Entscheidungsstichwort (Thema)

Schätzung der Einkünfte aus Kapitalvermögen

 

Leitsatz (redaktionell)

Vor dem Hintergrund fehlender Mitwirkung des Steuerpflichtigen an der Aufklärung des Sachverhalts muss er die Unschärfe, die in jedem Schätzungsverfahren liegt, hinnehmen.

Den Steuerpflichtigen trifft nach § 90 Abs. 2 AO eine erweiterte Mitwirkungspflicht hinsichtlich von Sachverhalten, die sich auf Vorgänge im Ausland beziehen. Zu dieser Mitwirkungspflicht gehört es insbesondere, Beweismittel gegebenenfalls auch vorsorglich (§ 90 Abs. 2 Satz 3 AO) zu beschaffen und dem Finanzamt oder dem Finanzgericht zur Verfügung zu stellen. Kommt der Steuerpflichtige dieser Verpflichtung nicht nach, so können das Finanzamt und gemäß § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO auch das Finanzgericht hieraus für ihn nachteilige Schlüsse ziehen, gegebenenfalls kann sogar eine Beweislastumkehr zu Lasten des Steuerpflichtigen eintreten.

 

Normenkette

AO § 90 Abs. 2, § 162

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 10.12.2008; Aktenzeichen VIII B 102/08)

 

Tatbestand

Die Kläger sind Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger erzielte bis 1991 als Diplom-Ingenieur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit; danach war er arbeitslos. Eine nichtselbständige Tätigkeit nahm er nicht mehr auf. Die Klägerin arbeitete bis Anfang April 1992 als Bürokauffrau und war anschließend ebenfalls nicht mehr erwerbstätig. Aus der Vermietung der Anwesen A 23 und 29, sowie B 10 in 1 erzielten sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Der Vater des Klägers - Z - ist am 28.09.1991 verstorben. Er wurde lt. Erbschein des Amtsgerichts 1 vom 28.01.1992 von seinen Kindern, dem Kläger, Y und X, zu je 1/3 beerbt. Mit handschriftlichem Testament vom 22.09.1991 verfügte der Vater, dass die Verteilung des Immobilienvermögens gemäß dem Vertrag I und II vom 22.09.1991 auszuführen ist. In den im Testament in Bezug genommenen Vertrag I und II - aufgesetzt vom Kläger - wird die Verteilung des Immobilienvermögens geregelt. Die Kinder von Z haben mit Erklärung vom 01.10.1991 vereinbart, dass die Verträge I und II ungeachtet der Verletzung eventueller Formvorschriften so ausgeführt werden sollen. Laut dem beim Amtsgerichts 1 - Zweigstelle 1.1 - eingereichten Nachlassverzeichnis vom 27.11.1991 hat der Verstorbene unter anderem Bargeld (104,50 DM), Guthaben bei Sparkassen und Banken (88.987,77 DM), einen PKW, Hausrat, Schmuck und diverse Immobilien hinterlassen. Die Spalte „Wertpapiere“ jedoch ist im Nachlassverzeichnis mit einem Strich ausgefüllt.

Mit notariellem Erbteilungsvertrag vom 30.04.1992 übertrug die Erbengemeinschaft das Grundstück B 9, 1 auf Y und die Grundstücke B 10 und C, 1 auf den Kläger. Dieser verpflichtete sich, an seinen Bruder X zur Gleichstellung einen Betrag in Höhe von 80.000 DM zu zahlen, wobei ein Betrag in Höhe von 60.000 DM durch die Einräumung eines Wohnrechts im Wohnhaus „C“ getilgt werden sollte und der Restbetrag in zwei Raten von jeweils 10.000 DM zu entrichten war.

In einer Aktennotiz zum Testament ebenfalls vom 22.09.1991, die nach dem Eingangssatz dem Notar oder dem Nachlassgericht nicht vorgezeigt werden sollte, wird die Verteilung von weiteren Gegenständen geregelt (z.B. Uhren, Schmuck, Klavier, Photoapparate etc.) sowie angeordnet, dass das nach Begleichung der Beerdigungskosten verbleibende Guthaben auf Giro- und Festgeldkonto unter den Geschwistern gerecht aufzuteilen ist. Nach Ziffer 12 dieses Aktenvermerks habe der Kläger, wenn es die wirtschaftliche Lage erlaube, monatlich 1.250 bis 1.500 DM an seinen Bruder X und 750 bis 1.000 DM an seine Schwester Y zu zahlen.

Mit einem von allen Geschwistern unterzeichneten Schriftstück vom 30.09.1991 wurde der Kläger bevollmächtigt, die finanzielle Abwicklung des Nachlasses nach Z („auch Konten auflösen etc.“) durchzuführen.

Bezüglich der Einzelheiten wird auf das Testament, die Verträge I und II, den Aktenvermerk jeweils vom 22.09.1991 sowie auf das Nachlassverzeichnis und die Vollmacht verwiesen (Beweismittelakte).

Die Einkommensteuer für die Streitjahre 1991-1996 wurde zunächst aufgrund der eingereichten Steuererklärungen festgesetzt. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen hatten die Kläger nur geringe Kapitaleinnahmen erklärt.

Anlässlich einer am 30.07.1998 begonnenen Fahndungsprüfung, die sich u.a. auf die Einkommensteuer 1991-1996 erstreckte, stellte das Finanzamt fest, dass der Kläger - neben diversen inländischen Konten - in der Zeit nach dem Ableben seines Vaters eine Geschäftsverbindung mit der Stamm-Nr.: und mehreren Konten bei der Bank1 in 2, 3 unterhalten hatte, u.a. das Kontokorrentkonto Nr. .018 sowie die Festgeldkonten Nr. .306, .322, .330 und .349. Auf dem im November 1991 eingerichteten Kontokorrentkonto wurde am 21.11.1991 ein Betrag in Höhe von 160.000 sfr eingezahlt, der am 22.11.1991 als Festgeld auf dem Konto Nr. .306 angelegt wurde. Über das Kontokorrentkonto wurden im Jahr 1992 insgesamt 9 Kupons für festverzinsliche Wertpapiere eingereicht, die nach den sichergestellten Abrechnunge...

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