Entscheidungsstichwort (Thema)

Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten im sog. ELSTER-Verfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Vorschrift des § 129 AO ist auch dann anwendbar, wenn das Finanzamt offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt. Dazu muss sich die Unrichtigkeit ohne weiteres aus der Erklärung oder den dieser beigefügten Anlagen oder aus den Akten ergeben.

 

Normenkette

AO § 129; EStG §§ 7, 7k

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 13.08.2010; Aktenzeichen IX B 20/10)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide 2003 - 2005 wegen offenbarer Unrichtigkeit i.S.d. § 129 AO berichtigt werden konnten.

Die Kläger wurden in den Streitjahren 2003 bis 2005 als Eheleute zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Die Einkommensteuererklärungen gaben sie seit dem Veranlagungszeitraum 2002 mit dem ELSTER-Formular ab.

Aus der Vermietung der von ihnen im Jahr 1999 gemeinsam erworbenen und im Jahr 2000 fertiggestellten Wohnung A , erklärten sie jeweils Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

In der den Akten vorgehefteten Gebäudeabschreibungsübersicht ist als zutreffende AfA die Abschreibung nach § 7 Abs. 5 Nr. 2 EStG (5 % für die ersten acht Jahre, 2,5 % für das neunte bis vierzehnte Jahr, 1,25 % für die restlichen Jahre des Abschreibungszeitraumes) angekreuzt. Die AfA-Bemessungsgrundlage ist mit 284.092 DM angegeben, der AfA-Betrag mit 14.205 DM für die Jahre 2000 und 2001 und 7.263 € für die folgenden Jahre.

Das ausgedruckte ELSTER-Erklärungsformular 2002 trägt den Frühleerungsstempel der Poststelle. In der Anlage V erklärten die Kläger neben Einnahmen i.H.v. 3.000 € unter "Werbungskosten aus dem bebauten Grundstück":

Absetzung für Abnutzung nach den §§ 7, 7 b Abs. 2 S. 2 EStG

34

degressiv

34

Prozent

5,00

34

wie 2001

34

Gesamtbetrag

7.160,00

34

ermittelt durch direkte Zuordnung

34

nicht abziehbarer Betrag

0

34

Werbungskosten

7.160

Erhöhte Absetzung nach § 7k EStG

35

wie 2001

35

Gesamtbetrag

7.117,00

35

ermittelt durch direkte Zuordnung

35

nicht abziehbarer Betrag

0

35

Werbungskosten

7.117

Außerdem machten sie Kosten für Grundsteuer, Müllabfuhr, Verwaltungskosten, Porto, Telefon und Mietvertrag in den dafür vorgesehenen Zeilen als Werbungskosten geltend.

Die Summe der Werbungskosten (Zeile 13 Elster-Ausdruck) betrug 15.857 €, der Überschuss (Zeile 14 Elster-Ausdruck) ./. 12.857 €. In Zeile 16 ist ausgedruckt:

Zurechnung des Überschusses

16

Stpfl. / Ehemann, Gesellschaft

-12.857

99

25

20

-12.857

Bei Bearbeitung der ELSTER-Erklärung 2002 strich der Veranlagungsbeamte, wie sich aus den Braunstift-Vermerken auf der Erklärung ergibt, in der für die degressive Gebäudeabschreibung vorgesehenen Zeile 34 die Zahlen "7.160,00" und "7.160". Darüber schrieb er "7263,- € AfA". Den AfA-Satz von 5 % hakte er ab. Die Überschrift "Erhöhte Abschreibungen nach § 7k EStG" strich er durch. Daneben schrieb er "Schuldzinsen". Ebenso strich er die "7.117,00" in Zeile 35. Daneben schrieb er "7160,- Schuldzinsen wie Vj." Dieser Zusatz ist unterstrichen. Die übrigen Werbungskosten blieben unverändert.

In Zeile 13 "Summe der Werbungskosten" strich der Bearbeiter die Zahl 15.857 und schrieb "16.003" daneben. In Zeile 16 strich er die -12.857 in dem gerahmten Feld und schrieb "./. 13.003" darüber. Im Eingabewertbogen sind die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Sachbereich 25, Kennziffer 20 entsprechend ausgewiesen.

Im Einkommensteuerbescheid 2002 vom 10.10.2003 wurden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entsprechend der vom Sachbearbeiter vorgenommenen Korrekturen i.H.v. ./. 13.003 € beim Kläger berücksichtigt. In den Erläuterungen zum Bescheid war ausgeführt: "Die Abschreibung bei Vermietung u. Verpachtung beträgt 7.263.- EUR (Schuldzinsen wie im Vorjahr 7.160.-)".

In den ELSTER-Einkommensteuererklärungen 2003 bis 2005 machten die Kläger in der Anlage V Schuldzinsen i.H.v. jeweils 7.160 € geltend, die sie nun in die dafür vorgesehene Zeile 40 eintrugen.

Die "Absetzung für Abnutzung nach den §§ 7, 7 b Abs. 1 S. 2 EStG" erklärten sie zwar in der dafür vorgesehenen Zeile 34, aber trotz der Erläuterungen und Hinweise im Einkommensteuerbescheid 2002 vom 10.10.2003 und den folgenden Einkommensteuerbescheiden (2003, Bescheid vom 24.01.2005: "Die Abschreibung beträgt 7.263 EUR."; 2004, Bescheid vom 15.02.2006: "Die Abschreibung für das Objekt A beträgt 7.263,- EUR."), weiterhin mit dem unzutreffenden Betrag von 7.117 €.

Darüber hinaus erklärten sie jeweils in Zeile 35 die "Erhöhte Absetzung nach § 7k EStG" unverändert in Höhe von 7.117 €.

Beispiel 2003:

Absetzung für Abnutzung nach den §§ 7, 7 b Abs. 2 S. 2 EStG

34

degressiv

34

Prozent

5,00

34

wie 2002

34

Gesamtbetrag

7.117,00

34

ermittelt durch direkte Zuordnung

34

nicht abziehbarer Betrag

0

34

Werbungskosten

7.117

Erhöhte Absetzung nach § 7k EStG

35

wie 2002

35

Gesamtbetrag

7.117,00

35

ermittelt durch direkte Zuordnung

35

nicht abziehbarer Betrag

0

35

Werbungskosten

7.117

Schuldzinsen (ohne Tilgungsbeträge)

40

Bank/Bezeichnung

Schuldzinsen

40

Gesamtbetrag

7.160...

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