Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für einen zugleich als Büroarbeitsplatz wie auch als Lager betrieblich genutzten Raum Nichtgeltendmachung einer betrieblichen Forderung auf Auskehrung einer Versicherungsleistung als Verzicht aus privaten Gründen und Entnahme Versicherungsleistung als Betriebseinnahme

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aufwendungen für einen zugleich als Büroarbeitsplatz wie auch als Warenlager betrieblich genutzten Raum, der zur häuslichen Sphäre des Steuerpflichtigen gehört, unterliegen nur dann der Abzugsbeschränkung für ein häusliches Arbeitszimmer, wenn der Raum nach dem Gesamtbild der Verhältnisse, vor allem aufgrund seiner Ausstattung und Funktion, ein typisches häusliches Büro ist und die Ausstattung und Funktion des Raumes als Lager dahinter zurücktritt, somit die Nutzung als Büroarbeitsplatz dem Raum der Funktion nach das Gepräge gibt.

2. Die Ansprüche und Verpflichtungen aus einem KFZ-Kaskoversicherungsvertrag für ein sich im Betriebsvermögen einer Handelsvertreterin befindliches Fahrzeug gehören in die betriebliche Sphäre, da damit betriebliche Risiken versichert sind.

3. Versicherungsleistungen aus einer KFZ-Kaskoversicherung als Ersatz betrieblich veranlasster KFZ-Reparaturkosten gehören wie das Wirtschaftsgut selbst zur betrieblichen Sphäre.

4. Eine Aufteilung der Versicherungsleistung nach dem Verhältnis von Nutzungsquoten in einen betrieblichen und einen privaten Teil erfolgt nicht; die Einnahmen werden entsprechend der Art des versicherten Risikos zugeordnet.

5. Ist der Versicherungsnehmer des Kfz-Kaskoversicherungsvertrags, mit dem das betriebliche Fahrzeug der Handelsvertreterin versichert ist, der Ehegatte und wird diesem nach einem Kaskoschaden, dessen Reparaturkosten vom betrieblichen Konto der Handelsvertreterin bezahlt und von dieser als Betriebsausgabe angesetzt wurde, die Versicherungsleistung (abzüglich Selbstbehalt) auf dem privaten Konto gutgeschrieben, so ist die Nichtgeltendmachung des Anspruchs auf Auskehrung der Versicherungsleistung durch die Handelsvertreterin gegenüber ihrem Ehegatten als Verzicht auf eine betriebliche Forderung aus privaten Gründen zu behandeln und als Einnahme zu werten.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b, Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 08.01.2019; Aktenzeichen X B 21/18)

 

Tatbestand

Streitig sind bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb der Klägerin der Umfang der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für das im Haus der Kläger gelegene Büro sowie die Berücksichtigung einer Versicherungsleistung als Betriebseinnahme.

Die Kläger sind Ehegatten, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Die Klägerin erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die sie durch Einnahme-Überschuss-Rechnung ermittelte, der Kläger Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit als Beamter, beide Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Die Klägerin hielt in ihrem Betriebsvermögen u.a. das Fahrzeug mit den Kennzeichen 1, dessen Halterin sie auch war und das Fahrzeug mit den Kennzeichen 2.

Für das Fahrzeug 1 machte sie in den Jahren 2006 (Gewinnermittlung 2006 vom 28.01.2008) und 2007 (Gewinnermittlung vom 26.12.2008) bei den KFZ-Aufwendungen (nur) die KFZ-Haftpflicht-Prämie von 244 € (2006) bzw. 250 € (2007) geltend. Im Jahr 2005 hatte sie die Beiträge der Haftpflicht- und Kaskoversicherung als Betriebsausgabe angesetzt (Gewinnermittlung vom 24.11.2006 / 28.12.2006). Versicherungsnehmer ist der Kläger; von seinem Einzelkonto 000 bei der Sparkasse wurden die Beiträge abgebucht.

Für das Fahrzeug 2 machte sie die Aufwendungen für Haftpflicht- und Kaskoversicherung zumindest in den Jahren 2006 und 2007 geltend.

Am 27.06.2007 verunfallte die Klägerin mit dem Fahrzeug 1. Sie setzte Aufwendungen i.H.v. 8.946,55 € (netto) bzw. 10.646,39 € (brutto) für die Reparaturkosten des Unfallschadens gewinnmindernd an.

Das Finanzamt erließ am 02.09.2009 einen Einkommensteuerbescheid 2007. Die Kläger legten hiergegen Einspruch ein.

Im Veranlagungs- und Einspruchsverfahren war neben anderen Punkten bei den Einkünften der Klägerin aus Gewerbebetrieb streitig, ob die Aufwendungen für das im Dachgeschoss befindliche sog. Büro der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG unterfallen und ob eine Leistung der Kfz-Kaskoversicherung an den Kläger als Betriebseinnahme der Klägerin anzusetzen ist.

Die Klägerin trug vor, ihre Tätigkeit bestehe aus 2 getrennten Geschäftsfeldern. Im sog. Außendienst vertreibe sie wie etwa im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrags Waren, wie Spirituosen, Wein, Säfte, Konserven, Brot und Lebkuchen. Sie besuche Kunden an verschiedenen Orten, bei denen sie Bestellungen aufnehme und ggf. neue Ware, die sie zuvor aus dem häuslichen Lager geholt und in ihr Fahrzeug gepackt hätte, aus dem Fahrzeug in den Markt bringe und reklamierte Ware oder Ware für Umtäusche (abgelaufenes Mindesthaltbarkeitsdatum und Bombagen) vom Markt in ihr Auto verbringe. Nach Beendigung der Tour bringe sie den Warenrücklauf in das Lager bzw. vernichte die...

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