Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung an nahe Angehörige

 

Leitsatz (redaktionell)

Wer sich bei der Vermietung einer Immobilie im Rahmen des immobilien- und wohnungswirtschaftlich Üblichen bzw. Typischen verhält, verwirklicht grundsätzlich den Tatbestand des § 21 EStG. Bei demjenigen dagegen, der sich demgegenüber unüblich oder untypisch verhält, ist eine Überprüfung der Überschusserzielungsabsicht unter dem Gesichtspunkt der Liebhaberei angebracht.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 2 S. 2, § 12

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Verluste, die die Klägerin aus der Vermietung eines Einfamilienhauses an ihre Tochter bzw. ihren Schwiegersohn erzielt hat, unter dem Gesichtspunkt der Liebhaberei einkommensteuerlich unbeachtlich sind.

  1. Der Kläger betreibt als Einzelunternehmer ein Bauunternehmen. Außerdem ist er mehrheitlich an einer Bau-GmbH beteiligt. Bei diesem Unternehmen ist die 1933 geborene Klägerin als kaufmännische Angestellte beschäftigt.
  2. Im Jahr 1988 errichtete die Klägerin mit einem aus eigenen Mitteln finanzierten Aufwand von über 660.000 DM auf dem ihr gehörenden, 787 qm großen Grundstück A.weg 18 in H. ein Einfamilienhaus. Das an einem Südhang belegene Objekt hat - nach Abzug von 10 % für Verkehrsfläche - eine Wohnfläche von rund 181 qm. Es besteht aus mehreren Baukörpern unterschiedlicher Höhe, die jeweils gesondert überdacht sind. Das Wohnzimmer befindet sich in einem runden Anbau („Wohnturm“). Auch einzelne Innenwände sind kreisrund bzw. parabelförmig gestaltet. Ferner verfügt es über einen Wintergarten sowie eine Doppelgarage. Im Erdgeschoss, in dem eine Fußbodenheizung eingebaut ist, besteht der Bodenbelag aus Terrakotta. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das der Klageschrift beigefügte Mietwertgutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen D. vom 16. 1. 1996 einschließlich Anlagen (Baubeschreibung, Pläne und Fotos) verwiesen.
  3. Mit schriftlichem Vertrag vom 29. 6. 1988 vermietete die Klägerin das Anwesen inklusive Doppelgarage ab 1. 7. 1988 an ihre Tochter und ihren Schwiegersohn für eine Kaltmiete von monatlich 500 DM. Die Nebenkosten (Wasser, Strom, Heizung) waren unmittelbar von den Mietern zu tragen. Eine Überprüfung der Miethöhe sollte alle drei Jahre erfolgen (vgl. § 4 des Mietvertrags).

    Mit Nachtrag vom 21. 11. 1990 wurde die Miete rückwirkend ab 1. 7. 1988 auf 750 DM festgesetzt. In gleicher Weise wurde die Miete mit Nachtrag vom 30. 3. 1992 rückwirkend zum 1. 7. 1991 auf 800 DM erhöht.

  4. Im Rahmen ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für die Streitjahre 1990 bis 1993 erklärte die Klägerin aus der Vermietung des Anwesens jeweils Verluste i. H. v. ./. 24.077 DM (1990), ./. 25.423 DM (1991), ./. 25.141 DM (1992) und ./. 26.224 DM (1993). Diese setzten sich aus den vertraglich vereinbarten Mieten einschließlich der sich in Folge der rückwirkenden Erhöhungen in den Veranlagungszeiträumen 1990 und 1992 ergebenden Nachzahlungen sowie aus Werbungskosten zusammen, die sich ganz überwiegend aus der degressiven AfA gem. § 7 Abs. 5 Nr. 2 EStG i. H. v. 5 % der Herstellungskosten von zuletzt (1990) 662.394 DM, d. h. i. H. v. 33.119 DM ergaben. Diese Verluste wurden in den Einkommensteuerbescheiden 1990 bis 1993, die nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergingen, zunächst anerkannt.
  5. Im Rahmen einer im Jahre 1995 beim Kläger durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die in den Streitjahren vereinbarten Mieten von 750 DM bzw. - ab 1. 7. 1991 - 800 DM unter Berücksichtigung einer Monatsmiete von 40 DM für die Doppelgarage mit 3,91 DM/qm bzw. 4,19 DM/qm nur 36 % bzw. 39 % der ortsüblichen Marktmiete i. S. d. § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG betragen hätten, die sich angesichts der ungewöhnlichen Bauweise des Gebäudes auf 11 DM/qm belaufe. Dies müsse zu einer entsprechenden Kürzung der bisher geltend gemachten und auch anerkannten Werbungskosten führen. Dadurch reduzierten sich die Verluste aus der Vermietung des Anwesens auf ./. 28 DM (1990), ./. 3.393 DM (1991), ./. 3.766 DM (1992) und ./. 4.377 DM (1993) (vgl. Tz. 1.12 b des Betriebsprüfungsberichts vom 28. 6. 1995). In den aufgrund der Prüfungsfeststellungen gem. § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheiden 1990 bis 1993 vom 28. 8. 1995 folgte das Finanzamt der Auffassung des Prüfers.
  6. Mit notariellem Überlassungsvertrag vom 21. 11. 1995 übertrug die Klägerin ihrer Tochter unentgeltlich das Eigentum an dem vermieteten Anwesen, wobei sie sich gleichzeitig den lebenslänglichen Nießbrauch an dem Vertragsgegenstand vorbehielt. In Abschnitt IV Nr. 1 des Vertrages ist bestimmt, dass entgegen § 1041 Satz 2 BGB dem Nießbraucher Ausbesserungen und Erneuerungen des Vertragsgegenstandes auch insoweit obliegen, als sie über die ungewöhnliche Unterhaltung der Sache hinausgehen und dass entgegen § 1047 BGB der Nießbraucher dem Eigentümer gegenüber verpflichtet ist, für die Dauer des Nießbrauchs auch diejenigen außerordentlichen Lasten zu tragen, die als auf den Stammwert der Sache ...

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