Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Anspruch auf Kindergeld nach deutschem Recht bei bestehender Sozialversicherungspflicht in Polen

 

Leitsatz (amtlich)

Im Falle einer bestehenden Sozialversicherungspflicht in Polen ist ein Anspruch auf Kindergeld nach dem deutschen EStG ausgeschlossen.

 

Normenkette

VO Nr. 1408/71 Art 13; EStG § 65 Abs. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.09.2013; Aktenzeichen III R 16/11)

BFH (Urteil vom 12.09.2013; Aktenzeichen III R 16/11)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Kindergeld für seine in Polen lebenden Kinder hat.

Der verheiratete Kläger ist mit Hauptwohnsitz in A-Stadt gemeldet. Seine Ehefrau und die gemeinsamen Kinder Kind 1 (geb. 27.08.1985) und Kind 2 (geb. 24.01.1995) leben in Polen.

Der Kläger meldete im Jahr 2004 in Deutschland einen Garten- und Landschaftsbaubetrieb an und wurde ab dem Jahr 2004 von der deutschen Finanzverwaltung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt. Gleichzeitig war der Kläger durchgehend in Polen bei der XXX sozialversicherungspflichtig. Er und seine Ehefrau erzielten folgende Einkünfte:

Einkünfte

des Klägers

in Deutschland

in Polen

seiner Ehefrau

in Polen

2004

0,00 €

3.810,23 PLN

0,00 PLN

2005

4.390,00 €

1.555,64 PLN

9.350,00 PLN

2006

5.423,00 €

5.828,36 PLN

850,00 PLN

2007

5.957,00 €

20.730,00 PLN

0,00 PLN

2008

9.280,00 €

4.000,00 PLN

0,00 PLN

Die Ehefrau des Klägers bezog für Kind 1 vom 01.05.2004 - 31.08.2006 und für Kind 2 vom 01.05.2004 - 31.08.2007 i. H. v. 43 PLN monatlich in Polen Kindergeld. Hinzu kamen Beihilfen zum Schuljahresbeginn i. H. v. 90 PLN pro Kind jeweils im September 2004 und September 2005 sowie i. H. v. 100 PLN für Kind 2 im September 2006. Hinzu kamen Beihilfen für Kind 1 wegen auswärtiger Unterbringung (monatlich 80 PLN) vom 01.09.2004 - 30.06.2005 bzw. Fahrgeld i. H. v. monatlich 40 PLN vom 01.09.2005 - 30.06.2006. Ab dem 01.09.2007 wurde in Polen kein Kindergeld mehr beantragt und ausgezahlt. Kind 1 war ab dem 01.10.2006 vollzeiterwerbstätig. Auf die amtlichen Umrechnungskurse wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragte am 16.12.2005 bei der beklagten Familienkasse Kindergeld für seine beiden Kinder. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 19.07.2007 für die Zeit ab August 2004 mit der Begründung ab, dass der Kläger nicht alle für die Entscheidung notwendigen Unterlagen vorgelegt habe. Am 17.08.2007 reichte der Kläger weitere Unterlagen ein. Mit Schreiben vom 23.08.2007 nahm die Beklagte Bezug auf die vom

Kläger eingereichten Unterlagen und teilte mit, diese reichten für eine Entscheidung über seinen Kindergeldantrag nicht aus. Er müsse u. a. noch seinen Mietvertrag, einen Nachweis über die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht, Schulbescheinigungen und eine Erklärung zu den Einkünften nachreichen.

Mit Bescheid vom 11.12.2007 lehnte die Beklagte den Antrag vom 17.08.2007 mit der Begründung ab, dass der polnische Kindergeldanspruch einen Kindergeldanspruch nach dem deutschen EStG gem. § 65 Abs. 1 Nr. 2 EStG ausschließe.

Hiergegen legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers in Namen des Klägers mit am 14.01.2008 bei der Familienkasse eingegangenem Telefax Einspruch ein. Zur Begründung verwies er auf ein Urteil des FG Düsseldorf vom 18.10.2007 (14 K 1014/07 Kg).

Die Familienkasse wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 05.03.2008, eingegangen beim Prozessbevollmächtigten des Klägers am 11.03.2008, als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies sie auf Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/7 1 des Rates über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, wonach nur das Recht eines einzigen Staates in Kindergeldsachen anwendbar sei. Im Fall des in Polen sozialversicherten Klägers sei dies das polnische Recht. Der Kläger habe daher keinen Kindergeldanspruch nach dem deutschen EStG.

Mit seiner Klage vom 11.04.2008 begehrt der Kläger Kindergeld für Kind 2 und Kind 1 für den Zeitraum von Oktober 2004 - März 2008.

Er ist der Ansicht, dass seinem Kindergeldanspruch Art 13 VO Nr. 1408/71 nicht entgegenstehe. Er als Selbständiger falle bereits nicht in den Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71, so dass deren Art. 13 auf ihn nicht anwendbar sei. Diese Vorschrift regele nur, in welchem Staat ein Beschäftigter ggf. sozialversicherungspflichtig sei, und wolle eine doppelte Sozialversicherungspflicht verhindern. Die Kollisionsregelung könne aber nicht umgekehrt zu einem Tatbestandsmerkmal gemacht werden. Jedenfalls seit der Entscheidung des EuGH vom 20.05.2008 (Rs. C-352/06 Bosmann) stehe fest, dass die Frage, nach welchem Recht sich die Gewährung von Kindergeld richte, nicht zwingend dem Ergebnis der Qualifizierung des Beschäftigungslandes im Sinne der Art. 13 ff. VO Nr. 1408/71 entsprechen müsse. Die Verordnung habe nicht den Zweck, Ansprüche nach inländischem Recht auszuschließen. Die bisher angenommene „Sperrwirkung” sei vom EuGH ausdrücklich für gemeinschaftsrechtswidrig erklä...

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