Nutzung einer Wohnung durch die (Schwieger-)Mutter ist nicht steuerbegünstigt
Blick in die aktuelle Rechtslage
Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften unterliegen nach Maßgabe von §§ 22 Nr. 2 i.V.m. 23 EStG der Besteuerung.
Dazu gehören nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z.B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.
Um ein „privates“ Veräußerungsgeschäft handelt es sich bei einer Immobilienveräußerung nicht, wenn dieses Geschäft anderen Einkunftsarten zuzurechnen ist. Durch die Subsidiaritätsregelung in § 23 Abs. 2 EStG ist vor der Besteuerung gem. § 23 EStG immer zu prüfen, ob z. B. ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt.
Eine besondere Bedeutung kommt § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG zu, weil bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen trotz Einhaltung der 10 Jahresfrist kein privater Veräußerungsgewinn zu erfassen ist. Ausgenommen von der Besteuerung sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung
- ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (1. Alternative) oder
- im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken (2. Alternative)
genutzt wurden.
Für die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken muss das Gebäude zumindest auch selbst genutzt werden; unschädlich ist, wenn es gemeinsam mit Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt wird (BFH, Urteil v. 1.3.2021, IX R 27/19). Der BFH musste nunmehr die Frage beurteilen, ob als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG auch die unentgeltliche Überlassung an die (Schwieger-) Mutter zu beurteilen ist.
Sachverhalt: Unentgeltliche Wohnungsüberlassung an die (Schwieger-)Mutter und Wohnungsverkauf nach deren Tod
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt verhielt sich folgendermaßen:
- Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
- Die Kläger erwarben 2009 zu je ½ eine Eigentumswohnung.
- Diese Eigentumswohnung wurde bis zu ihrem Tod am 24.12.2016 an die Mutter der Klägerin unentgeltlich zur Nutzung überlassen.
- Unterhaltsleistungen nach § 33a EStG machten die Kläger für die unentgeltliche Nutzungsüberlassung nicht geltend.
- Nach dem Tod der (Schwieger-) Mutter wurde die Eigentumswohnung in 2017 mit Gewinn verkauft.
Die Kläger gingen von einer ausschließlichen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken aus. Demgegenüber erfasste das Finanzamt bei dem Kläger und der Klägerin einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft von Höhe von jeweils rd. 16.300 EUR.
FG Düsseldorf: Unentgeltliche Überlassung ist keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken
Die Klage hatte keinen Erfolg. Es liegt nach Auffassung des FG Düsseldorf (Urteil v. 2.3.2023, 14 K 1525/19 E,F) keine Nutzung der Kläger zu eigenen Wohnzwecken vor.
Entscheidung: Überlassung an die (Schwieger-) Mutter ist keine Eigennutzung
Auch der BFH geht von einem privaten Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG aus.
Eine Besteuerungsbefreiung ergibt sich nicht, weil die Kläger die besagte Wohnung nicht selbst zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben. Allein eine Wohnsitzmeldung unter der Immobilienadresse reicht für ein Bewohnen nicht aus, wenn man sich allenfalls für Besuchsfahrten gelegentlich dort aufhält (so auch BFH, Urteil v. 29.5.2018, IX B 106/17) und die Wohnung ansonsten von einem Dritten zu Wohnzwecken genutzt wird.
Grundsätzlich liegt keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor, wenn die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlassen wird, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen.
Ausnahmsweise wird eine Eigennutzung bejaht, wenn ein Teil der Wohnung oder die Wohnung insgesamt einem einkommensteuerlich nach § 32 EStG zu berücksichtigenden Kind unentgeltlich zur teilweisen oder alleinigen Nutzung überlassen wird (BFH, Urteil v. 24.5.2022, IX R 28/21).
Eine Ausweitung dieser Sonderregelung auf eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung an eine nicht kindergeldberechtigende Person -wie hier der (Schwieger-) Mutter- lehnt der BFH ab.
Bei kindergeldberechtigenden Kindern werde bei typisierender Betrachtung von einer Unterhaltspflicht und vom Anfall von entsprechenden Aufwendungen ausgegangen.
Demgegenüber wurde im Entscheidungsfall keine Unterhaltspflicht der Klägerin gegenüber ihrer Mutter festgestellt. Auch habe der Kläger gegenüber der Schwiegermutter mangels Verwandtschaftsverhältnisses (§ 1601 BGB) keine Unterhaltspflicht zu erfüllen.
Hinweis: Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bei nachgewiesener Unterhaltspflicht?
Wie zu erwarten hat der BFH zugunsten einer Versteuerung des privaten Veräußerungsgeschäfts geurteilt. Die Entscheidung könnte allerdings die Frage offenlassen, ob bei nachgewiesener Unterhaltspflicht eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken angenommen werden könnte. M. E. dürfte dies nicht der Fall sein, weil sich der BFH für eine enge Rechtsauslegung entschieden hat. Abzuwarten bleibt, ob gegen diese Entscheidung eine Verfassungsbeschwerde erhoben wird.
BFH, Urteil v. 14.11.2023, IX R 13/23; veröffentlicht am 25.1.2024.
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