Entscheidungsstichwort (Thema)

AdV: Keine Umsatzsteuerermäßigung für Frühstücksleistungen und Badezugang eines Hotelbetriebs

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Frühstücksleistungen und Wellnessleistungen wie Badezugang eines Hotelbetriebes sind von der Steuerermäßigung für Übernachtungsleistungen ausgeschlossen.

2. Das Aufteilungsgebot nach§ 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG ist Europarechtskonform.

 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 2 Nr. 11 Sätze 1-2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 07.03.2022; Aktenzeichen XI B 2/21 (AdV))

 

Gründe

I.

Streitig ist in der Hauptsache, ob die Leistungen der Antragstellerin an ihre Hotelgäste als einheitliche Leistungen dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die ein Hotel und Restaurant betreibt. In den Streitjahren 2014 bis 2017 erhielten alle Hotelgäste auch ein Frühstück und Zugang zur hoteleigenen Badelandschaft (Spa). Übernachtungen ohne Frühstück oder Zugang zur Badelandschaft bot die Antragstellerin nicht an. Sie wies in den Ausgangsrechnungen für die Übernachtung 7%, für Frühstück und Badzugang mindestens bis einschließlich Dezember 2016 19% Umsatzsteuer aus. In ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 2014 bis 2016 ging sie davon aus, dass Übernachtung, Frühstück und Badzugang jeweils eigenständige Leistungen seien, von denen die Übernachtung dem ermäßigten, Frühstück und Badzugang dem regelmäßigen Steuersatz unterlägen. In der Umsatzsteuererklärung 2017 vertrat sie die Auffassung, Übernachtung und Frühstück seien eine einheitliche Leistung zum ermäßigten Steuersatz, der Badzugang eine eigenständige Leistung zum regelmäßigen Steuersatz. Sie erklärte Ausgangsumsätze und ermittelte die Steuer wie folgt:

2014

2015

2016

2017

Ausgangsumsätze 19%

570.070 €

587.805 €

735.942 €

856.781 €

Ausgangsumsätze 7%

375.916 €

431.037 €

506.878 €

701.811 €

Steuer

52.510,34 €

56.357,95 €

76.881,37 €

93.493,71 €

Unter Berücksichtigung der übrigen Besteuerungsgrundlagen ergaben sich jeweils Erstattungsbeträge. Der Antragsgegner (das Finanzamt) stimmte den Steuererklärungen jeweils zu. Im September 2018 beantragte die Antragstellerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH in den Jahren 2011 bis 2013 die Herabsetzung der Steuer für 2014 bis 2016, da Übernachtung und Frühstück als eine einheitliche Leistung dem ermäßigten Steuersatz unterlägen, und im Januar 2019 wiederum unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH eine weitere Herabsetzung für 2014 bis 2016 und erstmals eine Herabsetzung für 2017, da zu der ermäßigt besteuerten einheitlichen Leistung auch der Badzugang gehöre. Das Finanzamt entsprach den Anträgen und setzte zuletzt mit Bescheiden vom 22.01.2019 die Umsatzsteuer 2014 auf 49.382,96 €, die Umsatzsteuer 2015 auf 53.281,26 €, die Umsatzsteuer 2016 auf 73.311,31 € und die Umsatzsteuer 2017 auf 93.155,21 € fest, jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Aufgrund einer im Oktober 2019 begonnenen Außenprüfung vertrat das Finanzamt unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 24.04.2013 XI R 3/11 (BFHE 242, 410, BStBl. II 2014, 86, HFR 2014, 56) die Auffassung, dass Übernachtung, Frühstück und Badzugang jeweils eigenständige Leistungen seien, von denen die Übernachtung dem ermäßigten, Frühstück und Badzugang dem regelmäßigen Steuersatz unterlägen. Deswegen und wegen weiterer, unstrittiger Prüfungsfeststellungen erließ das Finanzamt am 16.04.2020 geänderte Steuerbescheide, in denen es die Ausgangsumsätze wie folgt feststellte und Steuer wie folgt festsetzte:

2014

2015

2016

2017

Ausgangsumsätze 19%

570.070 €

595.528 €

737.331 €

905.658 €

Ausgangsumsätze 7%

375.915 €

431.038 €

506.879 €

647.482 €

Steuer

52.510,27 €

57.825,39 €

77.145,35 €

98.977,31 €

Dagegen legte die Antragstellerin Einspruch ein, über den noch nicht entschieden ist, und beantragte gleichzeitig beim Finanzamt Aussetzung der Vollziehung (AdV), hilfsweise Stundung der Steuernachzahlungen. Sie bezog sich darin erstmals auf das EuGH-Urteil vom 18.01.2018 C-463/16 Stadion Amsterdam (HFR 2018, 252). Das Finanzamt lehnte die AdV ab, da die Rechtsgrundsätze des BFH-Urteils in BFHE 242, 410, BStBl. II 2014, 86 den unionsrechtlichen Vorgaben entsprächen.

Die Antragstellerin beantragte daraufhin AdV beim erkennenden Gericht. Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf ihr Vorbringen gegenüber dem Finanzamt. Zudem trägt sie vor, das Finanzamt habe mehrfach versucht, die Mehrsteuern aufgrund der Außenprüfung vom Konto der Antragstellerin einzuziehen und sich geweigert, schriftlich Vollstreckungsschutz zu gewähren. Die Antragstellerin sei aber von den Schutzmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie besonders stark betroffen und könne die Steuern daher derzeit nicht aufbringen. Dem Lastschrifteinzug habe sie widersprochen.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 2014 bis 2017 vom 16.04.2020 für 2014 in Höhe von 3.127,31 €, für 2015 in Höhe von 3.076,69 €, für 2016 in Höhe von 3.570,06 € und für 2017 in Höhe von 5.822,10 € auszusetzen.

Das Finanzamt...

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