Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzinsung nach § 235 AO bei Doppelbezug von Kindergeld

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Verzinsungsvorschrift für hinterzogene Steuern des § 235 Abs. 1 S. 1 AO umfasst auch Steuervergütungen wie das Kindergeld.

 

Normenkette

EStG § 31; AO §§ 235, 370

 

Tatbestand

Streitig ist die Festsetzung von Hinterziehungszinsen für die Rückforderung von Kindergeld.

Die Klägerin beantragte mit einem von ihr unterschriebenen Antrag auf Kindergeld vom 05.09.2000 beim Arbeitsamt die Festsetzung von Kindergeld für die Kinder M (geb. xx.xx.1993) und R (geb. xx.xx.1997). Sie kreuzte auf der Rückseite des Antragsformulars unter Ziff. 9 bei der Frage, „Sind oder waren Sie, ihr Ehegatte oder eine andere Person, zu der die eingetragenen Kinder in einem Kindschaftsverhältnis stehen, in den letzten 5 Jahren vor der Antragstellung im öffentlichen Dienst tätig?“ mit „Nein“ an. Das Arbeitsamt gewährte gemäß dem Antrag der Klägerin Kindergeld und überwies dieses auf das von der Klägerin angegebene Konto mit der Nr. 11111111 bei der Q.

Die Klägerin war vom 01.05.1992 bis 29.02.2012 bei der T angestellt. Sie stand jedoch ab der Geburt von M bis April 2011 nicht in einem aktiven Beschäftigungsverhältnis, sondern war entweder in Elternzeit oder ohne Bezüge beurlaubt. Die T zahlte Kindergeld für M ab Juni 1993 und für R ab März 1997 aufgrund der Anträge der Klägerin vom 20.06.1993 und 03.06.1997.

Aufgrund einer Überprüfung durch den Bundesrechnungshof wurde im April 2011 festgestellt, dass die Klägerin für die beiden Kinder im Zeitraum von April 2000 bis April 2011 sowohl von der Familienkasse als auch von der T Kindergeld erhielt.

Die Familienkasse hob mit Bescheid vom 02.08.2011 die Festsetzung des Kindergeldes für die Kinder M und R ab Januar 2001 auf. Mit Bescheid vom 12.08.2011 forderte die Familienkasse das für den Zeitraum von Januar 2001 bis Juli 2011 zuviel gezahlte Kindergeld in Höhe von 39.209,20 € zurück.

Das Amtsgericht verurteilte die Klägerin mit Urteil vom 27.09.2011 wg. Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 25 €.

Mit Bescheid über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen vom 31.07.2012 setzte die Familienkasse Hinterziehungszinsen in Höhe von 11.978 € fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich rechtlich um eine Steuerhinterziehung handele und nach Abschluss des Strafverfahrens der zu Unrecht ausgezahlte Kindergeldbetrag in Höhe von 40.313,56 € zu verzinsen sei. Hinsichtlich der Berechnung der Zinsen wurde auf die beigefügte Anlage verwiesen.

Gegen den Bescheid über die Festsetzung der Hinterziehungszinsen erhob der Prozessbevollmächtigte Einspruch und gab an, die Klägerin in dieser Angelegenheit zu vertreten.

Mit Einspruchsentscheidung vom 03.01.2013 verwarf die Familienkasse den Einspruch des Prozessbevollmächtigten gegen den Zinsbescheid vom 31.07.2012 als unzulässig, da der Einspruch ohne Vorlage einer Vollmacht erhoben und diese auch auf Anforderung nicht vorgelegt worden sei.

Der Prozessbevollmächtigte erhob für die Klägerin Klage gegen den Bescheid über Hinterziehungszinsen.

Zur Begründung der Klage führte er aus, dass die Voraussetzungen einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung bei der Klägerin nicht vorliegen würden. Der Bescheid verweise allein auf den Abschluss des Strafverfahrens, ohne dass sich die Beklagte jedoch die dortigen tatsächlichen Feststellungen zu Eigen gemacht hätte. Es werde zur Begründung lediglich ausgeführt, dass es sich rechtlich gesehen um eine Steuerhinterziehung handle. Dies sei nicht ausreichend. Ob bzw. dass eine Steuerhinterziehung vorliege, habe die Behörde selbst festzustellen.

Tatsächlich lägen die Voraussetzungen der Festsetzung von Hinterziehungszinsen auch nicht vor. Die Klägerin habe im Rahmen des Steuerstrafverfahrens ausgeführt, dass sie erst im Mai 2011 durch einen Brief der T davon erfahren habe, dass sie zu Unrecht Kindergeld der erhalten habe. Die rechtlich und geschäftlich unerfahrene Klägerin sei davon ausgegangen, dass der Zuwendung ihres Arbeitgebers, der T, ein Familienzuschlag im öffentlichen Dienst zugrunde gelegen habe. Sie legt hierzu einen Kontoauszug der Q vom 14.04.2011 (Konto Nr.: 111111; Kontoauszug Nr. 16) vor, in dem die Zahlung von 368 € durch die T als „Gehalt“ bezeichnet wird. Sie habe nicht gewusst, dass es sich um eine fehlerhafte Doppelzahlung gehandelt habe. Im Übrigen habe sie die Frage, ob sie, ihr Ehegatte oder eine andere Person in den letzten Jahren vor der Antragstellung im öffentlichen Dienst beschäftigt war, richtigerweise mit „nein“ beantwortet, da sie damals nicht aktiv beschäftigt, sondern beurlaubt war. Weiter könne ihr als Mitarbeiterin in der Telefonzentrale der T auch nicht vorgehalten werden, nicht zu wissen, dass sie dem öffentlichen Dienst angehöre. Bis zum Jahre 2006 sei die Klägerin auch verheiratet gewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt habe sich ihr Ehemann um die finanziellen Dinge gekümmert. Die mit der früheren Handhabung identische Praxis sei der Klägerin daher nicht aufgefallen. Es fehle d...

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