Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Anrechnung des steuerfreien Arbeitgeberzuschusses zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung auf die Beiträge zur Basisversicherung für den Sonderausgabenabzug

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Höhe der Anrechnung des steuerfreien Arbeitgeberzuschusses zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung auf die Beiträge zur Basisversicherung nach § 10 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 EStG in der Neufassung durch das Gesetz zur verbesserten Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom 16. Juli 2009) ist nicht verfassungswidrig.

2. Die Anrechnung des Zuschusses auf die Basisversorgung führt zur Kompensation der Steuerfreiheit des Zuschusses nach § 3 Nr. 62 EStG, dient einer Gleichbehandlung mit gesetzlich krankenversicherten Personen hinsichtlich des Versicherungsumfangs und liegt innerhalb des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 10

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Anrechnung des steuerfreien Arbeitgeberzuschusses zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung auf die Beiträge zur Basisversicherung.

Die Klägerin ist alleinstehend und als Ärztin nichtselbständig tätig. Ihr Bruttoarbeitslohn betrug im Streitjahr 2010 93.123 €. Sie ist privat kranken- und pflegeversichert und erhält dafür einen steuerfreien Zuschuss ihres Arbeitgebers.

Mit Einreichung der Einkommensteuererklärung für 2010 machte sie in der Anlage Vorsorgeaufwand die Beiträge zur privaten Krankenversicherung (nur Basisabsicherung) i.H.v. 4.585 € und zur privaten Pflegeversicherung i.H.v. 402 € als Sonderausgaben geltend. Der Krankenkassenbeitrag für Wahlleistungen bei der Klägerin betrug nach der Bescheinigung der Versicherung 1.519 €, der steuerfreie Arbeitgeberzuschuss belief sich nach Nr. 24 der Lohnbescheinigung auf 3.254 €.

Mit Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 12.04.2011 setzte das Finanzamt Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 4.585 € sowie Beiträge zur Pflegeversicherung i.H.v. 402 € an, brachte hiervon die steuerfreien Arbeitgebererstattungen i.H.v. 3.254 € in Abzug und gelangte auf einen Betrag von 1.733 € als Sonderausgaben. Zusammen mit den übrigen Vorsorgeaufwendungen (Arbeitslosenversicherung, Krankenkasse Wahlleistungen etc.) i.H.v. 2.443 € wurden im Steuerbescheid Sonderausgaben i.H.v. insgesamt 1.900 € als Vorsorgeaufwendungen berücksichtigt.

Mit dem Einspruch macht der Prozessbevollmächtigte geltend, dass der steuerfreie Arbeitgeberzuschuss nur insoweit auf die Beiträge zur Basisabsicherung anzurechnen sei, als er diese auch anteilig betreffe. Der Arbeitgeberzuschuss entfalle auf einen gesamten Krankenversicherungsbeitrag von 6.507,36 €. Da vom gesamten Krankenversicherungsbeitrag ein Betrag i.H.v. 4.988 € und damit 72,18 % auf die Basisversorgung entfalle, könne der Arbeitgeberzuschuss ebenfalls nur i.H.v. 72,18 %, also 2.348,69 € auf die Basisversorgung verrechnet werden und betreffe im Übrigen zu 27,82 % oder 905,11 € die Wahlleistungen. Dies führe im Streitfall zu einem höheren Sonderausgabenabzug.

Das Finanzamt wies mit Einspruchsentscheidung vom 01.07.2011 den Einspruch als unbegründet zurück.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der steuerfreie Arbeitgeberzuschuss in voller Höhe auf die für die Basisversorgung gezahlten Beiträge anzurechnen sei. Eine Quotelung nach Beitragsanteilen für die Basisversorgung nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG und auf die Wahlleistungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG sei nicht möglich. Vorsorgeaufwendungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 3a EStG könnten nur bis zu den in Abs. 4 genannten Höchstbeträgen abgezogen werden. Der Höchstbetrag betrage 1.900 € bei Steuerpflichtigen, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben oder für deren Krankenversicherung – wie bei der Klägerin – Leistungen im Sinne des § 3 Nr. 62 EStG erbracht werden (§ 10 Abs. 4 Satz 2 EStG). Für den Fall, dass die Aufwendungen i.S.d. Nr. 3 (Basisversorgung) diesen Betrag übersteigen, seien diese Aufwendungen abzuziehen (§ 10 Abs. 4 Satz 4 EStG). Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG blieben dann unberücksichtigt.

Nach § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG sei weiterhin Voraussetzung für den Abzug dieser Beträge, dass sie nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Steuerfreie Zuschüsse zu einer Kranken- oder Pflegeversicherung stünden nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG insgesamt in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Vorsorgeaufwendungen i.S.d. Abs. 1 Nr. 3 EStG. Die von den Prozessbevollmächtigten beantragte Aufteilung des Zuschusses auf Basisversorgung und Barleistung finde im geltenden Einkommensteuergesetz keine Rechtfertigung. Die Berechnungen der Vorsorgeaufwendungen im Einkommensteuerbescheid entsprächen der Rechtslage und diese Regelung sei auch verfassungsgemäß.

Eine Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber Arbeitnehmern, ...

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