig zu machen.

§ 175 Abs. 1 Nr. 2 AO verlangt die Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Rückwirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Die Voraussetzungen dieser Berichtigungsvorschrift sind dann erfüllt, wenn sachverhaltsändernde Geschehnisse nachträglich eintreten, die aufgrund des jeweiligen in Betracht kommenden Steuergesetzes eine steuerliche Wirkung für die Vergangenheit auslösen. Nach allgemeiner Meinung und auch nach Meinung der Kläger ergibt sich aus der Regelung des § 10 e Abs. 6 Satz 1 EStG über den Abzug von Aufwendungen, „die bis zum Beginn der erstmaligen Nutzung ein...

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